Nach der Einigung zwischen Militärrat und Protestbewegung im Sudan über eine Regierung sind dort mehrere Menschen durch Schüsse getötet worden.
Demonstranten in Khartum
Demonstranten in Khartum - AFP
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Das Wichtigste in Kürze

  • Offizier und Demonstranten durch Schüsse getötet.

Nach Angaben des Rats vom Montag wurden zwei Menschen erschossen, ein den Demonstranten nahestehendes Ärztekomitee meldete vier weitere Tote. Zuvor hatten sich beide Seiten darauf geeinigt, dass anstelle des Militärs ein neu gebildeter Regierungsrat das Land vorübergehend führen soll.

Nach Armeeangaben starben ein Demonstrant und ein Offizier durch Schüsse vor dem Militärhauptquartier in der Hauptstadt Khartum. Dort protestieren seit Wochen Tausende Menschen für eine zivile Regierung. Das Ärztekomitee sprach von vier weiteren getöteten Protestteilnehmern. Ob sie ebenfalls vor dem Armeehauptquartier erschossen wurden, war zunächst unklar.

Zum den Details der Tat gab es unterschiedliche Angaben. Bei einer Pressekonferenz am späten Abend erklärte der Militärrat, einige Bewaffnete hätten sich heimlich unter die Demonstranten gemischt. Vertreter der Protestbewegung sagten dagegen, Mitglieder einer Miliz, die dem gestürzten Regime des langjährigen Staatschefs Omar al-Baschir nahe stehe, hätten durch Schüsse «den Durchbruch bei den Verhandlungen stören» wollen.

Wenige Stunden zuvor hatten Militärs und Demonstranten eine Einigung im Streit um die Übergangsregierung des Landes bekanntgegeben. Als neues Gremium solle ein Rat aus «militärischen und zivilen Vertretern» gebildet werden, sagte ein Sprecher der Protestbewegung der Nachrichtenagentur AFP. Der Militärrat bestätigte die Einigung «auf allen drei Stufen - Herrscher, Exekutive und Legislative».

Nachdem die Gespräche über die künftige Machtverteilung im Sudan zunächst festgefahren waren, einigten sich beide Seiten demnach ausserdem auf ein Kabinett und eine gesetzgebende Körperschaft. Am Dienstag werde über die Dauer der Übergangsphase und die genaue Zusammensetzung des Rats beraten, hiess es weiter. Während das Militär eine zweijährige Frist anstrebt, fordern die Demonstranten eine Dauer von vier Jahren.

Bereits vor dem Verhandlungsdurchbruch hatte das Büro der Generalstaatsanwaltschaft mitgeteilt, al-Baschir «und andere» seien der «Anstiftung zur und Beteiligung an der Ermordung von Demonstranten» beschuldigt worden. Die Anklagen wurden demnach im Zuge von Ermittlungen nach dem Tod eines Arztes während Protesten in Khartum erhoben. Der Generalstaatsanwalt empfahl, die «Untersuchungen der Morde an anderen Demonstranten» zu beschleunigen. Seit Beginn der Demonstrationen sollen nach Oppositionsangaben 90 Menschen durch Sicherheitskräfte getötet worden. Die sudanesischen Behörden beziffern die Zahl der Toten hingegen auf 65.

Al-Baschir befindet sich derzeit in einem Gefängnis in Khartum. Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag hatte schon vor Jahren einen Haftbefehl gegen ihn wegen Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermordes in Darfur erlassen. Der amtierende Militärrat weigerte sich jedoch, al-Baschir auszuliefern. Er will die Entscheidung einer gewählten Zivilregierung überlassen.

Unterdessen korrigierte der Militärrat seine Angaben zum Aufenthaltsort von al-Baschirs Bruder Abbas. Im April hatte es geheissen, mit Abdallah und Abbas seien zwei der fünf Brüder des früheren Herrschers verhaftet worden. Am frühen Dienstagmorgen teilte ein Armeesprecher nun mit, die Angaben seien «nicht korrekt» gewesen. Tatsächlich sei nur Abdallah al-Baschir in Haft, Abbas al-Baschir hatte sich in einem Nachbarland auf, das sich weigere, ihn in den Sudan auszuliefern. Nach Medienberichten soll es sich um die Türkei handeln.

Die Armee hatte den drei Jahrzehnte lang autoritär herrschenden Staatschef al-Baschir nach monatelangen Massenprotesten am 11. April gestürzt. Für eine Übergangszeit von zwei Jahren wurde zunächst ein Militärrat eingesetzt - die Protestbewegung sah in diesem Gremium jedoch eine Fortsetzung der Regierung al-Baschirs.

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