Debatte um Wertewandel: Fans erhöhen Druck auf DFB und DFL
Nicht irgendwann im Herbst, sondern unmittelbar nach der am Wochenende endenden Bundesligasaison wollen Fans Veränderungen im Fussball auf den Weg bringen. Die Sommerpause soll zu einem Wendepunkt werden. Die Anhänger haben schon recht konkrete Vorstellungen.

Das Wichtigste in Kürze
- Die Debatte um einen Wertewandel im deutschen Fussball geht weiter.
- Der Druck auf den DFB und die DFL wächst an.
Für die Fan-Szenen gibt es im deutschen Profifussball kein Weiter so. Zahlreiche Organisationen haben sich zu einem Bündnis «Unser Fussball» zusammengeschlossen und erhöhen den Druck auf DFL, DFB und die Clubs in der Debatte um einen Wertewandel im Bundesliga-Geschäft.
«Wir wollen nicht zurück zu einem kaputten System. Wir fordern Vereine und Verbände auf, vor dem Beginn der kommenden Saison zu handeln», heisst es in einem am Mittwoch veröffentlichten Aufruf. Die Fans fordern «einen glaubhaften Grundsatzbeschluss sowie die Einleitung konkreter Reformen».
Erstunterzeichner sind die grossen bundesweiten Fanorganisationen wie «Unsere Kurve», «ProFans», «Bündnis Aktiver Fussballfans (BAFF)», «FC PlayFair!» und «Netzwerk Frauen im Fussball» sowie etwa 1000 Fanclubs und -Gruppierungen - darunter auch zahlreiche Ultras. «Unser Fussball» sucht weitere Unterstützer und will die komplette Unterschriftenliste nach Saisonende der Deutschen Fussball Liga (DFL) und dem Deutschen Fussball-Bund (DFB) übergeben.
«Wir müssen die aktuelle Krise als Chance begreifen, um den Fussball grundlegend neu zu gestalten. Die Sommerpause muss zu einem Wendepunkt werden. Verbände und Vereine sind aufgefordert zu handeln und den Fussball neu aufzustellen: basisnah, nachhaltig und zeitgemäss», erklärt Manuel Gaber als Sprecher von «Unser Fussball». «Statt sich immer weiter von seiner Basis zu entfernen, müssen Fans als elementarer Bestandteil des Fussballs anerkannt werden», fordert das Bündnis.
DFL verschliesst sich Grundsatzdebatte nicht
Die DFL als Dachorganisation der 36 Proficlubs hat sich einer Grundsatzdebatte nicht verschlossen, legte zunächst aber einmal all ihre Konzentration darauf, den Geisterspiel-Betrieb durchzubekommen. Geschäftsführer Christian Seifert versprach, im Herbst eine Taskforce «Zukunft Profifussball» einzusetzen - doch den Anhängern ist das zu spät.
«Wir wollen nicht einfach nur irgendwie durch die Krise kommen und dann weitermachen wie bisher», hatte Seifert versprochen. «Wir werden ganz bestimmt aus dieser Situation einiges mitnehmen und uns sehr wohl Gedanken machen, wie künftig das wirtschaftliche, vielleicht aber auch das Wertefundament der Bundesliga aussehen kann.»
Die Fans haben da schon recht konkrete Vorstellungen: «Unser Fussball zeichnet sich durch eine gleichmässigere Verteilung der TV-Gelder, die Einführung eines nationalen Financial Fairplays und die eindeutige Begrenzung von Investoreneinflüssen aus», erklärt das neue Bündnis.
Ihr Fussball setze sich konsequent gegen Diskriminierung ein und bekämpfe Korruption ernsthaft. Und: «Als gesellschaftliches Vorbild handelt unser Fussball sozial nachhaltig und wird seiner ökologischen Verantwortung gerecht. Kurzfristiges Denken und schlechtes Wirtschaften müssen der Vergangenheit angehören.»
Helen Breit: Stimme kann nicht ignoriert werden
Helen Breit, Vorsitzende der bundesweiten Fanorganisation «Unsere Kurve», erklärt: «Alle, die diese Erklärung unterzeichnen, machen deutlich: Wir sprechen mit einer gemeinsamen Stimme, die nicht ignoriert werden kann.»
Gegen Spiele ohne Zuschauer hatte es zunächst heftigen Widerstand aus den Fan-Szenen gegeben, angesichts der wirtschaftlichen Probleme der Vereine akzeptierten viele Anhänger zähneknirschend die Geisterspiele.
«Der Profifussball ist längst krank genug und gehört weiterhin in Quarantäne», hiess es damals in einer über die Ultra-Gruppen der Vereine verbreiteten Erklärung. Vor allem viele Ultras lehnen Geisterspiele nach wie vor strikt ab. Auch in der neuen Spielzeit müssen die Fans befürchten, zunächst aus den Stadien ausgeschlossen zu werden.