Der mit der Untersuchung des Mordes an Haitis Staatschef Jovenel Moïse beauftragte Ermittlungsrichter hat nur wenige Tage nach seiner Einsetzung den Fall abgegeben.
Sarg von Haitis ermordetem Staatschef Jovenel Moïse
Sarg von Haitis ermordetem Staatschef Jovenel Moïse - AFP/Archiv
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Das Wichtigste in Kürze

  • Jurist Chanlatte hatte schwierige Aufgabe erst diese Woche übernommen.

Richter Mathieu Chanlatte machte in einem Schreiben an das Gericht erster Instanz in der Hauptstadt Port-au-Prince «persönliche Gründe» für seine Entscheidung geltend. Er hatte die schwierige Aufgabe erst diese Woche übernommen.

Staatschef Moïse war in der Nacht zum 7. Juli in seinem Haus in der Hauptstadt Port-au-Prince von einem Mordkommando erschossen worden. Seine Frau überlebte schwer verletzt.

Das zuständige Gericht hatte nach Angaben aus Justizkreisen grosse Schwierigkeiten, einen Ermittlungsrichter zu finden. Die infrage kommenden Juristen fürchteten demnach um ihre Sicherheit und die ihrer Familie. Um die Ermittlungsrichter zu beruhigen, forderte der Leitende Richter des Gerichts von Port-au-Prince, Bernard Saint-Vil, nach eigenen Angaben die Regierung auf, für ihren Schutz zu garantieren sowie Leibwächter abzustellen.

Der Vorsitzende des haitianischen Richterverbands, Jean Wilner Morin, sagte der Nachrichtenagentur AFP, ihn wundere Chanlattes Rückzug nicht. «Er hat immer noch das selbe Auto, er hat keine zusätzlichen Sicherheitskräfte zu seiner Verfügung», sagte Morin. In der unmittelbaren Umgebung des zuständigen Gerichts seien bewaffnete Banden aktiv.

Die Polizei gibt an, bereits 44 Verdächtige im Zusammenhang mit dem Anschlag auf Moïse festgenommen zu haben, darunter zwölf haitianische Polizisten, 18 kolumbianische Söldner und zwei US-Bürger haitianischer Herkunft. Unter den Festgenommenen ist zudem Moïses Sicherheitschef. Laut Polizei wurde das Attentat von Haitianern mit politischen Ambitionen und Verbindungen ins Ausland geplant.

Die Polizei sucht nach weiteren Verdächtigen, darunter einen Richter am Obersten Gericht, einen ehemaligen Senator und einen Geschäftsmann. Die Staatsanwaltschaft von Port-au-Prince hatte zudem einen Oppositionsführer, den Vorsitzenden von Moïses Partei sowie zwei haitianische Pastoren, die Moïse öffentlich kritisiert hatten, vorgeladen.

Der Mord stürzte den ohnehin von Instabilität und grosser Armut geprägten Karibikstaat in eine noch tiefere Krise. Moïse hatte Haiti zuletzt per Dekret regiert, nachdem eine für 2018 geplante Parlamentswahl unter anderem wegen Protesten gegen ihn verschoben worden war. Der Präsident war zunehmend unpopulär: Viele Haitianer machten ihn für die Corona-Krise im Land und die zunehmende Gewalt durch kriminelle Banden verantwortlich.

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