Lambrecht gibt nach Dauer-Kritik auf - Scholz will Nachfolge rasch klären
Nach nur 13 Monaten im Amt hat Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) ihren Rücktritt erklärt.

Das Wichtigste in Kürze
- Kanzler: Habe «klare Vorstellung» über Neubesetzung.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will die Nachfolge nach eigenen Worten «sehr schnell» klären, nannte am Montag aber noch keinen Namen. Dem erwarteten Rückzug der SPD-Politikerin waren massive Kritik an ihrer Amtsführung und ein rapider Ansehensverlust in der Öffentlichkeit vorangegangen.
Lambrecht gab ihre Entscheidung in einer kurzen schriftlichen Erklärung bekannt, in der sie das Eingeständnis eigener Fehler vermied. Als Grund für den Rücktritt nannte sie die «monatelange mediale Fokussierung auf meine Person», die eine sachliche Arbeit kaum mehr zugelassen habe.
«Die wertvolle Arbeit der Soldatinnen und Soldaten und der vielen motivierten Menschen im Geschäftsbereich muss im Vordergrund stehen», schrieb Lambrecht. «Ich habe mich deshalb entschieden, mein Amt zur Verfügung zu stellen.»
Kanzler Scholz sagte bei einem Besuch in Ulm, er habe «eine klare Vorstellung» von der Neubesetzung des wichtigen Ministeriums, «und das wird sehr schnell für alle bekannt werden». Der Spielraum des Kanzlers bei der Neubesetzung des Ministeramts, das traditionell als eines der schwierigsten im Kabinett gilt, könnte durch Vorfestlegungen bei der Geschlechterparität begrenzt sein. «Dem Bundeskanzler ist es wichtig, dass das Kabinett paritätisch besetzt ist», sagte Vizeregierungssprecherin Christiane Hoffmann.
Die Grünen sehen den Kanzler hier in der Pflicht. «Es gibt ein Gesamtversprechen der Parität im Kabinett», sagte Parteichef Omid Nouripour den Sendern RTL und ntv. Im Kabinett sind derzeit acht Ministerposten mit Frauen besetzt und acht mit Männern. Hinzu kommt Kanzler Scholz.
Für Lambrecht bedeutet der Verzicht aller Voraussicht nach das Ende ihrer bundespolitischen Karriere. Sie war lange SPD-Abgeordnete und Ministerin für Justiz und Familie, bei der Wahl 2021 hatte sie nicht mehr für den Bundestag kandidiert. Nach Ursula von der Leyen und Annegret Kramp-Karrenbauer (beide CDU) war Lambrecht die dritte Frau in Folge an der Spitze des Wehrressorts.
Am Montag war Lambrecht nach Angaben eines Sprechers nicht im Verteidigungsministerium erschienen. Formell sei sie aber noch so lange im Amt, bis der Bundespräsident ihr die Entlassungsurkunde übergebe. «Das Verteidigungsministerium ist nicht führungslos», betonte der Sprecher. Dass Lambrecht «nicht physisch im Ministerium ist, bedeutet ja nicht, dass sie nicht ansprechbar ist und dass man sie nicht erreichen kann».
Der Kanzler zollte Lambrecht «hohen Respekt» für ihre Rücktrittsentscheidung. Er habe mit der Politikerin «viele Jahre gut und gerne» zusammengearbeitet. Scholz sagte weiter, Lambrecht habe sich als Verteidigungsministerin «mit ungeheurem Einsatz darum gekümmert, dass jahrzehntelang ausgetrampelte Pfade verlassen werden und wir den grossen Aufbruch hinbekommen».
CDU-Generalsekretär Mario Czaja kritisierte Kanzler Scholz dafür, dass nach Lambrechts Rücktritt noch keine Nachfolgerin oder Nachfolger bereitsteht. Es sei nun «extrem wichtig, dass die Truppe Klarheit hat, dass die Bundeswehr Bescheid weiss, wer sie führt», sagte er dem TV-Sender Welt.
Linken-Chefin Janine Wissler zeigte sich unbeeindruckt von Lambrechts Rücktritt: «Das Problem sind nicht peinliche Silvestervideos, sondern dass so viel Geld verpulvert wird an die Rüstungsindustrie.»
FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai mahnte die SPD zur Eile bei der Neubesetzung: «Eine Hängepartie wäre schlecht für Deutschland.» FDP-Wehrexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann äusserte die Erwartung, dass der Nachfolger oder die Nachfolgerin «das Verteidigungsministerium nicht für andere politische Ambitionen missbraucht und vor allem Verständnis und Herz für die Soldatinnen und Soldaten mitbringt».
Der AfD-Verteidigungspolitiker Rüdiger Lucassen kritisierte mit Blick auf die letzten Verteidigungsministerinnen: «Alle drei Frauen sind trotz grosser Ankündigungen mit der Sanierung der Bundeswehr gescheitert.» Nun werde es Zeit für einen «Fachmann mit Kenntnis und Achtung der Truppe.»