Die Uefa tut sich mit dem EM-Quali-Gewirr keinen Gefallen
Die Nations League liefert absurde Hintertürchen für die EM-Teilnahme. Geplant hat die Uefa das wohl nicht, aber sie sieht nur untätig zu. Ein Kommentar.

Das Wichtigste in Kürze
- Die Qualifikation zur Europameisterschaft 2020 verkommt mehr und mehr zum Chaos.
- Mit Nations League, Playoffs und «normaler» Qualifikation fehlt jede Übersicht.
- Ob sich die Uefa damit vor dem ohnehin umstrittenen Turnier 2020 einen Gefallen getan hat?
Wer hat jetzt, nach dem Ende der EM-Qualifikation, noch Chancen auf eine Teilnahme an der Europameisterschaft 2020? Ohne hier in ein allzu weinerliches «Früher war alles besser» verfallen zu wollen: Vor einigen Jahren wäre die Antwort noch eine einfache gewesen.
Vor der Kontinentalmeisterschaft 2016 waren alle Gruppendritten für die Playoffs qualifiziert, der Beste (damals die Türkei) fuhr sogar direkt nach Frankreich. Dann wurden die acht verbleibenden Teams in direkte Duelle gelost und spielten so die letzten vier Turnierplätze aus. Einfach, oder?
Division A spielt – logischerweise – gegen Division C
Das aber gefiel der Uefa gar nicht, die deshalb alles auf den Kopf stellte und dafür sorgte, dass wir erst Ende März (!) wissen werden, wer die letzten vier EM-Teilnehmer sind. Und dank der neuen Nations League treibt die Qualifikation teils absurde Blüten, wie etwa in den Quali-Gruppen G und J.
In Gruppe G hat der Quali-Vierte Slowenien keine Chance mehr auf ein EM-Ticket, der Fünfte Israel aber sehr wohl. In Gruppe J ist Griechenland als Dritter bereits zum Zuschauen verdammt, der Vierte Bosnien-Herzegowina darf indes noch weiterträumen.
Und es kommt noch besser. Weil aus der Nations League A elf von zwölf Teams direkt qualifiziert sind, steht Island alleine im Playoff der Division A. Aufgefüllt wird die mit Teams aus – natürlich – Division C, denn die vier nicht-qualifizierten B-Teams haben ihr eigenes Playoff.
Die Nations League entwertet die EM-Quali
Im Umkehrschluss heisst das: Ein Division-A-Land, dass seine Qualifikation punktelos als Gruppenletzter beendet hätte, träfe im A-Playoff wahrscheinlich auf äusserst schlagbare Gegner und käme so mit nur zwei Siegen zur EM. So entwertet die Nations League auf eine – zugegebenermassen schwer vorhersehbare – abstruse Weise die EM-Qualifikation.
Noch komplizierter? Mit Vergnügen! Aus Liga C sind sieben Teams (Schottland, Norwegen, Serbien, Bulgarien, Israel, Ungarn und Rumänien) für die Playoffs qualifiziert. Die drei Erstgenannten waren in der Nations League jeweils Gruppensieger und sind damit im C-Playoff gesetzt. Der vierte Teilnehmer wird zugelost, die anderen drei vervollständigen das A-Playoff gegen Island.
Mit ihrem Prestigeprojekt Nations League hat es die Uefa geschafft, einen logischen und spannenden Modus der EM-Qualifikation nicht nur dramatisch zu verkomplizieren, sondern die Wertigkeit des Playoffs auch noch erheblich reduziert. Denn für die Teams der Ligen A und B stand die Teilnahme an den Nations-League-Playoffs im Voraus praktisch fest.
Ein schlechter Aprilscherz
Mit diesem Chaos – und das ausgerechnet im Vorfeld der ohnehin schon heftig umstrittenen, quer über Europa verteilten Euro 2020 – hat sich die Uefa wahrlich keinen Gefallen getan. Erst Ende März wird feststehen, wer tatsächlich zur EM fahren darf.
Das, liebe Uefa, hätte sich besser lösen lassen. Schon alleine für jene Fans, die erst am 1. April – ein schlechter Scherz – mit Sicherheit wissen, ob sie für ihre Gruppenspiele etwa nach Baku reisen müssen.