Die Bilder von Ronald Koemans Entgleisung nach dem EM-Halbfinale 1988 in Hamburg sind unvergessen. Heute sind sie ihm unangenehm. Nun kommt er als Bondscoach mit der niederländischen Nationalmannschaft in die Hansestadt zurück. Erstmals in seiner Amtszeit steht er unter Druck.
Kehrt als niederländischer Nationalcoach nach Hamburg zurück: Ronald Koeman. Foto: OLAF CRACK/ANP
Kehrt als niederländischer Nationalcoach nach Hamburg zurück: Ronald Koeman. Foto: OLAF CRACK/ANP - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Diese Szene verfolgt Ronald Koeman auch noch viele Jahre später.
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Nach dem 2:1-Sieg im Halbfinale der EM 1988 in Hamburg gegen den ungeliebten Gastgeber Deutschland wischte sich der damalige Abwehrchef der niederländischen Fussball-Nationalmannschaft auf dem Rasen mit dem Trikot von Olaf Thon symbolisch den Hintern ab. «Ich war jung und voller Emotionen», erklärt der heutige Bondscoach mit dem Abstand von Jahrzehnten.

31 Jahre nach jener spektakulären Geste kehrt der 56-Jährige als Chef an der Seitenlinie mit einer ganz anderen Generation von  Oranje-Fussballern am Freitag (20.45 Uhr/RTL) nach Hamburg ins Volksparkstadion zum EM-Qualifikationsspiel zurück. Koeman, mittlerweile Opa geworden, wirkt heute in sich ruhend. Entgleisungen wie damals sind von ihm nicht mehr zu erwarten. Und auch von der Brisanz des Duells vorheriger Jahrzehnte ist bei aller sportlichen Rivalität und des Prestige nicht mehr viel übrig geblieben.

Koeman interessiert vor allem die Gegenwart. Ähnlich wie Bundestrainer Joachim Löw muss auch er einen Umbruch in der Elftal vollziehen. In Hamburg betreut der Europameister von 1988 zum 15. Mal das Oranje-Team in einem Länderspiel, seit er das Trainer-Amt im Februar 2018 übernahm - zum vierten Mal geht es dabei gegen das DFB-Team.

Die bisherigen Ergebnisse sprechen dafür, dass Koeman der Einstieg in den Umstieg gelungen ist. Nach zuletzt zwei verpassten Turnier-Endrunden sei der niederländische Fussball «auf einem guten Weg, aber lange noch nicht am Ziel», konstatiert der Verbands-Generaldirektor und frühere HSV-Profi Nico-Jan Hoogma in einem Interview des Portals «Sportbuzzer» (Donnerstag). «In der neuen Saison starten wir wieder bei null. Wir müssen die guten Ansätze bestätigen.»

Immerhin schlugen die Niederländer zuletzt in der Nations League Teams wie Weltmeister Frankreich und England und besiegelten Deutschlands Abstieg mit einem Sieg und einem Unentschieden. Im Finale der Nations League gab es dann ein knappes 0:1 gegen Europameister Portugal.

Prunkstück in der Elftal des einstigen Weltklasse-Verteidigers ist die Abwehr mit Europas Fussballer des Jahres Virgil van Dijk vom FC Liverpool und dem hochbegabten Matthijs de Ligt. Doch ausgerechnet der 20-Jährige de Ligt ist gerade das Sorgenkind.

Der Jungstar war noch vor wenigen Monaten als Kapitän an der wunderbaren Reise von Ajax Amsterdam bis in das Halbfinale der Champions League beteiligt. Nun erlebte er am vergangenen Samstag ein unglückliches Debüt bei Juventus Turin. Beim 4:3 gegen den SSC Neapel wurden ihm alle drei Gegentreffer in der letzten halben Stunde angekreidet. «Ich hat mein  Vertrauen. Es ist klar, dass er noch Anpassungsprobleme hat», meint Koeman.

Der Coach braucht einen starken de Ligt. Am Freitag haben er und sein Team schliesslich erstmals etwas zu verlieren. Das 2:3 gegen das DFB-Team im März im Hinspiel der EM-Qualifikation war der einzige Schönheitsfleck in Koemans bisheriger Bilanz. Mit entsprechend grossem Respekt begegnet der Bondscoach dem DFB-Team. «Sie spielen so abwechslungsreich und offensiv, mit nur drei Verteidigern», sagt er.

Mit drei Punkten sind die Niederländer (3 Punkte/2 Spiele) hinter Nordirland (12/4) und Deutschland (9/3) in der Quali-Gruppe C derzeit Dritter. Ein Sieg gegen Deutschland würde da weiterhelfen - wie vor 31 Jahren, nur ohne Entgleisungen.

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