Ukraine-Krieg: Darf man noch russische Kunst geniessen?

Seit fast einem Jahr wütet in der Ukraine Krieg. Bei einer Rede hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj die Kunst dazu aufgerufen, nicht zu schweigen.

Wolodymyr Selenskyj hat bei seiner Rede an der Berlinale zum Boykott russischer Kunst aufgerufen. - Office of the President of Ukraine

Das Wichtigste in Kürze

  • Wolodymyr Selenskyj ruft Künstler dazu auf, ihre Stimme gegen den Krieg zu erheben.
  • Er findet, im Fall des Ukraine-Kriegs könne man Politik und Kunst nicht trennen.
  • Dürfen wir also überhaupt noch russische Kunst geniessen? Eine Ethikerin findet: Ja.

Am Berliner Film-Festival hat Wolodymyr Selenskyj die altbekannte Frage aufgeworfen, ob man Kunst und Politik trennen kann. Im Fall Ukraine-Krieg findet der Präsident: Nein.

«Kultur und Kino können unabhängig sein von Politik. Aber nicht, wenn es sich um eine Politik der Aggression handelt. Nicht, wenn es sich um eine Politik von Massenverbrechen, Mord, Terror und dem Wunsch, andere Nationen zu vernichten, handelt.»

Selenskyj nennt die Politik des heutigen Russlands eine Politik des totalen Kriegs. «Unter solchen Umständen und zu solchen Zeiten kann Kunst nicht neutral sein.» Wenn Kunst zum Ukraine-Krieg schweige, dann helfe sie dem Bösen.

Russische Kunst als Zeichen gegen den Ukraine-Krieg

Wenn man Politik und Kunst nicht trennen kann; darf man überhaupt noch russische Filme schauen, Bücher lesen oder Musik hören? Ethikerin Ruth Baumann-Hölzle ordnet ein.

Sie sagt zu Nau.ch: «Kunstgenuss muss nicht Propaganda sein. Dies ist von Fall zu Fall zu entscheiden.»

Kunst gehe über den Menschen hinaus – und es gehöre zur Kriegszerstörung, die Kunst des Feindes zu vernichten. «Wer dennoch an der Kunst festhält, setzt damit auch ein Zeichen gegen Krieg und Zerstörung.»

Heisst: Wenn jemand russische Kunst konsumiere, dann zeige er damit, dass er die russische Bevölkerung nicht einfach als böse abstemple. Sondern, dass er sie als Teil der Menschheit sieht.

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Anders verhält sich das laut Baumann-Hölzle aber bei funktionaler Kunst, die als Propaganda für den Krieg geschaffen wird. «Wobei sich dann die Frage stellt, ob man dann überhaupt von Kunst sprechen kann.» Sie werde ja dann für einen Zweck missbraucht und «weist nicht über sich hinaus».