Israelische Likud-Partei stimmt über neuen Vorsitzenden ab
Gut zwei Monate vor der Parlamentswahl in Israel entscheiden die Mitglieder der Likud-Partei am Donnerstag über ihren neuen Vorsitzenden.

Das Wichtigste in Kürze
- Ex-Minister Saar fordert Parteichef Netanjahu heraus.
Der frühere Minister Gideon Saar fordert den langjährigen Parteichef und geschäftsführenden Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu heraus, der wegen einer Korruptionsanklage unter Druck steht. Der Amtsinhaber gilt als Favorit, doch ein gutes Abschneiden seines Rivalen könnte ihn weiter schwächen.
Die Likud-Mitglieder konnten am Donnerstag in mehr als hundert Wahllokalen in Israel ihre Stimme abgeben. Die Wahl endet um 22.00 Uhr (MEZ), das Ergebnis der Abstimmung soll am Freitagmorgen vorliegen. Der in vielen Fragen rechts von Netanjahu stehende Knesset-Abgeordnete Saar gilt seit Jahren als wichtigster parteiinterner Widersacher Netanjahus.
Der Sieger der Abstimmung wird Spitzenkandidat der rechtsgerichteten Partei bei der vorgezogenen Neuwahl am 2. März - der dritten Parlamentswahl in Israel binnen eines Jahres. Netanjahu war nach den beiden vergangenen Parlamentswahlen im September und April an der Regierungsbildung gescheitert.
Zwar werden Saar nur geringe Chancen auf einen Sieg gegen Netanjahu vorhergesagt. Doch ein gutes Abschneiden des 53-Jährigen würde Netanjahus Einfluss im Likud schmälern. Der langjährige Regierungschef steht seit 1993 mit einer Unterbrechung von sechs Jahren an der Spitze der Partei.
«Es braucht einen Wechsel, damit der Likud an der Macht bleiben kann», sagte Likud-Mitglied Yaron bei der Stimmabgabe in Jerusalem. Andere Wähler stärkten Netanjahu den Rücken. Nur mit dem 70-Jährigen an der Spitze habe der Likud bei der kommenden Parlamentswahl eine Chance auf den Sieg, sagte der 26-Jährige Nathan Moati.
Nach Einschätzung des Meinungsforschers Stephan Miller wird Netanjahu geschwächt aus der Wahl hervorgehen. «Er kann nur verlieren», sagte Miller. Zum ersten Mal seit zehn Jahren bekunde eine «Gruppe von rechts stehenden Wählern ausdrücklich ihren Wunsch, Netanjahu loszuwerden». Sollte Saar mehr als ein Drittel der Stimmen holen, «wäre dies ein schwerer Schlag für Netanjahu», sagte Miller.
Netanjahu ist der erste amtierende Regierungschef Israels, der unter Anklage steht. Ihm werden Betrug, Bestechlichkeit und Untreue vorgeworfen. Die gegen ihn erhobenen Vorwürfe bezeichnet der 70-Jährige als politisch motiviert.