Seit der Pleite der Silicon Valley Bank sitzt den Börsianern die Angst vor einem Finanzen Totalcrash im Nacken. Sie verscherbeln ihre Bankaktien – zu Unrecht.
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Finanzen: Ein Strafverfolgungsbeamter (hinten) steht im Eingangsbereich einer Filiale der Silicon Valley Bank im US-Bundesstaat Massachusetts. - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Im Sog der Silicon-Valley-Bank-Pleite sind Bankaktien stark gefallen.
  • Europäische Banken sind breiter aufgestellt als die US-Pleite-Banken.
  • Solide Bank-Titel wie UBS gibt es jetzt zum Rabatt-Tarif an der Börse.
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Erneut hat es die Credit Suisse besonders hart getroffen: Ihre Aktien sackten am 12. März um fast 10 Prozent ab. Aber auch die anderen Bankentitel gerieten in den Abwärtsstrudel, den die Pleite der amerikanischen Silicon Valley Bank ausgelöst hatte.

Erleben wir den Lehman-Moment der 20er Jahre? Eine Finanzkrise 2.0? Diese Vorstellung lässt Anlegerinnen und Anleger zittern.

2008 erklärte sich die Investmentbank Lehman Brothers für zahlungsunfähig. Da fiel das Kartenhaus der Ramsch-Hypotheken in den USA zusammen. Die Finanzkrise schlug mit voller Wucht durch. Die Börsenkurse purzelten, die Wirtschaft rutschte in die Rezession.

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Plötzlich ging alles ganz schnell: Binnen weniger Tage verlor die Silicon Valley Bank (SVB) im Frühling das Vertrauen von Anlegern und Kunden. Als Folge davon musste die Bank Insolvenz anmelden. - keystone

Beim Silicon-Valley-Bank-Kollaps handelt es sich um die grösste Bankeninsolvenz seither. Die Silicon Valley Bank zelebrierte sich als Hausbank des Silicon Valley. Sie verteilte Finanzen und Kredite, wo hohe Renditen und Rampenlicht winkten – bei Startups.

Im Zug der Covid-Massnahmen vervielfachte sich ihr Aktienkurs. Denn die Hightech-Giganten verdienten sich eine goldene Nase. Noch Anfang 2022 flossen der Bank rekordhohe Einlagen zu.

Finanzen: Silicon Valley Bank – vom Überflieger zum Absturz

Einerseits deckten sich unzählige Startups bei der Silicon Valley Bank mit Kapital ein. Dies, wobei diese deren Geschäftsmodelle wohl im Schnellverfahren «prüfte». Andererseits kaufte die Bank mit den Einlagen «sichere» US-Staatsanleihen.

Dumm nur, dass viele Kunden ihre Einlagen plötzlich zurückziehen wollten. Sie brauchten Geld, um die gestiegenen Zinsen auf den Krediten berappen zu können.

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Stephan Lehmann-Maldonado schreibt auf Nau.ch regelmässig zum Thema Finanzen. - zVg

Für diese Rückzahlung musste die Silicon Valley Bank selbst Flüssiges beschaffen: Sie verkaufte ihre US-Staatsanleihen – zu tieferen Marktwerten. An den Anleihenmärkten gilt nämlich ein Prinzip: Steigen die Zinsen, sinken die Kurse bestehender Anleihen (weil die künftigen Anleihen höhere Zinsen bieten).

Der giftige Cocktail aus faulen Krediten an Startups und Wertpapierverlusten «groundete» die Überflieger-Bank. Fast parallel dazu blieben zwei kleinere US-Banken auf der Strecke: die Silvergate Bank und die Signature Bank. Beide mischten vor allem bei spekulativen Krypto-Geschäften mit.

Finanzen: UBS & Co. – zu Unrecht abgestraft?

Wieso aber geraten europäische Bankaktien in Mitleidenschaft? Wir behaupten: Es ist eine Überreaktion.

Statt dass die Börsianerinnen und Börsianer einen kühlen Kopf behalten, gehen ihnen die Füsse durch. Stürzten sie sich zuvor euphorisch auf die Silicon-Valley-Bank-Aktie, verscherbeln sie jetzt sämtliche Bankaktien in Panik.

Wenn immer die Herde an der Börse unreflektiert losrennt, ist ein Fragezeichen angebracht. Es scheint wenig vernünftig, alle Banktitel in einen Topf zu werfen und kollektiv abzustrafen. Die betroffenen US-Banken blieben Nischenplayer, die sich auf riskante Geschäftsfelder spezialisierten.

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Auch die Aktie der Credit Suisse bleibt eine «risikobehaftete Wette», so Nauch-Finanz-Experte Stephan Lehmann-Maldonado. - dpa

Ihr Businessmodell hat wenig zu tun mit jenem breit aufgestellter Banken wie etwa UBS und Credit Suisse. Hinzu kommt, dass die europäischen Banken im Bezug auf die Finanzen besser gepolstert sind.

Drehen wir den Blickwinkel: Der Taucher der UBS-Aktie stellt eine Gelegenheit dar, den Titel günstiger zu erwerben. Wer gegen den Strom schwimmen mag, sollte sich europäische Banktitel genauer anschauen. Ist das Credit-Suisse-Papier ein Schnäppchen?

Das wäre so – wenn die Bank nicht Kundengelder verloren hätte. Solange sie diesen Abfluss nicht stoppen kann, bleibt die Aktie eine risikobehaftete Wette.

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Zum Autor

Stephan Lehmann-Maldonado bringt zwei seiner Steckenpferde zusammen: die Faszination fürs Wirtschaftsgeschehen und jene für klare Kommunikation. Schon während seines Finance-Studiums an der Universität Zürich hat er für Wirtschaftsmedien geschrieben. Später hat er sein Wissen in der Bankpraxis und beim Unterrichten von Lernenden vertieft. Heute führt er eine kleine Kommunikationsagentur.

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