Waffenruhe zwischen Thailand und Kambodscha hält bislang
Die zwischen Thailand und Kambodscha nach wochenlangen Gefechten vereinbarte Waffenruhe hält den zweiten Tag in Folge. Laut einer Sprecherin des kambodschanischen Verteidigungsministeriums ist die Lage entlang der Grenze zwischen den zwei südostasiatischen Staaten seit Samstagmittag Ortszeit ruhig geblieben.

Am Vortag unterzeichneten die Verteidigungsminister Thailands und Kambodschas eine Vereinbarung, die «alle Arten von Waffen, Angriffe auf Zivilisten, zivile Objekte und Infrastruktur sowie militärische Ziele beider Seiten – in sämtlichen Fällen und in allen Gebieten» untersagt. Mit der Vereinbarung sind die knapp drei Wochen anhaltende Gefechte zu einem Stillstand gekommen. Seit Anfang Dezember kamen mehr als 100 Menschen bei den Kämpfen ums Leben, über eine halbe Million Anwohner auf beiden Seiten wurden zudem in die Flucht getrieben.
International erhielten die zwei Staaten Anerkennung für die Einstellung der Gefechte. «Der Waffenstillstand zwischen Thailand und Kambodscha macht Hoffnung», kommentierte Deutschlands Aussenminister Johann Wadephul auf X. Nun gehe es darum, dass beide Seiten die Vereinbarung konsequent einhalten, so Wadephul weiter.
Zu diesem Zweck hat sich unlängst auch die chinesische Regierung eingeschaltet. So lud Aussenminister Wang Yi seine zwei Amtskollegen aus Thailand und Kambodscha zu einem Treffen in der südwestchinesischen Provinz Yunnan ein, wo sich die Spitzendiplomaten am Sonntag und Montag zu Gesprächen treffen. An den Beratungen sollen auch Vertreter der Streitkräfte Chinas, Thailands und Kambodschas teilnehmen. Ziel sei es, die vereinbarte Waffenruhe zu festigen, den Austausch wieder aufzunehmen und politisches Vertrauen zwischen den beiden Nachbarstaaten aufzubauen. China wolle dafür eine Plattform bieten und nach eigenen Angaben eine konstruktive Rolle bei der Stabilisierung der bilateralen Beziehungen spielen.
Die Waffenruhe soll die ersten 72 Stunden lang internationale überwacht und beobachtet werden, ehe dann am Dienstag Thailand insgesamt 18 kambodschanische Kriegsgefangenen freilassen soll. Thailands Aussenministerium sprach in diesem Zusammenhang von einer Demonstration des guten Willens. Die Einhaltung einer dauerhaften Waffenruhe sollen bilaterale «Grenz-Koordinierungseinheiten» unter Beobachtung eines Teams der südostasiatischen Staatengemeinschaft Asean gewähren, hiess es weiter in der gemeinsamen Erklärung.
Hintergrund der Feindseligkeiten ist ein jahrzehntelanger Streit um Gebietsansprüche. Bereits im Juli war es zu schweren Gefechten mit zahlreichen Toten gekommen; nach einigen Tagen wurde eine Waffenruhe vereinbart. Doch im November wurde die Feuerpause nach einem neuerlichen Grenzvorfall ausgesetzt. Seit dem 7. Dezember verschärfte sich die Lage, und nach einem Grenzscharmützel kam es zu neuen Kampfhandlungen an mehreren Stellen der 800 Kilometer langen Grenze. Beide Seiten warfen sich gegenseitig vor, für die Eskalation verantwortlich zu sein.
Hunderttausende Menschen wurden auf beiden Seiten der Grenze vertrieben. Über 100 Personen kamen bei den Gefechten ums Leben, darunter auch mehrere Dutzend Zivilisten. Eine genaue Zahl ist unbekannt, Kambodscha machte zunächst keine Angaben über gefallene Soldaten.
Der Konflikt der beiden Länder schwelt bereits seit Jahrzehnten und reicht bis in die Kolonialzeit im 19. Jahrhundert zurück. Einige der damals von der Kolonialmacht Frankreich willkürlich gezogenen Grenzen sorgen bis heute für Streit.
Im Zentrum des Konflikts steht der Tempel Preah Vihear, ein Bauwerk aus der Zeit des Khmer-Reiches. Zwar entschied der Internationale Gerichtshof 1962, dass der Tempel zu Kambodscha gehört. Dennoch hat auch Thailand immer wieder territorialen Anspruch auf den Tempel und das umliegende Grenzgebiet erhoben.
Gleichzeitig wird der Konflikt zwischen den zwei Staaten auch durch innenpolitische Interessen und einem zunehmenden Nationalismus angeheizt. Politiker auf beiden Seiten nutzen die Gefechte, um ihren eigenen Rückhalt zu festigen.
Die Bevölkerungen in Kambodscha und Thailand sind beide mehrheitlich buddhistisch geprägt. In Thailand leben knapp 72 Millionen Menschen, in Kambodscha zwischen 17 und 18 Millionen. Auch wirtschaftlich besteht zwischen den zwei Staaten ein deutliches Ungleichgewicht: Das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf ist in Thailand mehr als zweieinhalbmal so hoch wie in Kambodscha.






