Finanzen: Wirkt die zugesicherte Nationalbank-Liquiditätsspritze für die Credit Suisse Wunder? Der Blick in die Börsengeschichte zeigt, die Chancen sind intakt.
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Finanzen: Der Kurseinbruch der Credit Suisse am Mittwoch sorgt weltweit für Schlagzeilen. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Liquiditätszusage der Nationalbank wirkt bei der Credit Suisse-Aktie.
  • Zeitweise notierte die Credit Suisse deutlich unter ihrem Buchwert.
  • Die besten Handelstage folgen oft auch die schlechtesten.
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«Soll ich die Credit Suisse-Aktie verkaufen oder behalten?», fragte mich ein Verwandter. Das war kurz nach der Pleite der Silicon Valley Bank. Ich riet, entweder die Aktie zu behalten oder sie gegen einen solideren Banktitel mit höherem Kurspotenzial zu tauschen.

Seither ist an der Börse viel geschehen, am 15. März stürzte die Aktie zwischenzeitlich auf 1,55 Franken ab. Am 16. März legte sie teilweise um 30 Prozent zu.

Dazwischen trat die Credit Suisse den Gang nach Canossa an – mit Erfolg: Die Nationalbank will ihr bis zu 50 Milliarden Franken leihen. Gegen Wertanlagen hoher Qualität als Besicherung.

Finanzen: Credit Suisse oder Waadtländer Kantonalbank?

Halten wir uns vor Augen: Vor einem Tag hätte man die globale Grossbank Credit Suisse an der Börse billiger kaufen können als die Waadtländer Kantonalbank. Das ist so, wie wenn ein Einkaufscenter zum Preis einer Eigentumswohnung zu haben wäre. Die Credit Suisse kostete an den Finanzmärkten nur noch einen Bruchteil ihres Buchwerts. Wieso?

Vertrauen ist die Währung, die an der Börse zählt. Dieses hat die Credit Suisse durch ungeschickte Kommunikation verspielt. Doch trotz aller ärgerlicher Managementfehler der letzten Jahre scheint der Kern der Bank nicht faul zu sein.

Der Credit Suisse fehlt es weder an Finanzen, resp. Eigenkapital, noch an Know-how. Selbst die Liquiditätsquote wirkte auf dem Papier genügend.

Reicht die Liquiditätszusicherung der Nationalbank, um die Ressource Vertrauen wiederherzustellen? Nur dann lässt sich der Abfluss an Geldern stoppen – und das Aufwärtspotenzial der Aktie realisieren.

Finanzen: Nach dem Gewitter kommt der Sonnenschein

Ganz allgemein scheint die Panikstimmung in der europäischen Bankenwelt nach wie vor übertrieben. Um Geldabzüge zu vermeiden, müssen einige Institute allenfalls Zückerchen bieten, spricht etwas mehr Zinsen. Zugleich steigen ihre Finanzierungskosten. Doch mit mageren und fetten Jahren haushalten zu können, gehört zum Businessmodel einer Bank.

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Stephan Lehmann-Maldonado schreibt auf Nau.ch regelmässig zum Thema Finanzen. - zVg

Der Blick in die Geschichte zeigt, dass die Achterbahn der Credit Suisse-Aktie kein Einzelfall ist. Auf die schlechtesten Börsentage folgten oft die besten. So wie nach dem Gewitter der Sonnenschein durchdringt.

Am legendären schwarzen Montag, dem 19. Oktober 1987, fiel der Schweizer Aktienmarkt um fast 12 Prozent. Am 21. Oktober ging es 7 Prozent hoch.

Zu Beginn der Finanzkrise, am 10. Oktober 2008, sackte die Schweizer Börse um fast 7 Prozent ab, legte aber am 12. Oktober um über 10 Prozent zu. Das Muster wiederholte sich in der Corona-Krise.

Auch ein Ausstieg ist riskant

Eine Studie hat ausgerechnet: Wer in den letzten 20 Jahren an der Börse die 17 besten Börsentage verpasste, konnte die Hälfte der Rendite einfahren. Aus diesem Grund sollte man es sich gut überlegen, ob man nach einem Crash aussteigen will. Denn man riskiert, die attraktive Aufholjagd zu verpassen. Wer zu später wieder einsteigt, vergibt Renditepunkte.

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Zum Autor

Stephan Lehmann-Maldonado bringt zwei seiner Steckenpferde zusammen: die Faszination fürs Wirtschaftsgeschehen und jene für klare Kommunikation.

Schon während seines Finance-Studiums an der Universität Zürich hat er für Wirtschaftsmedien geschrieben. Später hat er sein Wissen in der Bankpraxis und beim Unterrichten von Lernenden vertieft. Heute führt er eine kleine Kommunikationsagentur.

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