Die Vorsorge in verschiedenen Lebensmodellen
Das Leben hält so manche Überraschung bereit. Vor allem Frauen sollten sich mit der Vorsorge im Falle einer Scheidung oder eines Todesfalls auseinandersetzen.

Das Wichtigste in Kürze
- Im Jahr 2022 hob der EGMR die diskriminierende Ungleichbehandlung von Witwern auf.
- Frauen sind häufig nicht genug über die Vorsorge im Falle einer Scheidung informiert.
Ehepartner sind bei der Vorsorge besonders gut geschützt. Schwieriger ist die Lage beim Konkubinat, also dem Zusammenleben ohne Trauschein. Dies wird von einigen als nicht mehr zeitgemäss kritisiert: Laut der offiziellen Statistik des Bundesamtes für Statistik lebten im Jahr 2006 28,5 Prozent der Schweizer Paare in einem Konkubinat. Im Jahr 2006 waren es nur 15,4 Prozent.
Allerdings hat das Konkubinat auch finanzielle Vorteile: Wenn beide Partner Vollzeit arbeiten und einzeln einzahlen, erhalten sie später jeweils die volle AHV-Altersrente. Zahlen Ehepaare dagegen gemeinsam ein, ist die gemeinsame Rente auf 150 Prozent der Maximalrente begrenzt.
Die Vorsorge für verheiratete Paare
Die Ehe hat vor allem für Frauen Vorteile im Falle eines vorzeitigen Todes: Verstirbt der Mann frühzeitig und hat die Ehe mindestens fünf Jahre gehalten, erhalten Frauen ab 45 Jahren grundsätzlich eine AHV-Rente. Männer und gleichgeschlechtliche Ehepaare erhalten diese Rente hingegen nur, solange Kinder unter 18 Jahren im Haushalt lebten.
Beim Thema Beitragsjahre zeigt sich die AHV fair: Wenn ein Partner nicht erwerbstätig ist – etwa die Frau während der Jahre der Kindererziehung – kann der andere Partner die AHV-Beiträge übernehmen. Er zahlt in diesem Fall den doppelten Minimalbeitrag ein. So werden Beitragslücken bei der Vorsorge vermieden.

Auch Pensionskassen lassen im Todesfall nicht verheiratete Paare nicht im Stich. Grundsätzlich gilt hier das Prinzip, dass jeder Ehepartner seine eigene Vorsorge individuell betreibt. Im Falle eines vorzeitigen Todes kann die Pensionskasse eine Witwen- oder Witwerrente auszahlen.
Einige zahlen auch ein Todesfallkapital aus. Da die Regelungen je nach Pensionskasse unterschiedlich ausfallen, lohnt sich ein Blick ins Kleingedruckte. Schliesslich sind Ehepartner auch bei der privaten Vorsorge der Säulen 3a und 3b jeweils begünstigt.
Die Umgestaltung der Witwerrrente de AHV
Die Ungleichbehandlung von Witwen und Witwern bei der AHV-Rente rief den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) auf den Plan. Dieser fällte im Jahr 2022 das Urteil, dass diese Ungleichbehandlung eine Diskriminierung von Männern darstelle. Im Oktober 2022 wurde daraufhin eine Übergangsregelung geschaffen.

Demnach haben auch Witwer, deren Kinder über 18 Jahre alt sind, Anspruch auf eine Witwerrente. Rückwirkend gilt dies jedoch nicht.
Eine Ausnahme bilden Männer, die bereits gegen die Einstellung der Rente nach dem 18. Geburtstag Widerspruch eingelegt haben. Eine Revision des Gesetzes ist derzeit in Arbeit.
Die Situation Geschiedener bei der Vorsorge
Laut Bundesamt für Statistik endeten im Jahr 2024 39,6 Prozent der Ehen in einer Scheidung. Diese Zahl bleibt seit Jahren konstant. Die hohe Scheidungsrate sollte auch bei der Vorsorge berücksichtigt werden.
Bei der AHV-Rente profitieren beide Partner von der Splittung: Die während der Ehe erzielten Ansprüche werden bei der Scheidung fifty-fifty aufgeteilt. Der Partner, der mehr eingezahlt hat, bekommt also weniger heraus. Dies schützt vor allem Frauen, die aufgrund von Kindererziehungszeiten oft gar nicht oder nur Teilzeit arbeiten.

Die Aufteilung der Pensionskasse ist bei einer Scheidung komplizierter. Hier spielen viele individuelle Faktoren eine Rolle, beispielsweise wer nach der Scheidung die eigene Immobilie behält. Auch in diesem Fall gibt es Ausgleichszahlungen für den finanziell schwächer aufgestellten Partner.
Diese müssen jedoch in der Regel bei der Pensionskasse verbleiben. Eine Auszahlung in bar ist bis auf wenige Ausnahmen nicht möglich. Gut zu wissen: Für die Ausgleichszahlungen wird nur die ab der Eheschliessung angesparte Vorsorge berechnet. Nicht die in den Jahren davor geleisteten Beiträge.
Vorsicht: Falle für Frauen
Als hoch dotierte Vollzeitkräfte zahlen viele Männer weit mehr in die Pensionskasse ein als ihre Frauen, die gar nicht oder nur Teilzeit arbeiten. Eigentlich haben diese Frauen Anspruch auf den vollen Pensionskassenausgleich, also die Hälfte der Vorsorge. Viele Frauen kümmern sich jedoch nicht darum, was mit dem Geld geschieht.

So erteilen sie oft blind ihre Einwilligung zur frühen Auszahlung an den Mann. Wenn dieser das Geld zum Beispiel mit einer gescheiterten Selbstständigkeit verbrennt, steht die Frau bei der Vorsorge mit leeren Händen da.
Das Gleiche gilt, wenn sich der Mann frühpensionieren lässt und es erst danach zur Scheidung kommt. Ein weiterer Fallstrick kann eine für die Säule 3a vereinbarte Gütertrennung sein. Frauen sollten sich deshalb gründlich über ihre Vorsorge im Scheidungsfall informieren und darüber, was ihnen zusteht.