Erbrecht soll heutigen Familienstrukturen angepasst werden
Im Schweizer Erbrecht drängen sich aufgrund der heutigen Familienstrukturen einige Änderungen auf. Gestern Donnerstag diskutierte der Ständerat darüber.

Das Wichtigste in Kürze
- Heute Donnerstag diskutiert der Ständerat über eine Anpassung des Erbrechts.
- Wegen hoher Scheidungsraten und Patchworkfamilien drängen sich Änderungen auf.
- Die Grundstruktur des Erbrechts soll allerdings unangetastet bleiben.
Das über 100-jährige Erbrecht soll den heutigen Familienrealitäten angepasst werden. In Zeiten von Patchworkfamilien und hohen Scheidungsraten heisst das mehr Freiheit für Erblasser und weniger Geld für die Kinder.
Viele Menschen lebten in Patchworkfamilien oder in faktischen Lebensgemeinschaften mit gemeinsamen Kindern. Das sagte die damalige Justizministerin Simonetta Sommaruga, als sie vor einem Jahr die Revision des Erbrechts vorstellte.
Viele dieser Beziehungen sind rechtlich nicht anerkannt und begründen keinen gesetzlichen Erbanspruch. Doch können einem Erblasser beispielsweise die Kinder der Partnerin genauso nahe stehen wie die eigenen. Das heutige Erbrecht nimmt darauf nur wenig Rücksicht.
Schweizer Erbrecht: Grundstruktur bleibt unangetastet
Die Gesetzesänderung, über die der Ständerat am Donnerstag diskutiert, soll diese Kluft zwischen Recht und Wirklichkeit verkleinern. Die Grundstruktur des Erbrechts bleibt unangetastet. Die Pflichtteile sollen aber verkleinert werden. So kann der Erblasser oder die Erblasserin über einen grösseren Teil des Nachlasses frei verfügen.
Heute stehen den Nachkommen vom gesetzlichen Erbteil drei Viertel als Pflichtteil zu. Dieser soll auf die Hälfte verkleinert werden. Das würde einer Erblasserin ermöglichen, einen faktischen Partner oder eine Partnerin ohne gesetzliches Erbrecht stärker als bisher zu begünstigen. Gleichzeitig erleichtert es die Übertragung von Familienunternehmen.

Der Pflichtteil der Eltern soll ganz gestrichen werden. Dieser beträgt heute die Hälfte des gesetzlichen Erbanspruchs. Nach Ansicht des Bundesrats kann das zu unbefriedigenden Situationen führen: Ein Partner oder eine Partnerin steht dem Erblasser oft näher als die Eltern.
Soweit waren die Vorschläge in der vorberatenden Ständeratskommission unbestritten. Zu reden geben dürfte der vom Bundesrat vorgeschlagene Unterstützungsanspruch für den faktischen Lebenspartner oder die faktische Lebenspartnerin. Heute geht diese Person leer aus, wenn der Erblasser keine Regelung getroffen hat.
Zahlreiche Änderungen drängen sich auf
Daneben enthält die geplante Revision zahlreiche Änderungen, die sich aus der Praxis der letzten Jahrzehnte aufdrängen. So soll der überlebende Ehegatte keinen Pflichtteilsanspruch geltend machen können, wenn der Partner während eines Scheidungsverfahrens stirbt. Damit will der Bundesrat taktische Verzögerungen des Verfahrens verhindern.
Die Übergangsbestimmungen sehen vor, dass die Revision keine Auswirkungen auf bereits getroffene Verfügungen und Vereinbarungen hat. Angaben darüber, wie viele Erbfälle künftig davon betroffen sein könnten, macht der Bundesrat nicht. Jährlich werden Schätzungen zufolge über 60 Milliarden Franken vererbt.