Valentina Achermann (SP): Braucht es mehr Party in der Politik?

Matthias Bärlocher
Matthias Bärlocher

Bern,

Valentina Achermann wird im Grossen Rat eine der Jüngsten sein. Im Interview räumt sie ein: Manchmal muss sie einen Gang runterschalten.

Valentina Achermann Grosser Rat
Regierungsrat Pierre Alain Schnegg spricht im bernischen Kantonsparlament, dem Grossen Rat, im Rathaus in Bern. Bald wird hier auch Valentina Achermann (SP) Platz nehmen. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Valentina Achermann (SP) rückt als Berner Grossrätin nach für Nicola von Greyerz.
  • Die Psychologin will sich unter anderem für Gewaltopfer einsetzen.

Valentina Achermann sitzt seit 2021 für die SP im Berner Stadtrat. 2024 war sie mit 29 Jahren die jüngste Stadtratspräsidentin der Geschichte.

Sie arbeitet als Psychologin für Kinder- und Jugendliche im Ambulatorium für Folter- und Kriegsopfer des Schweizerischen Roten Kreuzes.

Achermann rückt per 1. September nach als Grossrätin anstelle von Nicola von Greyerz, die zurücktritt. Von Greyerz sass seit 2014 im Kantonsparlament.

Valentina Achermann
Valentina Achermann (SP) wird ab September auch im Grossen Rat sitzen. - Facebook/@valentina.achermann

BärnerBär: Eben gerade noch die jüngste Berner Stadtratspräsidentin, jetzt bereits Grossrätin: Sie sagen selbst, alles gehe schnell in Ihrem Leben. Ist es manchmal auch zu schnell, oder können Sie das Tempo positiv ummünzen als positiver Stress?

Valentina Achermann: Es wäre wohl etwas romantisierend, wenn ich sagen würde, das wäre nur «Eustress». Natürlich gibt es positive Seiten an dieser Dynamik – ich darf gestalten, mitanpacken und mich mit Themen befassen, die mich wirklich bewegen.

Das gibt mir Energie. Aber wenn man so ist wie ich, dann muss man sich immer wieder vornehmen, einen Gang herunterzuschalten. Manchmal gelingt es, manchmal scheitert es. Diese Spannung ist Teil meines Alltags – und ich habe gelernt, damit umzugehen.

René Maeder Mikrovone
Diese Mikrofone im Berner Rathaus warten nun darauf, dass sich auch Neo-Grossrätin Valentina Achermann zu Wort meldet. - keystone

BärnerBär: Was haben Sie sich für Ziele gesetzt im Grossen Rat?

Valentina Achermann: Meine Ziele im Grossen Rat sind politisch-inhaltlich ausgerichtet. Besonders wichtig ist mir, dass die psychotherapeutische Versorgung gestärkt wird. Viele Menschen warten heute monatelang auf psychotherapeutische Unterstützung, besonders Kinder und Jugendliche. Der Kanton muss dafür sorgen, dass genügend Therapieplätze zur Verfügung stehen und die Ausbildung von Fachpersonen gezielt gefördert wird.

Ein zweiter Schwerpunkt ist eine diskriminierungssensiblere Sicherheitspolitik: mit einer unabhängigen Beschwerdestelle, regelmässigen Schulungen zu sexualisierter Gewalt und einer systematischen Erfassung von Polizeikontrollen gegen Racial Profiling.

Und drittens: eine menschliche Asylpolitik. Keine unterirdischen Unterkünfte, kindgerechte Bedingungen in Rückkehrzentren und ein gesicherter Zugang zu Bildung, qualifizierter Arbeit und psychologischer Betreuung.

Valentina Achermann Stadtratspräsidentin
2024 war Valentina Achermann Stadtratspräsidentin – als Jüngste aller Zeiten. - zvg / David Fürst

BärnerBär: Sie sind auch im Grossen Rat eine der Jüngsten, aber es gibt immerhin etwa zwei Dutzend Parlamentsmitglieder in ihrem Alter. Ist es für Sie eigentlich einfacher, mit diesen zusammenzuarbeiten, auch über Parteigrenzen hinweg?

Valentina Achermann: Ich bezweifle, dass das Alter an sich entscheidend ist. Eine gewisse Nähe kann entstehen, wenn ähnliche Erfahrungen gemacht wurden oder eine gemeinsame Betroffenheit besteht, etwa durch die Klimakrise. Oft hängt das aber eher mit der Sozialisation als mit dem Alter selbst zusammen. Die Verjüngung im Parlament begrüsse ich aus demokratiepolitischer Sicht sehr. Sie trägt dazu bei, dass die Anliegen junger Menschen stärker vertreten sind und in politische Entscheidungen einfliessen.

Valentina Achermann Party Ausgang
Auftanken im Ausgang: Valentina Achermann in der SRF-Sendung «We, Myself & Why». - Screenshot SRF

BärnerBär: Sie tanken Energie, indem Sie die ganze Nacht durchtanzen. Aber je mehr Ämter Sie haben, desto weniger Zeit bleibt für Party. Oder braucht es einfach mehr Party in der Politik?

Valentina Achermann: Da ist schon genug Party – allein die Zahl der Apéros reicht dafür völlig. Für mich ist es wichtig, neben der Arbeit auch das Privatleben bewusst zu priorisieren. Ich glaube nicht, dass politische Entscheidungen besser werden, wenn Menschen konstant überarbeitet sind. Im Gegenteil: Es ist erwiesen, dass Erholung, soziale Kontakte und gesunde Abgrenzung die Qualität von Entscheidungen verbessern.

Ich tanke Energie im Zusammensein mit anderen, nicht in der völligen Ruhe. Und genau diese Energie brauche ich auch für die politische Arbeit.

Bären Türfalle Grosser Rat
Der Bär als Türöffner: Die Türgriffe zum Sitzungssaal des Berner Grossrates sind mit Bären verziert. Diese sitzen auf der Seite des Sitzungssaals und stehen oder gehen auf der Seite der Wand - keystone

BärnerBär: Machen wir zum Schluss noch eine Prognose: Nächstes Jahr werden Sie als Bisherige wiedergewählt und werden dann bald mal Grossratspräsidentin?

Valentina Achermann: (lacht) Ich würde mich natürlich über eine Wiederwahl freuen. Mit dem Amt der Grossratspräsidentin habe ich mich noch überhaupt nicht auseinandergesetzt.

Das Jahr als Stadtratspräsidentin hat mir sehr gefallen, aber jetzt freue ich mich, wieder stärker politisch mitarbeiten zu können. Inhalte setzen, Positionen vertreten – das hat mir gefehlt. Aber wer weiss, was noch kommt.

Nachgerückt

Der BärnerBär stellt die neuen Mitglieder im Grossen Rat vor, die über den Sommer für ihre zurücktretenden Partei-Gschpänli nachrücken. Bereits erschienen ist:
Hotelier René Maeder: Mit 71 erstmals Grossrat
Der Adelbodner Gemeindeobmann Willy Schranz (EDU)

Kommentare

User #3937 (nicht angemeldet)

Und was hat jetzt das mit Volksvertretung zu tun? Miete, KK, AHV, Steuersenkung für alle?

User #5384 (nicht angemeldet)

Wir brauchen mehr solche Politiker im Format einer Ursula von der Leyen - haben jetzt gesehen was sie für die arbeitende europäische Bevölkerung bringen

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