Baselbieter SVP-Zoff beeinflusst bürgerliche Kooperation
Die Präsidenten von Mitte und FDP beobachten den Richtungsstreit mit Sorge. Ein Rechtsrutsch der SVP könnte für die beiden Parteien aber auch Vorteile haben.

Das Wichtigste in Kürze
- Konflikte in der Baselbieter SVP zwischen gemässigtem und radikalerem Flügel eskalieren.
- Die Schlammschlacht dürfte bis zur Generalversammlung am 25. April andauern.
- Der Entscheid der Parteiausrichtung hat auch auf die bürgerliche Zusammenarbeit Einfluss.
Bei der Baselbieter SVP fliegen die Fetzen. Der Streit zwischen dem im Ton eher gemässigten Flügel und dem radikaleren Lager wird längst nicht mehr nur intern ausgetragen. Fast täglich melden sich Vertreterinnen und Vertreter beider Seiten in den Medien mit oft heftiger Kritik zu Wort.
In einem kürzlich erschienenen Interview mit der «bz» scheute sich Parteipräsident Dominik Straumann nicht, Namen zu nennen. Nicht nur derjenigen, die ihn absetzen wollen – er nannte auch die Namen der Personen, die ihn und seinen Kurs weiterhin unterstützen möchten. Oder von denen er glaubt, dass sie hinter ihm stehen. Ob diese Parteimitglieder darüber informiert waren, dass sie öffentlich einer Fraktion zugeteilt würden, bleibt offen.
Gleichzeitig nutzen Straumanns Kritiker in der Partei jede Gelegenheit, um aufzuzeigen, was sie von seiner Arbeit halten: nicht viel. Landrätin Caroline Mall und Nationalrat Thomas de Courten (sie will Präsidentin werden, er ihr Vize) streben einen pointierteren, lauteren und sichtbareren Auftritt an, wie sie gerne betonen – à la Basler SVP-Grossrat Joël Thüring.
Widerstand gab es schon früher
Die Schlammschlacht dürfte bis zum 25. April andauern. Dann beschliesst die Generalversammlung mit der Wahl des Präsidiums, in welche Richtung sich die Baselbieter SVP in den kommenden fünf Jahren bewegen soll. Bleibt sie dem moderaten, konzilianten Kurs treu, oder wendet sie sich nach dem Vorbild der Mutterpartei nach rechts?
Dieser Entscheid ist nicht nur für die SVP von Bedeutung. Er ist es auch für die bürgerliche Zusammenarbeit. Nach den Zerwürfnissen unter dem damaligen SVP-Präsidenten Dieter Spiess gelang es seinem Nachfolger Oskar Kämpfer ab 2012, die Büza wiederzubeleben und die SVP mit Thomas Weber in die Regierung zu bringen. Dominik Straumann führte seine Arbeit weiter.
Bereits bei den nationalen Wahlen im vergangenen Herbst gab es bei der FDP kritische Stimmen. Dass die Freisinnigen mit der SVP eine Listenverbindung eingingen, kam nicht bei allen gut an. Die Parteileitung verteidigte den Entscheid damit, dass die Baselbieter SVP «mit wenigen Ausnahmen» moderat auftrete. Zuvor hatte die Regierungskandidatur der rechtskonservativen Nationalrätin Sandra Sollberger für Widerstand gesorgt.

FDP-Präsident Ferdinand Pulver kann nicht abschätzen, was ein neues SVP-Präsidium für die bürgerliche Allianz konkret bedeuten würde, und ob es unter diesem tatsächlich zu einem Kurswechsel käme. Es sei alles noch sehr hypothetisch, sagt er. «Wir müssen das punktuell beurteilen, wenn es etwa um eine Kampagne für ein Sachgeschäft geht», sagt er. Im Moment sei aber nichts geplant, und kantonale Wahlen stünden ebenfalls nicht unmittelbar bevor.
Pulver: «Ich gehe davon aus, dass sich der moderate Flügel durchsetzen wird»
Pulver bekommt den SVP-Zoff vor allem aus den Medien mit. «Selbstverständlich interessiere ich mich dafür», sagt er. Der Freisinnige befürchtet, dass die öffentlich ausgetragenen Auseinandersetzungen der SVP schaden und sie dadurch an Strahlkraft verliert.
Der FDP-Chef glaubt, dass die SVP im Kanton Baselland mehrheitlich moderat aufgestellt sei. «Ich gehe davon aus, dass sich der gemässigte Flügel, den Straumann vertritt, am Ende durchsetzen wird.» Mit dem aktuellen SVP-Präsidenten habe er in der Vergangenheit sehr gut zusammengearbeitet. «Es war bei allen Meinungsunterschieden immer ein offener, transparenter Dialog.»

Das kann Silvio Fareri unterschreiben. Bei überparteilichen Sachgeschäften habe der Austausch immer auf Augenhöhe stattgefunden, betont der Mitte-Präsident. Und auch bei Wahlen sei die Beziehung partnerschaftlich und verlässlich gewesen. «Dominik Straumann ist zuverlässig und macht einen soliden Job.»
Fareri: «Forderungen nach einer stärkeren Abgrenzung wären denkbar»
Zwar traue er auch Caroline Mall und Thomas de Courten zu, im Sinne der bürgerlichen Zusammenarbeit zu handeln. Beide hätten aber bereits mehrfach angedeutet, einen schärferen Ton anschlagen zu wollen. «Die Mitte-Basis reagiert sehr sensibel auf raue Töne. Ich kann mir gut vorstellen, dass dann Forderungen nach einer stärkeren Abgrenzung gestellt werden könnten.»
Rein aus taktischen Überlegungen könnte eine SVP, die sich vor allem in Migrationsfragen und gesellschaftspolitischen Themen stramm rechts positioniert, für die beiden anderen bürgerlichen Parteien von Vorteil sein. Eine Abgrenzung wäre damit insbesondere bei den Freisinnigen, die näher bei der SVP politisiert als die Mitte, wesentlich einfacher. Sie könnten wieder als eigenständige bürgerliche Kraft auftreten und so vielleicht verärgerte Wählerinnen und Wähler zurückgewinnen.
Ein Rechtskurs der SVP könnte für Mitte und FDP auch interessant sein, wenn es darum geht, einen vakanten Sitz in der Kantonsregierung zu besetzen – etwa bei einem vorzeitigen Rücktritt der freisinnigen Bildungsdirektorin Monica Gschwind oder des Mitte-Finanzdirektors Anton Lauber.
Als wählerstärkste Partei wird die SVP wohl auch unter einer neuen Führung alles daran setzen, in die Exekutive zurückzukehren. Mit einer Hardlinerin oder einem Hardliner dürfte dies aber schwierig werden. Das hat sich bei Sandra Sollberger gezeigt. Und früher schon bei Thomas de Courten.
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Hinweis: Dieser Artikel wurde zuerst im Basler Newsportal OnlineReports.ch publiziert.