Ukraine-Krieg: Hat die Schweiz genug Spitalbetten?
Die Schweiz soll über 100 Kriegsverletzte aus der Ukraine aufnehmen. In den letzten Monaten waren Spitalbetten aber Mangelware.

Das Wichtigste in Kürze
- Die Schweiz könnte über 100 Kriegsverletzte aus der Ukraine aufnehmen.
- Trotz Coronavirus und Pflegenotstand scheinen die Kapazitäten vorhanden zu sein.
Das Thema löste in den vergangenen Tagen Emotionen, Kontroversen und hektische Diplomatie aus: Soll die Schweiz Kriegsverletzte aus der Ukraine aufnehmen? Das EDA von Bundespräsident (und Arzt) Ignazio Cassis winkte zunächst ab. Denn unter den Verletzten hätten auch Soldaten sein können. Aus Neutralitätsgründen könne man diese nicht gesundpflegen und zurück in die Schlacht schicken.

Damit löste das Aussenministerium aber Unverständnis und Kritik aus praktisch allen Parteien aus, bis dann am Donnerstag der Befreiungsschlag gelang. Statt einer Anfrage der Nato hatte das EDA nun eine Anfrage der ukrainischen Botschaft vorliegen. Da es sich ausschliesslich um Zivilisten handeln soll, sehe die Lage nun anders aus. Doch hätte es überhaupt Platz in den be- und überlasteten Schweizer Spitälern?
100 bis 150 ukrainische Kriegsverletzte
Ein Blick auf das Dashboard des BAG zeigt: Gegenüber dem Jahreswechsel hat sind die Spitalbetten deutlich weniger ausgelastet. Der Anteil der Covid-Patienten fällt dabei kaum noch ins Gewicht und die Wochenenden werden in der Grafik wieder deutlich sichtbar. Gleichzeitig klagen aber Notfallstationen über enorm grossen Andrang. In anderen Abteilungen herrscht dafür Notstand wegen Personalmangels.

Würden 100 oder 150 Verletzte aus dem Ukraine-Krieg dann nicht erst recht das Fass zum Überlaufen bringen? Vor allem Kreise, die gegenüber den Corona-Massnahmen kritisch waren, reagieren auch jetzt skeptisch. Entweder ging die Rechnung damals nicht auf, oder jetzt, oder vielleicht beides?
Schweizer Spitäler mit ausreichend Kapazitäten
Die Gefahr der Überlastung droht offenbar eher nicht, entwarnt das Universitätsspital Zürich: «Es ist davon auszugehen, dass nicht 100 Patienten gleichzeitig ans USZ kommen und deren Behandlungsbedarf verschieden ist.»
Tatsächlich: Ins BAG-Dashboard geschmuggelt, würde man die ukrainischen Patienten von blossem Auge kaum sehen. Die Annahmen: Seit Ende Juni hätte man jeden Tag vier Patienten mit dem Rega-Jet aus der Ukraine geholt. Diese wären seither im Spital liegengeblieben, sodass es wären vor einer Woche 100 gewesen wären.
Bis jetzt keine Verletzten aus der Ukraine verlegt
Das Szenario ist indes einigermassen unrealistisch, genauso, wie wenn sämtliche Patienten Intensivpflege benötigen würden. Dann immerhin fallen die 100 zusätzlich benötigten Betten sichtbar ins Gewicht. In der Regel liegen Intensivpatienten aber nicht wochenlang in den raren Spezialbetten.

Im konkreten Bedarfsfall würden die koordinierenden Organisationen die Kapazitäten der Spitäler abklären, heisst es beim Universitätsspital Zürich. Dieses hat schon im Märk gegenüber dem IKRK zugesagt, Verletzte aus der Ukraine aufzunehmen. Jedoch: «Ans USZ sind noch keine kriegsverletzten Personen verlegt worden», heisst es vier Monate später.