Ein neuer Vorschlag aus der Unionsfraktion für eine Wahlrechtsreform ist umgehend von SPD, FDP, Grünen und Linkspartei zurückgewiesen worden.
Bundestagssitzung
Bundestagssitzung - dpa/dpa/picture-alliance/Archiv

Das Wichtigste in Kürze

  • Mehr Gewicht für Direktmandate - Linke nennt Konzept verfassungswidrig.
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Das von 24 CDU/CSU-Abgeordneten unterstützte Konzept würde die Zahl der Bundestagsmitglieder auf 598 festschreiben und dazu insbesondere den Erststimmen mehr Gewicht verleihen, mit denen die Direktkandidaten in den Wahlkreisen gewählt werden. Der SPD-Politiker Thomas Oppermann kritisierte den Vorstoss, da er allein die Union begünstige.

Im Bundestag sitzen derzeit 709 Abgeordnete - weit mehr als die gesetzlich vorgesehenen 598. Staatsrechtler gehen davon aus, dass es nach der nächsten Bundestagswahl sogar mehr als 800 Parlamentarier sein könnten. Mehrere Versuche, das Wahlrecht zu reformieren, um eine weitere Vergrösserung zu verhindern, blieben bislang erfolglos.

Grund für den übergrossen Bundestag sind Überhang- und Ausgleichsmandate. Überhangmandate entstehen, wenn eine Partei mehr Direktkandidaten in den Bundestag bringt, als ihr nach dem Zweitstimmenergebnis eigentlich zustehen würden. Damit die Überhangmandate das Zweitstimmenergebnis nicht verzerren, bekommen die anderen Parteien dafür Ausgleichsmandate.

Mit dem neuen Vorschlag würden diese Mechanismen wegfallen. Die 24 Unionsabgeordneten um Axel Fischer (CDU) schlagen vor, 299 Bundestagssitze an die Abgeordneten zu vergeben, die in den 299 Wahlkreisen die Direktmandate gewinnen. Die Verteilung der weiteren 299 Mandate auf die Parteien soll «über die Zweitstimme nach Verhältniswahlrecht ermittelt werden», heisst es in dem Schreiben an Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU). Das Konzept würde vor allem CDU und CSU Vorteile bringen.

«Anstatt sich selbst per Gesetz Vorteile zuzuschustern, sollte die Union einen Vorschlag machen, bei dem alle Parteien gleichmässig zur Verkleinerung beitragen», sagte der Wahlrechtsexperte der FDP-Fraktion, Stefan Ruppert, der Nachrichtenagentur AFP. Das Konzept der Unionsabgeordneten «erschüttert das Vertrauen des Wählers und hat Elemente eines legalen Putsches». Offensichtlich wolle die Union «nur Machtsicherung» betreiben.

Bundestagsvizepräsident Oppermann sagte den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (Samstagsausgaben), der Vorschlag zur strikten Trennung von Direktwahl und Verhältniswahl sei nicht mehrheitsfähig. «Er läuft auf die hälftige Einführung des reinen Mehrheitswahlrechtes hinaus und begünstigt von allen Parteien allein die Union, die die meisten Wahlkreise direkt gewinnt», kritisierte der SPD-Politiker.

Der Kompromiss müsse innerhalb des bestehenden Systems gefunden werden, sagte Oppermann. «Das ist nur möglich, wenn sich beide Seiten bewegen.» Dies müsse «im Januar passieren».

Auch Grünen-Parlamentsgeschäftsführerin Britta Hasselmann kritisierte, die Union wäre «einziger Profiteur» des Konzepts. «Wahlen gewinnt man aber durch Vertrauen und Zuspruch der Bürgerinnen und Bürger und nicht dadurch, dass man sich ein neues Wahlrecht zum eigenen Vorteil zimmert.»

Von einem «schlechten Ablenkungsmanöver der Union» sprach Linksfraktionschef Dietmar Bartsch. Der Vorschlag sei «verfassungswidrig und nicht einmal in der Koalition mehrheitsfähig», sagte er AFP.

Ein Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion sagte AFP, das Konzept solle zunächst geprüft werden. «Die Grundrichtung stimmt allerdings schon einmal.» Die AfD sei «prinzipiell dafür, den aufgeblähten Bundestag zu verkleinern».

FDP, Grüne und Linke hatten im Oktober gemeinsam einen eigenen Vorschlag zur Wahlrechtsreform vorgestellt. Er sieht unter anderem vor, die Zahl der Wahlkreise von 299 auf 250 zu verringern. In dem Brief der Unionsabgeordneten heisst es dazu, dies würde zu einem «Verlust an Bürgernähe» führen. Ausserdem verlöre die Erststimme «weiter an Gewicht».

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