Begabtenförderung der Stadt Bern völlig ausgebucht
Die Situation beim Programm BeKuBe für hochbegabte Kinder sei akut, sagt GFL-Stadträtin Tanja Miljanović. Nun brauche es mehr Geld.

Das Wichtigste in Kürze
- Die Kurse für hochbegabte Kinder der Stadt Bern stossen an Grenzen.
- Es sind mehr als doppelt so viele Kinder zugelassen wie vor 10 Jahren.
- GFL-Stadträtin Tanja Miljanović ist mit den Antworten der Stadt nicht zufrieden.
Die Begabtenkurse Bern (BeKuBe) versteht man auch, wenn man selber nicht hochbegabt ist: Kinder, die einen IQ von über 130 haben, dürfen daran teilnehmen.
Statt auf Einzelkurse in Schach oder Mathematik setzt Bern seit 2015 auf einen integrativen Ansatz. Kinder werden etwa in ihren sozialen Kompetenzen gefördert oder entwickeln eigene Projekte, besuchen daneben aber den Regelunterricht.

Klingt gut, ist es auch: Eltern und Kinder schätzen das Programm, eines der Angebote hat sogar einen Preis gewonnen.
Doch nun stosse die Umsetzung an Grenzen, schreibt der Gemeinderat: «Für das laufende Schuljahr ist das Angebot bereits vollständig ausgebucht.»
Doppelt so viele Kinder, überlastete Lehrpersonen
«Die Situation im BeKuBe ist akut», sagt deshalb GFL-Stadträtin Tanja Miljanović. Sie hat zusammen mit Stadträtinnen und Stadträten aus AL, SP, Mitte und SVP einen Vorstoss eingereicht.
Sie wollte vom Gemeinderat wissen, was er zu tun gedenke und was die Kosten von verschiedenen Varianten wären.

Es gehe nun schon seit einigen Jahren so: «Die Lehrpersonen sind überlastet, Spezialistinnen können nur noch ein Mal pro Semester eingeladen werden und auch Material fehlt.»
Früher habe man Spezialistinnen und Spezialisten mindestens einmal pro Semester für ein Projekt einladen können – pro Kind. Aktuell könne man nur einmal pro Semester für die ganze Klasse einladen.
Mehr Kinder, gleich viele Lektionen: Rechne!
Bei der grundsätzlichen Ursache der BeKuBe-Engpässe sind sich Miljanović und der Gemeinderat einig. Wie viele Lektionen für Hochbegabte pro Jahr und Gemeinde zur Verfügung stehen, entscheidet der Kanton. Nur waren es vor zehn Jahren 82 Kinder, heute rund 200.
Das entspricht ziemlich genau dem zu erwartenden Anteil Hochbegabter in der Bevölkerung. Die Anzahl Lektionen verharrt aber bei 142 – also nicht einmal einer Lektion pro Kind.

Einig in der Analyse, aber nicht in der Schlussfolgerung, findet die GFL-Stadträtin, denn: Mit dem Verweis auf den Kanton ziehe sich die Stadt Bern in der Interpellations-Antwort sehr stark aus der Verantwortung. Es seien ja nicht fiktive kantonale Schülerinnen und Schüler betroffen, sondern solche aus der Stadt Bern.
«Kinder mit Hochbegabung werden nicht ernst genommen»
Ihrer Meinung nach sollte die Stadt dringlich beim Kanton vorstellig werden. Und sie solle selbst Geld für mehr BeKuBe-Lektionen bereits für das Schuljahr 2026/27 reservieren.
Gerade ihre Frage nach den benötigten finanziellen Mitteln sei aber gar nicht inhaltlich beantwortet worden. Zudem sei die Antwort des Gemeinderates auch erst just nach der Budgetdebatte erschienen.

Möglicherweise sei vielen Menschen nicht bewusst, dass der Leidensdruck von hochbegabten Kindern genauso gross sei wie bei anderen Diagnosen. «Hochbegabung wird meistens einfach mit schnellen oder ‹guten Schülern› gleichgesetzt. Das ist natürlich völlig falsch», betont Tanja Miljanović.
Es sei unerträglich: «Noch immer werden Kinder mit der Diagnose Hochbegabung nicht gleich ernst genommen wie Kinder mit ADHS, Lernschwäche oder Legasthenie.» Das sei eine «vorsintflutliche und pseudo-antielitäre Haltung».
Sie fühle sich an die Schliessung der zweisprachigen Klassen, der «Classes bilingues» (ClaBi), erinnert. Dort habe es einen riesigen Aufschrei gegeben – «obwohl nur halb so viele Kinder betroffen sind».
Es sei dringend nötig, zu handeln, warnt Miljanović: «Denn das BeKuBe geht auf dem Zahnfleisch.»