Die Ausbeutung von Arbeitern auf WM-Baustellen in Katar ist nach Recherchen von Amnesty International nach wie vor skandalös.
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In Katar, hier die Hauptstadt Doha, leben 2,6 Millionen Menschen. Auch das arabische Land kriegt das Coronavirus zu spüren. - keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Arbeiter der WM-Baustelle in Katar werden weiterhin ausgebeutet.
  • Laut Amnesty International soll ihnen der Lohn monatelang vorenthalten worden sein.

Zahlreiche Arbeitsmigranten seien bei den Bauarbeiten für das Vorzeigeprojekt «Future City Lusail» – eine Stadt eigens für die Fussball-Weltmeisterschaft 2022 in Katar – ausgebeutet worden, an denen die Baufirma Mercury Mena beteiligt war, erklärte die Amnesty International heute Mittwoch in Berlin.

Die Firma habe das berüchtigte Sponsorensystem Kafala ausgenutzt. 78 ehemalige Arbeiter aus Indien, Nepal und den Philippinen hätten berichtet, dass es seit 2016 immer wieder zu Verzögerungen der Lohnauszahlungen kam, bis diese 2017 ganz ausblieben, erklärte Amnesty. Demnach schuldet die Firma ihnen bis zu 2383 Franken, ihre Schicksale seien kein Einzelfälle.

Kreditaufnahme um arbeiten zu können

Die Katar-Expertin von Amnesty, Regina Spöttl, verwies darauf, dass viele Befragte in ihren Heimatländern hochverzinste Darlehen aufgenommen hätten, um die Vermittlungsgebühren für einen Arbeitsplatz in Katar bezahlen zu können. Als ihre Löhne ausblieben, konnten sie kein Geld nach Hause schicken und die Kreditraten nicht mehr zahlen.

«Einige Familien waren gezwungen, Grundbesitz zu verkaufen oder ihre Kinder aus der Schule zu nehmen», erklärte Spöttl. Eine Vielzahl der Arbeitsmigranten sei «mittellos in Katar gestrandet, lebe in heruntergekommenen Quartieren ohne Gewissheit über ihre finanzielle Zukunft und ohne die Möglichkeit, wieder zu ihren Familien zurückzukehren». Da Mercury Mena für sie keine gültigen Aufenthaltsgenehmigungen beantragt habe, seien sie Repressionen der Behörden ausgesetzt.

Laut Amnesty gab der Geschäftsführer von Mercury Mena zu, dass Löhne angeblich aufgrund von unzuverlässigen Geschäftspartnern zu spät gezahlt worden seien, wies aber die Vorwürfe der Ausbeutung zurück.

Ende des «Kafala»-Systems angkündigt

Nach Berichten über die sklavenähnlichen Zustände auf den Grossbaustellen für die Fussball-WM 2022 hatte die Internationale Arbeitsorganisation ILO 2014 Untersuchungen eingeleitet. Auf internationalen Druck verkündete der Golfstaat später ein Ende seines umstrittenen «Kafala»-Systems, das ausländische Arbeitskräfte schutzlos ihren Vorgesetzten ausliefert.

Den 2,1 Millionen ausländischen Arbeitskräften im Land wurden Verträge und Mindestlohn versprochen. Amnesty forderte Katar nun auf, dringend Verbesserungen vorzunehmen.

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