Camper-Boom, Wohnwagen-Romantik und Velozeltler: Camping auf Rädern schafft Naturerlebnisse, schweisst zusammen und macht stolz: das pure Leben.
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Eine kleine Welt für sich, umgeben von grünen Hecken und dünnen Wänden. Da möchte man doch glatt hineinspazieren und schauen, wie dieses Nest genau gebaut ist. - Unsplash

Das Wichtigste in Kürze

  • Nomadenerlebnisse für Sesshafte: Camping mit Wohnwagen, Wohnmobil, Van oder Velo.
  • Geschichte auf Rädern: Was uns Wohnwagen und Wohnmobile über unsere Geschichte sagen.
  • Wohnmobil-Typen und Zeltmenschen: Welches Modell passt zu mir?
  • Freitag, 25. bis Sonntag, 27. März 2022: Camping Days im Verkehrshaus in Luzern
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«Neolithische Revolution» nannte ihn der Lehrer damals, den epochemachenden Übergang vom Nomadentum zur ackerbauenden Sesshaftigkeit. Für die Menschheit ohne Frage ein gewaltiger Schritt nach vorne.

Aber wie die meisten Revolutionen brachte dieser Schritt gewisse Opfer mit sich. Das «uns tyrannisierende Gesellschafts-Etwas» hiess es bei Effi Briest dramatisch, «Unbehagen in der Kultur» nannte es Freud etwas analytischer.

Camping
Sieht harmlos aus, symbolisiert so einiges: Zum Beispiel die Freiheiten, die die arbeitende Bevölkerung im Laufe des 20. Jahrhundert nach und nach gewann und die Camping als Freizeitbeschäftigung überhaupt möglich machten. Oder die fortschreitende individuelle Motorisierung in unseren Breitengraden. Oder ganz allgemein gefasst eine «Besinnung auf das Wesentliche», welche Hippies, Camper und Asketen verbindet. Das alles findet problemlos Platz auf der Rückbank dieses schmucken, kleinen «Bullis». - Pixabay

Hier wie dort geht es um den rebellierenden Rest Nomadentum, den Sammler und die Jägerin in uns. Von Ort zu Ort ziehen, um ein Feuer sitzend Geschichten austauschen und sich zum Schlafen zusammenrotten wie die «Croods»: für Pauschaltouristen der Horror, für Outdoor-Freunde wohlig bis in die innerste Faser.

Camping auf Rädern

Während unser innerer Nomade gerne einfach davonspazieren möchte, findet er in seinem evolvierten Gegenpart einen erfindungsreichen Berater: Geteerte Strassen, Vehikel mit Rädern, Verbrennungsmotoren, Landkarten und Navigationssysteme ... Richtig genutzt, zaubern die Errungenschaften des modernen Lebens auch ein Lächeln in das Gesicht des störrischsten Neandertalers.

Velo Zelt
«Individualverkehr» muss nicht immer motorisiert sein, und mit der richtigen Person nebendran reicht das kleinste Häuslein zum grossen Glück. - Raffael Ott

Für echte Pfadfinder mit Gottvertrauen reicht natürlich das Himmelszelt als kosmische Hütte. Für die meisten von uns ist eine Nacht ohne schützende Wände aber wenig erholsam. Manchem reicht ein Zelt, andere brauchen einen Campingplatz für die beruhigende «Illusion des Umhegtseins», wie es bei Bachelard heisst.

Der Wohnwagen als Geschichtsobjekt

Während die Kulturgeschichte des Zeltes vom mobilen Artushof bis zur Stiftshütte reicht, sind Wohnwagen und Wohnmobil Erfindungen des 20. Jahrhunderts. Ihr Design spricht dabei nicht nur von individuellen, sondern auch von kollektiven Realitäten und Wünschen.

Da wären zum Beispiel die luxuriösen britischen Wohnwagen aus den Anfangsjahren des englischen «Camping and Caravaning Clubs». Diese Wohnwagen zeugen vom lebensreformerischen Zeitgeist, der um die Jahrhundertwende gewisse Teile der Oberschicht erfasste: Hinaus in die Natur sollte es gehen, Budget-Fragen waren zweitrangig.

Velo
Der «Camping und Caravaning Club» wurde zwischenzeitlich vom berühmten Arktisforscher Robert Falcon Scott präsidiert. Scott ist heute vor allem wegen seinem (verlorenen) Wettkampf zum Südpol mit Roald Amundsen und dem tragischen Ausgang dieser Expedition bekannt. Fun Fact: Der Caravaning Club wurde 1901 als «Association of Cycle Campers» gegründet, Zelten mit Velo kann also gut und gerne als geistiger Vorläufer des Caravaning gesehen werden. - Public Domain

Die überdimensionierten amerikanischen «Trailer» der Dreissigerjahre sprechen eine ebenso deutliche Sprache wie die deutschen Kleinstwohnwagen der Nachkriegszeit: An ihnen lassen sich Kaufkraft und durchschnittliche Auto-Stärke der Wohnwagenbesitzer in der Epoche ziemlich genau ablesen.

Das Wohnmobil – ein Traum auf vier Rädern

Heutzutage geht der Trend in der Schweiz sehr deutlich in Richtung Wohnmobil. Den knapp 24 000 Wohnmobilen, die im Jahr 2000 eingelöst waren, stehen heute beinahe 80 000 Wohnmobile gegenüber. Zum Vergleich: Bei den Wohnwagen änderte sich die Anzahl von gut 35 000 gerade mal auf etwa 36 000.

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In der Schweiz boomen Wohnmobile und Vans in der Kategorie bis 3,5 Tonnen (im Bild ein klassisches Alkovenmobil, benannt nach dem charakteristischen Schlafraum oberhalb der Führerkabine); für sie reicht das normale Autobillet (Kategorie B). Bei Wohnwagen ist die Lage ein bisschen komplizierter und je nach Auto-Wohnwagen-Kombination braucht man das Billet der Kategorie BE. - Pixabay

Mit dem Corona-Virus lassen sich die Rekordzahlen seit 2020 erklären. Aber schon 2019 trieben gut 65 000 Wohnmobile ihr Unwesen auf unseren Strassen. Mehr als bei der Pandemie dürften die Gründe dafür wohl in der grossen Flexibilität und Unverbindlichkeit des Wohnmobilurlaubs gesucht werden. Je nachdem, wie man den Zeitgeist so analysiert, das ideale Gefährt für den «Menschen von heute».

Praktisch ist das Wohnmobil noch dazu: Im Vergleich zum Wohnwagen ist das Manövrieren gleichsam einfach, dazu gilt ein parkiertes Wohnmobil in vielen Ländern als parkiertes Auto. Was je nach individuellem Sicherheitsbedürfnis die Anzahl Schlafgelegenheiten drastisch erhöht. Im Vergleich zum Zelt bietet es ernsthaften Witterungsschutz und je nach Modell ein integriertes Bad sowie eine vollwertige Küche.

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Der Camper-Van sieht hübsch aus und ist ein ideales «Liebes-Nest» für Paare, die die Welt entdecken wollen. Das Aufstelldach lagert die Schlafstätte aus und lässt die ganze Wohnfläche unberührt. Ein Bad sucht man in diesen kleinen Modellen aber meist vergebens und Kochen im Sitzen ist auch nicht jedermanns Sache.
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Wer vorhat, in seinem Camper zu kochen, sollte darauf achten, dass man darin stehen kann.
Pexels
Die individuelle Gestaltung des Innenlebens macht aus jedem Camper über kurz oder lang ein Unikat. Im Bild: ein Beispiel des Typus «Minnegrotte auf Rädern».

Praktische Argumente ziehen aber nur bis zu einem gewissen Punkt, und es ist sicher nicht falsch, wenn man schliesst: Der Reiz von Wohnmobilen steckt nicht zuletzt in der Synthese aus schützendem Eigenheim und der grenzenlosen Freiheit der Strasse. Dafür kosten sie eine hübsche Stange Geld (unter CHF 50 000 für einen Neuwagen ist kaum etwas zu wollen). Und auch in den grösseren Modellen reduzieren Führerkabine und Motor die Wohnfläche.

Wohnmobil, Wohnwagen oder Zelt? Was ist für mich das Richtige?

Beim Velo-Camping ist es recht einfach: Ob einem die Kombination Zelt und Velo behagt, ist recht schnell und ohne grössere Investitionen geklärt. Ein bisschen Erfindungsgeist braucht es höchstens beim Packen. Weniger ist hier sicher mehr, und das Konzept «Verzicht» wird in keiner anderen Reiseform auf Rädern ähnlich radikal durchgezogen.

Wer keine Angst vor dem Manövrieren im «Gespann» hat, findet im Wohnwagen viele Vorteile, allen voran das separate Zugfahrzeug. Dazu ist die ganze Innenfläche Wohnfläche und der Preis schwer zu schlagen: Selbst wer klotzen will, kauft für CHF 40 000 ein absolutes Luxusmodell, für einen guten Gebrauchten reichen schon wenige Tausend.

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Der beste Ort für einen Wohnwagen ist immer noch der Campingplatz. Deswegen haben viele auch keine Duschen eingebaut. Der Platz wäre schlicht vergeudet, da es darin in beinahe jedem Fall unbequemer wäre als in der Zeltplatz-Dusche. Dazu gehört der Spaziergang über Wiesen und unter Sternen mit Tüchlein und Shampoo in der Hand zum festen Interieur von Zeltplatzferien.
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Ein Vorteil des Wohnwagens gegenüber einem Wohnmobil ist sicher, dass man weit weg vom klappernden Geschirr den gewohnten Komfort des eigenen Autos geniesst. Im Bild: Ein Trabi mit Wohnanhänger.
Wohnanhänger
Wohnwagen kann vieles heissen: Der «X-Line» zum Beispiel wiegt gerade mal 520 kg und bietet 4 Schlafplätze, dazu eine Küche im «Kofferraum». Damit kann er von beinahe jedem PKW gezogen werden, findet in den meisten Garagen Platz, und der Fahrer braucht keinen Anhängerausweis (die «Schallmauer» sind in der Schweiz 3500 kg für die Kombo PKW/Anhänger oder ein Anhänger, der schwerer ist als das Zugfahrzeug).

Genau wie beim normalen Wohnen ist es also letztlich eine Kombination aus Platz- resp. Luxusbedürfnissen, Budget und Bauchgefühl, die den Ausschlag gibt, wofür man sich entscheidet.

Camping Days – auf Tuchfühlung mit dem Traum

Was tun, wenn der Wunsch nach vier Rädern immer lauter wird? Erste Annäherungsversuche kannst du auf jedem Zeltplatz unternehmen, Camper sind ja meist recht gesellige Leute. Und vielen ist das eigene Wohnmobil bzw. der eigene Wohnwagen dermassen ans Herz gewachsen, dass sie bereitwillig und nicht ohne Stolz darüber Auskunft geben.

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Camping-Ausstellungen wie die «Camping Days» im Verkehrshaus geben wertvolle Einblicke in die verschiedensten Modelle, lassen einen auf neue Ideen kommen und zeigen, wie man Räume effizient nutzt.
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Den Van innen ansprechend zu designen, ist eine Kunst für sich. Bastler können sich an Messen inspirieren lassen, andere finden den Handwerker ihres Vertrauens und lassen sich ihr Traumauto zimmern.
Wohnmobil
«Ein Wohnwagen kann nicht gross genug sein, er ist immer noch zu klein», meinte einmal der Wohnwagenfabrikant Hans Berger. Überträgt man diese Erkenntnis konsequent auf Wohnmobile, kommt man schliesslich zur Idee des «Liners», dem absoluten Wohnmobil-Luxussegment. Die Antipathien aller Tiny-House-Fanatiker sind einem in einem Liner sicher, aber auch Komfort ohne Ende. Wie sich so ein Ungetüm steuert, kann an den «Camping Days» im Verkehrshaus in Luzern erprobt werden.

Eine weitere schlaue Idee ist der Besuch einer Ausstellung oder Messe. Hier findest du das Neueste vom Neuen und kommst garantiert auf unerwartete Ideen. Ende März finden zum Beispiel auf dem Areal des Verkehrshauses der Schweiz in Luzern die Camping Days statt.

Hier findest du Vanlife-Begeisterte und Vielgereiste, die bereitwillig ihre Erlebnisse mit dir teilen. Du kannst Wohnwagen und Wohnmobile inspizieren und findest Antworten auf dringende und weniger dringende Fragen: Von der richtigen Ladungssicherung über Hunde-Camping, Elektrik-Einbau im Camping-Van und Campingbackofen bleibt kein Thema unberührt.

Neugierig geworden? Dann besuche doch die Camping Days im Verkehrshaus in Luzern vom 25. bis 27. März 2022.

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Bulli und Brötchen: An den Camping Days im Verkehrshaus findet jeder etwas, das ihn begeistert.
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Wo andere ihre Velos transportieren, reist bei «Hund Mobil» der Vierbeiner. Ihre Wohnmobile kann man mieten, was für Wohnmobil-Interessierte ganz allgemein eine gute Idee ist. Bevor man zum grossen Portemonnaie greift und einen Van kauft, nur um zu merken, dass man lieber einen Liner hätte, lohnen sich ein, zwei Wochen «Camper auf Probe» auf jeden Fall.
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Egal, ob Camping für dich 5-Sterne-Plausch mit Pool und Wasserrutschbahn an der Adria bedeutet oder ein Stelldichein mit Mutter Natur: An den «Outdoor Days» im Verkehrshaus in Luzern findest du sicher etwas Spannendes.

Camping im Verkehrshaus – warum denn das?

Die Camping Days sind Teil der sogenannten X-Days; das sind Schwerpunkttage, die sich jeweils einem bestimmten Mobilitätsthema widmen: Von den Road Days über die Truck Days bis zu den Cycling Days bieten die mehrtägigen Veranstaltungen grosse thematische Vielfalt.

Ein Highlight sind hier sicher die Air and Space Days im Oktober mit ihren spektakulären Flugshows. Unter einem speziellen Stern stehen diesen Juni die Public Transportation Days, die sich mit dem 175-Jahr-Jubiläum des Schweizer Bahnverkehrs befassen. Passend dazu erwartet ab Mitte April eine Schwerpunktausstellung zum Bahnverkehrs-Jubiläum interessierte Besucher in der Halle Schienenverkehr 2 des Verkehrshauses. Volles Programm also für alle Bähnler.

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