Als Reaktion auf die teils gewaltsamen Massenproteste im Senegal gegen die strengen Corona-Massnahmen hat die Regierung in Dakar eine Lockerung der Ausgangsbeschränkungen angekündigt.
Menschen mit Mundschutz besuchen einen Markt in Dakar
Menschen mit Mundschutz besuchen einen Markt in Dakar - AFP
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Das Wichtigste in Kürze

  • Ausschreitungen in mehreren Städten - Mehr als 200 Festnahmen.

Innenminister Aly Ngouille Ndiaye kündigte am Donnerstag eine Verkürzung der nächtlichen Ausgangssperre um zwei Stunden an. Zudem würden die Reisebeschränkungen im Inland aufgehoben. Zuvor hatte es in dem westafrikanischen Land heftige Ausschreitungen gegeben, zahlreiche Menschen wurden festgenommen.

«Von heute an sind die landesweiten Reisebeschränkungen aufgehoben, die Ausgangssperre bleibt von 21.00 Uhr bis 05.00 Uhr in Kraft», sagte Ndiaye in einer vom Fernsehen übertragenen Rede. Bislang galt die landesweite nächtliche Ausgangssperre bereits ab 19.00 Uhr. Die Lockerungen beträfen auch Versammlungen in der Öffentlichkeit, Restaurants, Fitnessstudios und Kasinos, sagte Ndiaye weiter.

Am Mittwoch hatte es bereits zum zweiten Tag in Folge Massenproteste in der Hauptstadt Dakar und weiteren Städten gegeben, an deren Rande es zu Ausschreitungen kam. Nach Angaben des Innenministeriums wurden mehr als 200 Menschen festgenommen. Die Polizei setzte Tränengas ein. Im Internet kursierten zudem Bilder, auf denen Militärfahrzeuge zu sehen waren.

Hintergrund der Proteste ist der von Präsident Macky Sall am 23. März ausgerufene Ausnahmezustand, der bis Ende Juni verlängert wurde. Neben der nächtlichen Ausgangssperre galten wochenlang Reisebeschränkungen im Inland, für internationale Passagierflugzeuge gilt weiterhin ein Start- und Landeverbot.

Zentrum der Proteste war Touba, die zweitgrösste Stadt des Landes. Dort wurden nach Behördenangaben drei Polizeiautos und ein Krankenwagen in Brand gesetzt. Auch ein Behandlungszentrum für Coronavirus-Patienten sowie ein Bürogebäude des Stromversorgers Senelec wurden den Angaben zufolge angegriffen.

In Touba hat die einflussreiche muslimische Bruderschaft der Muriden ihren Sitz. Deren oberster Anführer Serigne Mountakha Mbacké hatte am Dienstagabend in einer Fernsehansprache an die Menschen appelliert, die Proteste zu beenden und in ihre Häuser zurückzukehren.

Auch in den Städten Mbacké, Tambacounda und Thies gab es Proteste. In Mbacké griffen Demonstranten den örtlichen Sitz des Radiosenders RFM an. Der Journalistenverband 3CM verurteilte die Attacke auf den Sender als «Vandalismus» und rief die Behörden dazu auf, «die Sicherheit der Medien während dieser Zeit der Unruhen» sicherzustellen.

Im Senegal wurden nach offiziellen Angaben bislang rund 4000 Coronavirus-Infektionen und 45 Todesfälle registriert. Zwar sind diese Zahlen im internationalen Vergleich relativ gering. Experten warnen jedoch vor verheerenden Folgen bei einer starken Ausbreitung des Virus im Land, da der Senegal wie viele Länder der Region nur ein schwaches Gesundheitssystem hat.

Nach Angaben der Weltbank leben 40 Prozent der Senegalesen unter der Armutsgrenze. Viele Menschen haben keine Festanstellung und leben von Gelegenheitsjobs.

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