Immobilien: Fachleute fordern Schutz und Lösungen wegen Krise

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Zürich,

Der Zürcher Wohnungsmarkt steht zunehmend unter Druck. Die Leerwohnungsziffer in der Stadt ist auf ein historisches Tief gefallen, Angebotsmieten steigen.

Wohnung
In Zürich lässt sich nur schwer eine bezahlbare Wohnung finden. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Leerwohnungsziffer im städtischen Raum in Zürich steht so tief wie nie.
  • Die Angebotsmieten und Eigentumspreise steigen weiter.
  • Immobilienexperten werfen am Immo Talk von newhome einen Blick auf die aktuelle Lage.

Der Wohnungsmarkt in Zürich ist seit Jahren von einem knappen Angebot und hohen Preisen geprägt – besonders deutlich zeigt sich dies im städtischen Ballungsraum. Angesichts einer anhaltend tiefen Leerwohnungsziffer, einer wachsenden Nachfrage und gleichzeitig unzureichender Bautätigkeit verschärft sich die Lage zunehmend.

Gemäss Bundesamt für Statistik (BFS) liegt die durchschnittliche Leerwohnungsziffer in der Schweiz bei 1,08 Prozent, was bereits auf einen strukturellen Wohnungsmangel hinweist. In der Region Zürich beträgt sie nur 0,7 Prozent, und in der MS Zürich (Metropolitanraum Stadt Zürich) sogar unter 0,05 Prozent – ein Wert, der eindeutig auf eine akute Wohnungsnot hindeutet.

Wohnungsmarkt unter Druck: Fehlendes Bauland, hohe Preise und ein stagnierender Mietmarkt

Dr. Stefan Fahrländer vom Beratungs- und Forschungsunternehmen Fahrländer Partner AG (FPRE) wirft einen Blick auf die Preisentwicklung der vergangenen 15 Jahre: Die Marktmieten sind seit 2010 um ca. 18 Prozent gestiegen (als Referenz dient eine 3,5-Zimmer-Wohnung in einem Mehrfamilienhaus im Neubau). Diese Entwicklung lässt sich für sämtliche MS-Regionen des Kantons beobachten. Als zentrales Problem identifiziert Fahrländer die mangelnde Verfügbarkeit von Wohnraum.

Angesichts des gesunkenen Referenzzinssatzes sieht Fahrländer nach einem Anstieg der Bestandsmieten in den Jahren 2023 und 2024 nun eine Anpassung an den tieferen hypothekarischen Referenzzinssatz. Diese Entwicklung führt jedoch laut Fahrländer zum sogenannten «Insider-Outsider-Problem»: Die Bestandsmieten liegen deutlich unter dem aktuellen Marktniveau für Neubauten, was viele Mieterinnen und Mieter davon abhält, sich wohnlich zu verändern. Die Folge sei eine Blockade im Mietwohnungsmarkt, da sich viele den Wechsel in eine teurere Wohnung schlicht nicht leisten können.

Parallel dazu steigen auch die Preise für Wohneigentum weiter deutlich an. In der Region Zürich haben sich die Preise für Eigentumswohnungen und Einfamilienhäuser in den letzten 15 Jahren nahezu verdoppelt. Für die Jahre 2025 und 2026 prognostiziert FPRE auf Basis einer aktuellen Immobilienumfrage eine weiter anhaltende Preissteigerung.

Bauen ja – aber wie? Kritik an ineffektiver Verdichtung und fehlendem Bauland

Fahrländer nennt zwei Hauptursachen für die anhaltende Wohnungsnot: Erstens würden zu wenige Bauprojekte realisiert, zweitens fehle es an ausreichend nutzbarem Bauland. Letzteres sei auch auf unterschätztes Bevölkerungswachstum und unzureichende Planungsgrundlagen zurückzuführen. Ein möglicher Ausweg sei laut Fahrländer das verdichtete Bauen in städtischen Räumen. Die Realität zeige jedoch, dass viele Umbauten lediglich bestehenden, günstigen Wohnraum vernichteten, ohne effektiv mehr Wohnungen zu schaffen.

Sein Fazit fällt deutlich aus: «Es wäre ehrlicher und zielführender, stadtnah zusätzliches Land einzuzonen, Regeln festzulegen, dicht zu bebauen und dafür ein Vielfaches an Land in der Peripherie auszuzonen, das ansonsten mit geringer Dichte bebaut wird.»

Verdrängung durch Sanierungen: Mieterinnen und Mieter in Zürich unter Druck

Walter Angst, Co-Geschäftsleiter und Leiter Kommunikation des Mieterinnen- und Mieterverbandes Zürich, warnt angesichts der angespannten Lage auf dem Zürcher Mietwohnungsmarkt vor zunehmenden sozialen Verdrängungsprozessen. Die stark gestiegenen Angebotsmieten in Stadt und Agglomeration sowie drohende Kündigungen beschäftigten viele Menschen in Zürich – insbesondere Familien mit schulpflichtigen Kindern und ältere Menschen. «Ein Umzug ist für viele nicht nur eine finanzielle Belastung, sondern bringt oft auch gravierende soziale Folgen mit sich», betont Angst.

Besonders kritisch sieht der Mieterverband die Auswirkungen von Totalsanierungen, die häufig mit sogenannten Leerkündigungen einhergehen. Diese führten nicht nur zur Verdrängung der bisherigen Mieterschaft, sondern auch zu einem sozialen Strukturwandel in den Quartieren: Das durchschnittliche Monatseinkommen der Mietenden steige nach einer Renovation im Schnitt von 5000 auf 7500 Franken. «Die Stadt wird für viele Normalverdienende zunehmend unerschwinglich», so Angst. Ein Indiz dafür sei auch der sinkende Anteil an QUIMS-Schulen im Stadtgebiet, was auf eine abnehmende soziale Durchmischung hinweise.

Stärkere Regulierung von Leerkündigungen gefordert

Ein weiterer Treiber der Preisentwicklung seien die Renditeerwartungen institutioneller Investoren wie Anlagestiftungen und Immobiliengesellschaften, die teilweise bis zu 70 Prozent ausmachten. Angst fordert deshalb eine stärkere Regulierung von Leerkündigungen sowie politische Wohnschutz-Massnahmen, um sozialverträgliche Mietverhältnisse zu erreichen.

Immerhin biete der aktuell gesunkene Referenzzinssatz den Mieter:innen die Möglichkeit, eine Senkung der Bestandesmiete zu verlangen. Diese müsse jedoch in den meisten Fällen aktiv eingefordert werden – ein Schritt, den viele aus Unkenntnis oder Unsicherheit nicht wagen.

«Wir sehen mit grosser Sorge, wie wirtschaftlicher Druck systematisch zu sozialer Verdrängung führt. Gerade deshalb braucht es jetzt klare Regeln und einen wirksamen Schutz für bestehende Mietverhältnisse», fordert Walter Angst.

Kommentare

User #6396 (nicht angemeldet)

Irgendwie wollen die Zürcher ja trotzdem alle in Zürich wohnen: Also kanns nicht so schlimm sein!

User #6396 (nicht angemeldet)

Die MS Zürich ist am Sinken!

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