Mazedonien entscheidet über seine Zukunft. Es gehe um die Annäherung an die EU und die Nato oder internationale Isolation, sagt die Regierung.
Mazedonien soll künftig Nord-Mazedonien heissen.
Mazedonien soll künftig Nord-Mazedonien heissen. - dpa
Ad

Das Wichtigste in Kürze

  • Am Sonntag entscheidet Mazedonien über eine geplante Namensänderung des Landes.
  • Damit könnte sich das Land dem Westen annähern.

Es wäre die Lösung des ersten grossen Konflikts auf dem krisengeschüttelten Balkan seit fast 30 Jahren: 1,7 Millionen Mazedonen sollen an diesem Sonntag entscheiden, ob ihr Staat in Zukunft Nord-Mazedonien heissen soll. Darauf besteht Nachbar Griechenland, weil seine im Norden gelegene Provinz den gleichen Namen trägt. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Sollten die Bürger zustimmen, will Athen seine jahrzehntelange Blockade des Nachbarn auf seinem Weg in die Nato und die EU aufgeben.

Mazedonien könnte zügig 30. Nato-Mitglied werden, hatten die USA angekündigt. Und auch die EU will schon bald mit dem seit 2005 offiziellen Beitrittskandidaten in Verhandlungen starten. Folgerichtig lautet die Referendumsfrage auch «Unterstützen Sie die Mitgliedschaft in EU und Nato durch die Annahme des Abkommens zwischen Mazedonien und Griechenland?». Die Bürger stimmen damit über sehr viel mehr als die Namensänderung ab.

Ost-West-Kampf

Seit Jahrzehnten liefern sich die USA und die EU auf der einen und Russland auf der anderen Seite einen Kampf, um das Land in den eigenen Einflussbereich zu ziehen. Für den zehn Jahre autokratisch regierenden Nikola Gruevski war Russland das Vorbild. Erst vor gut zwei Jahren musste er nach vielen Korruptions- und Kriminalfällen den Hut nehmen. Seitdem steht der Sozialdemokrat Zoran Zaev an der Regierungsspitze und setzt klar auf Brüssel und Washington.

Schon vergangenes Jahr musste Moskau im Ringen um Einfluss auf der Balkanhalbinsel eine herbe Niederlage hinnehmen: Der Ministaat Montenegro, in dem russische Oligarchen Betriebe und die halbe Küste zu Fantasiepreisen aufgekauft hatten, trat der Nato bei. Zwar spottete Russland über die paar Tausend Soldaten des Kleinstaates, doch hat die Nato damit Fuss gefasst in dessen Häfen wie Bar an der südlichen Adria.

Wie wichtig die Volksabstimmung am Sonntag geopolitisch ist, zeigen die Besuche hochrangiger Politiker kurz zuvor: Bundeskanzlerin Angela Merkel, ihr österreichischer Kollege Sebastian Kurz, Bundesaussenminister Heiko Maas, US-Verteidigungsminister James Mattis und viele andere warben offen für ein Ja bei dem Referendum.

Beratend nicht bindend

Ob die Regierung die klare Zustimmung für ihr Abkommen mit Griechenland über den neuen Staatsnamen schaffen kann, ist längst nicht ausgemacht. Denn Staatspräsdident Djordje Iwanow ist ebenso dagegen wie die Opposition. Die nationale Identität gehe verloren, argumentieren sie. Das Staatsoberhaupt hat wie einzelne Oppositionsabgeordnete zum Boykott aufgerufen. Und doch kündigt Oppositionsführer Hristijan Mickoski an, seine VMRO-Partei werde das Ergebnis anerkennen.

Die grösste Hürde dürfte die vom Gesetz verlangte Beteiligung von über der Hälfte der Stimmberechtigten werden. Wenn die Opposition wirklich zuhause bleibt, dürfte das schwer zu schaffen sein, sagen die Wahlforscher. Alle Umfragen deuten darauf hin, dass die teilnehmenden Bürger fast alle mit Ja stimmen werden. Die Regierung hat sich noch ein Hintertürchen offen gelassen: Das Referendum ist nicht bindend, sondern nur «beratend».

Egal wie die Abstimmung ausgeht, der neue Staatsname muss in jedem Fall durch die Änderung der Verfassung mit Zweidrittelmehrheit abgesegnet werden. Zuletzt hatten aber nur 69 der 120 Abgeordneten für den Vertrag gestimmt. Es heisst, die Regierung versuche bereits elf Parlamentarier auf ihre Seite zu ziehen, um diese Mehrheit sicherzustellen. Aber das ist noch nicht alles: Die Ratifizierung des Abkommens durch das griechische Parlament ist alles andere als in trockenen Tüchern.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

Sebastian Kurz