Ständerat will «Einkaufstouren» von Staatsbetrieben eindämmen

Der Ständerat will den «Einkaufstouren» von staatsnahen Betrieben Hürden in den Weg stellen. Der Ständerat hat Bedarf nach einer Lösung.

Durch die Corona-Pandemie wurde der Einkaufstourismus gebremst, doch das Virus ist mittlerweile in weite Ferne gerückt. - sda

Das Wichtigste in Kürze

  • Es soll Schluss sein mit den «Einkaufstouren» von staatsnahen Betrieben.
  • Handlungsbedarf sah der Ständerat an der Sessions-Sitzung vom Donnerstag.

Der Ständerat will den «Einkaufstouren» von staatsnahen Betrieben Hürden in den Weg stellen. Nachdem in der Vergangenheit mehrere solcher Vorstösse gescheitert sind, ist der Ständerat am Donnerstag zum Schluss gelangt, dass es jetzt Lösungen brauche.

«Es geht hier um ein Thema, das schon mehrmals im Ständerat zu reden gegeben hat», sagte Martin Schmid (FDP/GR) im Namen der vorberatenden Wirtschaftskommission (WAK-S) zu Beginn der Diskussion.

Und so wurde auch in den Voten im Rat oft Bezug genommen auf die Vergangenheit und auf die Frage, wieso es bislang zu keinem konkreten Lösungsvorschlag kam. Im Tenor lag dies demnach unter anderem daran, dass der Föderalismus zu wenig berücksichtigt worden sei.

Dass Handlungsbedarf bestehe, sei aber schon vor ungefähr zwei Jahren im Rat klar gewesen, sagte Andrea Caroni (FDP/AR). Er reichte vor kurzem zusammen mit Beat Rieder (Mitte/VS) zwei gleichlautende Motionen zum Thema ein, über die der Rat nun diskutierte. Mit diesen Vorstössen werde das Problem mit dem Föderalismus ausgeräumt, sagte Rieder.

Staatliche Unternehmen hätten oft die längeren Spiesse als private Unternehmen, schreiben die beiden in den Motionen. Die Vorteile lägen etwa in der Finanzierung, der Besteuerung oder der Quersubventionierung. Caroni und Rieder verlangen daher, dass mit Gesetzesänderungen die Wettbewerbsverzerrungen durch Staatsunternehmen eingedämmt werden. Dabei sollen eben die föderalistischen Zuständigkeiten beachtet werden.

Es ist noch nicht lange her, dass das Thema auch ausserhalb des Politbetriebs für Gesprächsstoff sorgte. So übernahm etwa die Post in den vergangenen Monaten den Cloud-Anbieter «Tresorit», den Anbieter von digitalen Werbeplattformen «Livesystems» und die Administrationshilfe «Klara». Gerade in letzterem Fall wurde in den Medien der Vorwurf laut, dass die Post ihre marktbeherrschende Stellung missbrauche.

In der vorberatenden Kommission habe daher Einigkeit darüber geherrscht, dass es jetzt an der Zeit sei, neue Regelungen zu erlassen, sagte Schmid. Die Diskussion über die obengenannten Zukäufe der Post habe aber in der Kommission zur Frage geführt, ob die Gesetzgebung der richtige Weg sei, oder ob man nicht bei der Eignerstrategie ansetzen müsse. Zudem sei sowohl in der Kommission als auch aus Sicht der Motionäre und des Bundesrats klar, dass die Wirtschaftsfreiheit staatsnaher Betriebe gewährt bleiben müsse.

Die Motionen seien aber derart offen formuliert, dass man sie überweisen könne, sagte Benedikt Würth (Mitte/SG). Die Umsetzung werde aber sicher sehr komplex sein. Aber die Problematik in den Märkten sei so, dass es nötig und angebracht sei, jetzt in diesen Prozess einzusteigen.

Es gebe ja eigentlich nur drei Möglichkeiten, um das Problem in den Griff zu bekommen, sagte Stefan Engler (Mitte/GR) und zählte auf: die Privatisierung, das Verbot von unternehmerischen Tätigkeiten von staatsnahen Betrieben über den eigentlichen Tätigkeitsbereich hinaus oder das Konzept der Wettbewerbsneutralität. Letzteres wollten auch die Motionen, und das könne man mit diesen auch erreichen.

Paul Rechsteiner (SP/SG) jedoch wollte diese «Fesseln» verhindern, wie er sagte. Es gebe bereits genügend Grundsätze für die öffentlichen Unternehmen. «Wer jetzt mehr Fesseln und Hürden will, dem passt einfach die Dynamik der öffentlichen Unternehmen nicht.» Oder für den sei «privat» einfach immer besser als «öffentlich» - auch wenn «öffentlich» besser sei, kostengünstiger und effizienter. Es brauche keine neuen behördlichen Bewilligungen.

Der Ständerat nahm die Motionen schliesslich mit 27 zu 13 Stimmen an. Diese gehen nun an den Nationalrat.

Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Vorstösse. Er sei sich bewusst, dass trotz aller Massnahmen bei der Tätigkeit der Staatsunternehmen gewisse Wettbewerbsverzerrungen auftreten könnten, sagte Wirtschaftsminister Guy Parmelin im Namen der Regierung.

Solche Verzerrungen seien jedoch untrennbar mit der «staatlichen Unternehmertätigkeit» verbunden. Der Bundesrat sehe daher keinen Handlungsbedarf auf gesetzlicher Ebene. Allerdings sei er bereit, verschiedene Bereiche mit den Kantonen zu prüfen und Bericht zu erstatten.

Obwohl der Bundesrat wisse, dass es Verzerrungen gebe, wolle er nichts unternehmen, sagte Hans Wicki (FDP/NW) dazu. Das sei schlicht unverständlich. Der Bundesrat habe wohl die Entwicklungen in den vergangenen Jahren nicht ganz verfolgt. Die Schweiz sei nicht mehr derart kooperativ organisiert wie noch vor den 1990er-Jahren.

Wicki setzte sich daher auch ein für eine parlamentarische Initiative von Peter Schilliger (FDP/LU), die ein ähnliches Ziel verfolgte wie die Motionen. Die Mehrheit der vorberatenden Kommission befürchtete jedoch, dass die Initiative potenziell zu stark in die föderalistischen Zuständigkeiten eingreifen könnte. Der Ständerat lehnte die Initiative schliesslich mit 22 zu 18 Stimmen ab. Sie ist damit vom Tisch.