Das Finale der afrikanischen Champions League dauert nur eine Stunde. Denn weil der Videobeweis nicht funktioniert, spielt das Team aus Marokko nicht weiter. Jetzt kochen Funktionäre und Fans des Vereins - und sprechen sogar von einer Verschwörung.
Wydad Casablanca weigerte sich zu spielen, nachdem der Videobeweis bei ihrem Ausgleichstreffer nicht funktionierte. Foto: Christian Charisius
Wydad Casablanca weigerte sich zu spielen, nachdem der Videobeweis bei ihrem Ausgleichstreffer nicht funktionierte. Foto: Christian Charisius - dpa-infocom GmbH
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Das Wichtigste in Kürze

  • In Deutschland haben hitzige Diskussionen um den Videobeweis die Saison begleitet - doch der Ärger ist kein Vergleich zur «Farce» von Afrika.

Weil die Videotechnik im Endspiel der afrikanischen Champions League nicht lief, kam es jetzt zu einem Eklat, der den Fussball des Kontinents durchschüttelt. Marokkos Fussballfans sind ausser sich vor Wut. Die Presse des Landes sprach von einem «Skandalspiel». Schon auf dem Platz waren die aufgebrachten Spieler am Freitagabend aneinander geraten.

Der Eklat begann mit einer millimetergenauen Flanke in den Strafraum, einem Kopfball und einem Jubel, der abrupt endete. Es lief die 59. Minute des Rückspiels im Finale der afrikanischen Champions League, als das marokkanische Team Wydad Casablanca gegen Gastgeber Esperance Tunis vor 60.000 Fans den vermeintlichen Ausgleich zum 1:1 erzielte.

Allerdings erkannte Schiedsrichter Bakary Gassama aus Gambia den Treffer wegen einer angeblichen Abseitsstellung nicht an. Eine Fehlentscheidung, wie die Fernsehbilder zeigten. Casablanca wollte die Entscheidung per Videobeweis überprüfen lassen. Doch weil die Technik nicht funktionierte, konnte der Referee nicht aktiv werden.

Danach spielten sich auf dem Feld, den Rängen und den Katakomben tumultartige Szenen ab. Casablanca weigerte sich aus Protest weiterzuspielen. Mehr als eine Stunde lang wurde gestritten und diskutiert. Sogar der Chef des afrikanischen Fussballverbands CAF, Ahmed Ahmed, stürmte aufs Feld. Bis Schiedsrichter Gassama das Spiel schliesslich abpfiff und Vorjahressieger Tunis nach dem 1:1 im Hinspiel zum vierten Mal Afrikas wichtigsten Vereinstitel gewann. Auf dem Feld und den Tribünen flogen Flaschen und andere Gegenstände.

Einiges bleibt mysteriös. So sagte etwa der Kapitän von Esperance, Khalil Chemmam, der Referee habe vor dem Anstoss darauf hingewiesen, dass der Videobeweis nicht läuft. Und setzte die Vermutung in die Welt, dass Casablancas Spielführer das nicht verstanden hat, weil er weder Französisch noch Englisch spreche. Casablanca wies das jedoch zurück und erklärte, nicht informiert worden zu sein.

Und warum funktionierte der Videobeweis nicht, obwohl am Spielfeldrand ein Bildschirm für den Schiedsrichter aufgebaut war? In arabischen Medien war von einem Defekt die Rede. In den sozialen Medien kursierten aber auch Spekulationen, es seien nicht alle technischen Teile rechtzeitig in Tunesien angekommen. Eine offizielle Bestätigung für diese Gerüchte gab es zunächst nicht.

Afrikas Fussballverband CAF will sich am Dienstag in einer Sondersitzung mit dem Fall befassen. Doch so schnell dürften sich die Wogen nicht glätten lassen. Casablancas Clubchef Said Naciri spekulierte sogar über Absicht und beschuldigte die CAF. «Wenn sie den Pokal irgendeiner Seite schenken wollen, dann sollte das nicht auf diese Weise geschehen», wetterte er. Er will den Weltverband FIFA und den Internationalen Sportgerichtshof CAS anrufen.

Die Wut bei den Marokkanern ist auch deshalb so gross, weil sie sich bereits im Hinspiel vom Schiedsrichter verschaukelt fühlten. Beim 1:1 soll der ägyptische Referee Gehad Grisha der Elf aus Casablanca ein reguläres Tor und einen klaren Elfmeter verweigert haben. Grisha wurde daraufhin wegen einer «schwachen Leistung» vom afrikanischen Verband für sechs Monate gesperrt. Bei beiden strittigen Entscheidungen hatte er den Videoschiedsrichter zu Hilfe genommen.

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