Grosser Rat schlägt weitere Pflöcke im Sozialhilfegesetz ein

Keystone-SDA Regional
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Bern,

Der Grosse Rat beschliesst Bezahlkarten für Asylsozialhilfe und Lockerungen im Datenschutz, verschiebt aber das Selbstbehalt-Modell zur Überarbeitung.

Bezahlkarte
Die Bezahlkarten gehen auf einen 2024 vom Grossen Rat überwiesenen Vorstoss aus den Reihen der SVP zurück. (Symbolbild) - dpa

Der bernische Grosse Rat hat am Montag die Debatten zur Revision des Sozialhilfegesetzes fortgeführt. Er beschloss gewisse Lockerungen im Datenschutz und legte die gesetzliche Grundlage zur Einführung von Bezahlkarten in der Asylsozialhilfe.

Die Bezahlkarten gehen auf einen 2024 vom Grossen Rat überwiesenen Vorstoss aus den Reihen der SVP zurück. Die Befürworter wollen mit der Karte verhindern, dass Asylsuchende Bargeld aus der Sozialhilfe in ihre Heimatländer verschieben. Oft würden Asylsuchende gezwungen, Geld an politische oder religiöse Organisationen oder Schlepperbanden zu zahlen. Mit den Karten könne dies unterbunden werden, so die Kartenbefürworter.

Die rot-Grüne Ratsminderheit wehrte sich vehement gegen die Bezahlkarte, die Menschen in einer ohnehin schwierigen Lage noch mehr stigmatisiere und diskriminiere. 82 Grossratsmitglieder stimmten für die gesetzliche Grundlage, 64 dagegen, drei enthielten sich der Stimme.

Bezahlkarten beschlossen

Ein heisses Eisen der Revision des Sozialhilfegesetzes wird noch etwas weiter geschmiedet: der Selbstbehalt für die Gemeinden. Der Rat wies die Passage im Sozialhilfegesetz zur Überarbeitung zurück. Das vom Regierungsrat vorgeschlagene Modell sei nicht ausgereift und wenig transparent, so der Tenor.

Das Selbstbehalt-Modell sieht vor, dass Gemeinden – trotz eines grundsätzlich solidarischen Kostenverteilers – einen Teil ihrer Sozialhilfekosten selbst tragen.

Dieser Selbstbehalt soll dann an die Gesamtheit der Gemeinden zurückerstattet werden. Dabei sollen die individuellen Soziallasten einer Gemeinde berücksichtigt werden. Konkret heisst das: Wer sparsamer arbeitet, erhält mehr Geld zurück.

Selbstbehalt-Modell verschoben

Die Befürworter des neuen Modells erhoffen sich von dem Selbstbehalt einen stärkeren Anreiz für die Gemeinden, die Kosten der Sozialhilfe zu senken.

Im Rat hagelte es am Montag jedoch vor allem Kritik. Die Gemeinden könnten viele der anfallenden Kosten in der Sozialhilfe gar nicht beeinflussen, betonte etwa Melanie Gasser (GLP).

Eine Gemeinde habe keinen Einfluss etwa auf hohe Mieten in ihrer Region, auf die Anzahl Asylsuchenden oder Arbeitslose, doppelte Hans Marti (Mitte) nach. Es brauche eine Lösung, bei der die Gemeinden auch wirklich durch ihre gute Arbeit etwas verändern könnten, sagte Gasser.

Kritik am Selbstbehalt

Der Selbstbehalt sei «schädlich, aufwändig und willkürlich», betonte Seraina Patzen (Grüne). Das Modell stärke nicht das System, sondern bestrafe die Schwächsten, doppelte Samantha Dunning (SP) nach.

Der Rat entschied sich schliesslich klar mit 146 zu 7 Stimmen bei 2 Enthaltungen, die entsprechenden Gesetzesartikel zur Überarbeitung bis zur zweiten Lesung an den Regierungsrat zurückzuschicken.

Schliesslich beschloss der Grosse Rat auch Lockerungen zur Beschaffung von Daten in der Sozialhilfe. Umstritten war etwa die Frage, wer gegenüber den Sozialbehörden verpflichtet ist, Personendaten bekannt zu geben.

Datenschutz gelockert

Eine Ratsminderheit versuchte zu verhindern, dass dies unter anderem auch durch Arbeitgebende, Privatversicherungen, Banken oder Vermietende geschehen kann.

Das Gesetz schaffe ein Klima des Misstrauens gegenüber Armutsbetroffenen, kritisierte die Ratslinke. Eine saubere Datenabklärung sei im Interesse der Betroffenen, hielten die Befürworter entgegen. Am Ende wurden die Lockerungen im Datenschutz mehrheitlich angenommen.

Das Kantonsparlament wird am Dienstag die Debatte zur Revision des Sozialhilfegesetzes weiterführen.

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