«Et hätt noch immer jot jejange» - der 1. FC Köln hat das kölsche Grundgesetz erneut bestätigt. In der Relegation sichern sich die Rheinländer den Bundesliga-Verbleib. Das konnte den Geschäftsführer jedoch nicht retten.
Kölns Trainer Friedhelm Funkel (M.) bekam nach dem Klassenerhalt eine Bierdusche. Foto: Carmen Jaspersen/dpa
Kölns Trainer Friedhelm Funkel (M.) bekam nach dem Klassenerhalt eine Bierdusche. Foto: Carmen Jaspersen/dpa - dpa-infocom GmbH
Ad

Das Wichtigste in Kürze

  • Der rauschenden Party folgte Ernüchterung.

Nur einen Tag nach dem befreienden Jubel über den Klassenverbleib des 1. FC Köln verging Horst Heldt die Freude.

Ungeachtet des furiosen 5:1 (4:1) im zweiten Relegationsspiel gegen Holstein Kiel wurde der Geschäftsführer vom Tabellen-16. der Fussball-Bundesliga freigestellt. Damit zog der FC die Konsequenz aus einer Zittersaison.

Nach Einschätzung der Vereinsspitze ist «trotz des erreichten Klassenerhalts im sportlichen Bereich eine Neuausrichtung erforderlich», wie es am Abend in einer Mitteilung hiess. «Wir wissen, wie sehr er unseren Verein im Herzen trägt - entsprechend ist uns der Schritt nicht leichtgefallen. Aber wir können mit der Zusammenstellung des Kaders und der sportlichen Entwicklung in der abgelaufenen Saison nicht zufrieden sein», kommentierte FC-Präsident Werner Wolf die Trennung vom eigentlich bis 2023 gebundenen Heldt.

Heldt nicht überrascht

Ganz unerwartet kam dieser Schritt nicht. Bereits vor dem mit 0:1 verlorenen Relegations-Hinspiel hatte Heldt Fragen über einen angeblich drohenden Rauswurf mit einem süffisanten Lächeln beantwortet. «Ich war nicht überrascht. Es würde mich überraschen, wenn mich beim 1. FC Köln noch was überraschen würde», sagte er.

Zwei Kardinalfehler wurden dem ehemaligen FC-Profi, der im November 2019 als Manager nach Stationen in Stuttgart, Schalke und Hannover zu seinem Herzensclub zurückgekehrt war, in den vergangenen Monaten vorgeworfen. Zum einen das lange Festhalten an Trainer Markus Gisdol, der erst Mitte April gehen musste. Zum anderen die Tatsache, dass der FC in der Saison zwischenzeitlich keinen einzigen gelernten Stürmer mehr zur uneingeschränkten Verfügung hatte.

Interimslösung gefunden

Laut Verein werden zunächst Jörg Jakobs und Thomas Kessler die Aufgaben von Heldt interimsmässig übernehmen. Jakobs wird die strategische Ausrichtung des sportlichen Bereichs und die Kaderplanung verantworten. Kessler wird operativer Leiter der Lizenzspielerabteilung.

Immerhin traf Heldt mit dem Trainerwechsel zu Friedhelm Funkel noch eine glückliche Entscheidung. Und der Gisdol-Nachfolger genoss die am Ende erfolgreiche Rettungsmission in vollen Zügen. Den von einer Bierdusche verursachten unangenehmen Geruch in der Nase nahm der 67-Jährige gern in Kauf. Die Erleichterung, in der Saison-Verlängerung doch noch das Prädikat erstklassig behalten zu haben, war auch seinen Spielern anzumerken. «Es fällt unheimlich viel von einem ab. Wir haben bis zuletzt daran geglaubt, in der Liga zu bleiben», sagte Torwart Timo Horn.

Erst am letzten Spieltag hatten sich die Kölner durch das 1:0 gegen den FC Schalke 04 noch auf den Abstiegsrelegations-Platz 16 gerettet. Das 0:1 im Hinspiel in Köln nährte wieder Zweifel am Klassenverbleib. Das überzeugende 5:1 - auch dank des Doppelpacks des verletzungsgeplagten schwedischen Stürmers Sebastian Andersson - wischte diese Zweifel weg. «Irgendwie hat sich das durch die Saison gezogen: Immer wenn wir mit dem Rücken zur Wand standen, haben wir so Spiele abgeliefert wie heute», sagte der Kapitän und emotionale Leader Jonas Hector.

Retter Funkel wird wieder gehen. Er meldete sich am Sonntag in den Urlaub und ins Rentner-Dasein ab. Der Erfolg in Kiel war das Ende der knapp zweimonatigen Mission. «Diese sieben Wochen haben schon sehr, sehr viel Kraft gekostet, die ich aber gern investiert habe», sagte er. «Jetzt gehe ich in der Tat wieder zurück in meinen Ruhestand.»

Zurück lässt er einen Verein, der einiges ändern muss, um in der kommenden Saison nicht in eine ähnlich dramatische Lage wie in diesem Jahr zu geraten. Paragraf 3 des kölschen Grundgesetz «Et hätt noch immer jot jejange» muss nicht immer greifen. Auf Ebene der Verantwortlichen wurde bereits gehandelt. Sportchef Heldt muss gehen, sein Geschäftsführer-Kollege Alexander Wehrle wird mit dem VfB Stuttgart in Verbindung gebracht. Und der umstrittene Vorstand muss sich am 17. Juni den Mitgliedern stellen.

Umbruch im Kader

Im ehemaligen Paderborner Steffen Baumgart steht immerhin schon Funkels Nachfolger fest. Doch der Kader muss sich auch aus finanziellen Gründen noch aufstellen. Verkaufs-Kandidaten sind Abwehrchef Sebastiaan Bornauw, Mittelfeldspieler Ellyes Skhiri und U21-Nationalspieler Ismail Jakobs.

Die Leihspieler Marius Wolf (Borussia Dortmund) und Elvis Rexhbecaj (VfL Wolfsburg) werden wie Ex-Nationalspieler Max Meyer, Torwart Ron-Robert Zieler (Hannover 96) und der ablösefreie Salih Özcan wieder gehen. Zwar kommen einige verliehene Spieler zurück, ihre Chancen auf eine Weiterbeschäftigung sind aber gering. Als Neuzugang steht Mittelfeldspieler Dejan Ljubicic von Rapid Wien fest, nach Medienberichten soll auch Torhüter Marvin Schwäbe von Bröndby Kopenhagen kommen. Darüber hinaus steht der Schalker Mark Uth offenbar vor einer Rückkehr zum FC.

Bei den Kielern steht womöglich ebenfalls ein Umbruch an. Denn ob die Sitzenbleiber der Herzen auch weiter mit Trainer Ole Werner planen können, liess der 33-Jährige selbst offen. «Man wird sich in ein, zwei Tagen zusammensetzen, die Saison Revue passieren lassen, auch einen Ausblick geben, was der Verein in der nächsten Saison vorhat, was ich vorhabe», sagte er. Zu tief sass die Enttäuschung über das unglückliche Ende der besten Saison in der Vereinsgeschichte.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

VfB StuttgartBundesliga1. FC KölnSchalkeTrainerRentnerWolfLiga