«Club-WM? Irgendwann ist auch der grösste Tank leer!»
32 Teams spielen an der Club-WM um den nächsten grossen Titel. Ein toller Wettbewerb – oder eine unnötige Zusatzbelastung? Bei Nau.ch ist man sich nicht einig.

Das Wichtigste in Kürze
- In den USA steigt in den nächsten Wochen die neu konzipierte Club-WM.
- Die zusätzliche Belastung führt auch zu kritischen Stimmen.
An diesem Wochenende startet die Club-WM – und zwar in einem neuen Format: 32 Teams aus aller Welt kämpfen in den USA um den Titel. Das Turnier ist nicht unumstritten, zudem scheint die Nachfrage nach Tickets beschränkt zu sein.
Auch auf der Nau.ch-Sportredaktion gehen die Meinungen zum neuen «Mega-Event» der Fifa auseinander.
Christoph Böhlen, Sportchef
«Ich weiss gar nicht, wo ich anfangen soll ...
Ist es wirklich nötig, den Fussball-Kalender noch mehr aufzublasen? Eben erst endeten die nationalen Meisterschaften und die Europapokal-Wettbewerbe.
Gleich im Anschluss folgt das Final-Turnier der Nations League, der Länderspiel-Termin mit WM-Quali und Testpartien. Und jetzt geht es mit der Club-WM ungebremst weiter.

Einerseits ist da die Belastung der Spieler. Klar, kassieren die Profis Schmerzensgelder in Form eines Mega-Gehalts.
Doch irgendwann, nach 60 oder gar 70 Spielen, ist auch der grösste Tank leer. Und die Verletzungsanfälligkeit steigt. Sogar Nati-Star Manuel Akanji, der mit ManCity in den USA am Start ist, sagt: ‹Wir hätten gern Ferien und Zeit, unsere Körper zu erholen!›

Pausen sind kaum mehr vorhanden. Nach dem Turnier wartet schon wieder die Vorbereitung auf die neue Saison. Und die startet zeitnah, denn: Bereits im nächsten Sommer steht die WM 2026 auf dem Programm.
Kommt hinzu: Die Club-WM wirft ihren Schatten auch auf andere Wettbewerbe: An der U21-EM werden die Nationaltrainer nicht alle Teamstützen am Start haben. Die werden, wie Bayern-Neuzugang Tom Bischof, in den Clubs gebraucht.
Und dann überlappt sich das Turnier auch noch mit der WEURO 2025 in der Schweiz. Dabei würde diese die öffentliche Aufmerksamkeit dringender benötigen.

Aber ja, das liebe Geld! Eine Milliarde US-Dollar schüttet die Fifa an die Teilnehmernationen aus. Der Sieger alleine kassiert 125 Millionen – kein Wunder, wird damit jede Boykott-Überlegung der eingeladenen Clubs im Keim erstickt.
Und zu guter Letzt: Ist die Fussball-Zitrone nicht irgendwann mal ausgepresst? Darf es nicht auch mal ein paar Wochen Pause geben? Und zwar nicht nur für die Spieler – sondern auch für die Fans. Irgendwann ist doch auch einmal gut ...»

Mathias Kainz, Sport-Redaktor
«Ich bin selbst ein knallharter Verfechter von ‹Es gibt auch zu viel von dem, was ich mag›. Das erlebe ich als Formel-1-Liebhaber mit 24 Rennen plus Sprints. Und in der MotoGP mit 22 Rennwochenenden, jeweils mit GP und Sprintrennen.
Und ich verstehe auch, dass es für viele Fussball-Fans mittlerweile zu viel Fussball ist. Von den Spielern ganz zu schweigen, die inzwischen praktisch jede Woche auf dem Platz stehen.
Und trotzdem kann ich mir die Vorfreude auf die Club-WM nicht verkneifen!

Das hat für mich zwei Gründe. Der erste ist simpel: Ich liebe interkontinentale Duelle! Da schlägt das Fussball-Puristen-Herz in mir höher.
Ich freue mich ungemein auf Duelle zwischen Clubs mit enormer Fussball-Tradition. Boca Juniors gegen Benfica? Inter Mailand gegen River Plate? Das sind Kracher-Partien, die nur eine Club-WM zustande bringt.

Der andere Grund ist – kurioserweise – die Fussball-Übersättigung namens Champions League. Mir gefällt der komprimierte Kalender der Club-WM besser als das ewig in die Länge gezogene Königsklassen-Geplänkel.
Ein Monat, die besten Teams der Welt, und am Ende gewinnt Real Madrid. Wofür braucht man da noch die Champions League?
Ich habe vollstes Verständnis, dass die Club-WM vielen nicht gefällt. Es gibt mehr gute Argumente dagegen als dafür. Aber aus rein fussballerischer Sicht freue ich mich auf ein paar Leckerbissen.»
