Vor zwei Jahren verzückte Thomas Dressen in Kitzbühel die Ski-Welt, 2019 war er nur Zuschauer. Nun will der Oberbayer im Ski-Mekka wieder für Furore sorgen. Er muss eine Schrecksekunde im Training abhaken - und auf die Zähne beissen. Er macht eine klare Ansage.
Thomas Dressen beim Training in Kitzbühel. Foto: Georg Hochmuth/APA/dpa
Thomas Dressen beim Training in Kitzbühel. Foto: Georg Hochmuth/APA/dpa - dpa-infocom GmbH
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Das Wichtigste in Kürze

  • Thomas Dressen ist ein cooler Typ - im Starthaus von Kitzbühel aber wird selbst dem besten deutschen Skirennfahrer etwas anders.

«Dieses Kribbeln hast du nirgendwo sonst», berichtete der 26-Jährige nach der Rückkehr an den Ort seines grössten Erfolges. Vor zwei Jahren verblüffte das Kraftpaket aus Oberbayern die Ski-Welt mit seinem Abfahrts-Coup auf der berüchtigten Streif, nach einem Jahr Verletzungspause greift der Mittenwalder im Alpin-Mekka wieder an.

Im Kampf um Ruhm, Prestige und richtig viel Preisgeld will sich Dressen im Super-G am Freitag und der Abfahrt am Samstag (beides 11.30 Uhr/ARD und Eurosport) weder von einer Schrecksekunde im Training noch seinem leicht lädierten Knie bremsen lassen.

Eine Wohltat ist die mythenumrankte Hahnenkamm-Piste auch für ganz gesunde Sportler nicht. «Das ist einfach die Challenge, eine Herausforderung, die musst du akzeptieren», berichtete Dressen über die 3315 Meter lange Abfahrt samt der respekteinflössenden Abschnitte Mausefalle, Hausbergkante und Traverse. «Da geht's zur Sache, man darf sich auf keine Autobahn einstellen», sagte er dem ORF.

Im Training am Donnerstag konnte Dressen einen Sturz nur knapp vermeiden, als seine Skikante nicht hielt. Die Streif ohne vernünftige Kante zu bewältigen ist vergleichbar mit einem Autorennen im Regen ohne Profil an den Reifen. «Ich hatte von oben bis unten keinen Grip», erzählte er, «da kann man sich vorstellen, dass das keinen Spass macht». Der Verdacht, dass er über einen Stein gefahren sei und dadurch seinen Ski beschädigte, bestätigte sich am Abend nicht. «Aber wir haben noch ein paar Ski im Keller», sagte Dressen.

Von einem Sieg auf der Streif träumt ein jeder Rennprofi, aber selbst einigen der besten der Geschichte wie Aksel Lund Svindal oder Bode Miller war dies nicht vergönnt. Dressen konnte im Januar 2018 jubeln. Jene Bilder sind bei dem Mittenwalder auch in dieser Woche wieder im Kopf. «Freilich hab ich mich zurückerinnert», berichtete er und scherzte auf die Frage, ob er nach einem Jahr Zwangspause wegen eines Kreuzbandrisses denn den Weg den Berg runter noch gefunden habe: «Da ist links und rechts ein Zaun, also kommt man nicht grossartig aus.»

Ganz weit zurückgeworfen hatte die Knieverletzung Dressen ohnehin nicht, was schon sein Abfahrtssieg beim Comeback Ende November in Lake Louise sowie die zwei dritten Plätze beim Super-G von Sölden und der Abfahrt zuletzt in Wengen zeigten. Kitzbühel aber ist ein anderes Kaliber. Auch wenn die Piste diesmal etwas weniger eisig präpariert wurde als die Jahre zuvor, fordert sie die Sportler wie kein anderes Rennen. «Die Piste ist schlagig und sehr schnell», warnte der deutsche Trainer Christian Schwaiger.

Das zeigte sich im Training. Der erfahrene Österreicher Vincent Kriechmayr rauschte am Donnerstag kurz vor dem Ziel in das Fangnetz, blieb aber ersten Eindrücken zufolge unverletzt. «Das schaut saucool aus», erzählte er, fügte aber einschränkend an: «...für die Fans.»

Auch Dressens Körper bekam die knüppelharte Streif bereits zu spüren. Sein operiertes rechtes Knie begann nach dem ersten Training am Mittwoch zu schmerzen, schwoll aber immerhin nicht an. «Solche Belastungen haben wir das ganze Jahr nicht», berichtete Dressen. Unnötig bremsen will er nicht. «Wenn ich aus dem Starthaus rausgehe, dann ist das keine Ausrede mehr.» Im Teamhotel in Kirchberg, dem Nebenort von Kitzbühel, ist nun der Physiotherapeut gefragt.

Dass das deutsche Team nicht in Kitzbühel untergebracht ist, das freut Dressen. Ausufernde Partys, laute Musik, feierwütige Ski-Fans, ein Stelldichein der Promis: All das blendet Dressen bei den 80. Hahnenkamm-Rennen aus und fokussiert sich auf die sportliche Show.

Auch wenn Vorjahreschampion Dominik Paris nach einem Kreuzbandriss fehlt, zählt sich Dressen nicht zu den ersten Anwärtern auf den Sieg und das Rekordpreisgeld von 100.000 Euro. «Mein Topfavorit ist der Feuz», meinte er. Der Weltcup-Führende Beat Feuz siegte zuletzt in Wengen und jagt seinem ersten Erfolg in Kitzbühel hinterher. Im Abschlusstraining pokerte der Schweizer und kam nicht in die Top 15. Aus dem deutschen Team waren Andreas Sander mit der fünftbesten Zeit und Romed Baumann als Achter weit vorn. Letztlich zählt es erst im Super-G und Abfahrt. «Ich freue mich brutal», kündigte Dressen an.

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