Nichts mit Krisengipfel am WEF in Davos. Der iranische Aussenminister sagt eine Woche vor Beginn ab. Ihm blieb nichts anderes übrig. Eine Analyse.
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Der iranische Aussenminister Javad Zarif wird doch nicht am WEF 2020 in Davos teilnehmen. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die iranische Delegation sagt ihre Teilnahmen am WEF kurz vor dem Treffen ab.
  • Das Weltwirtschaftsforum in Davos wurde als «Krisengipfel» im USA-Iran-Konflikt gehandelt.

Noch vor einigen Tagen wurde das WEF in Davos als «Krisengipfel» oder gar «Friedensgipfel» gehandelt. Nach der von Donald Trump befohlenen Tötung des iranischen Generals Kassem Soleimani und der Beinahe-Eskalation des Konfliktes zwischen den USA und dem Iran wären die beiden Kontrahenten am Weltwirtschaftsforum erstmals aufeinandergetroffen.

Doch nun die Ernüchterung für WEF-Chef und «Friedensvermittler» Klaus Schwab: Die Führung in Teheran pfeift die iranische Delegation um Aussenminister Jawad Zarif zurück.

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WEF-Gründer Klaus Schwab hat am Dienstag die Teilnehmer des Weltwirtschaftsforums bekanntgegeben. - keystone

Eine direkte Begegnung zwischen der iranischen und der US-Delegation hätte es wohl ohnehin nicht gegeben. Doch hätte das WEF die perfekte Plattform geboten, um auf beiden Seiten zu vermitteln. Zumal es zwischen den beiden Ländern keine direkten diplomatischen Beziehungen gibt.

Absage überrascht nicht

Zwar ist die iranische Absage unerwartet, trotzdem überrascht sie nicht. Zeigte sich der Iran nach dem Attentat auf Soleimani geeint wie nie, hat sich seit dem irrtümlichen Abschuss eines ukrainischen Passagierflugzeugs über Teheran mit 176 Toten das Blatt für die iranische Regierung gewendet.

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Iraner zünden Kerzen an während einer Mahnwache für die Opfer des Flugzeugabsturzes. - dpa

Seit dem Abschuss durch die iranische Revolutionsgarde ist besonders der internationale Druck auf den Iran gewachsen. Unter den Opfern waren nebst der ukrainischen Besatzung viele kanadische Opfer zu beklagen. Aber auch inner-iranisch entladen sich Spannungen. Die meisten Opfer des Absturzes stammen aus dem Land selbst.

Wütende Proteste am Wochenende

Hunderte gingen am Wochenende in diversen iranischen Städten auf die Strassen. In Teheran schlug eine Gedenk-Versammlung für die Opfer zu einem wütenden Protest um. Die Demonstranten kritisierten besonders die Vertuschung von Fakten durch die iranische Führung. Einige riefen Parolen gegen das System der Islamischen Republik. Auch «Tod dem Diktator»-Rufe an die Adresse von Ajatollah Ali Chamenei seien zu hören gewesen.

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Iraner nehmen an einer Trauerfeier für die Opfer des Flugzeugabsturzes teil. In mehreren Teilen der iranischen Hauptstadt Teheran soll es Medienberichten zufolge Proteste wegen des Abschusses der ukrainischen Passagiermaschine durch das iranische Militär gegeben haben. - dpa

Zwar ist die Zahl der Protestierenden verglichen mit den Massen an den Trauerfeierlichkeiten für Soleimani gering. Trotzdem fühlt sich die Führung in Teheran bedroht. Videos sollen etwa ein grosses Aufgebot von Bereitschaftspolizisten und bewaffneten Sicherheitskräften zeigen. Auch Schüsse sollen bei den Protesten in Teheran gefallen sein.

Letzten Endes soll es auch innerhalb des Regimes Spannungen geben. Verstimmungen zwischen den Gemässigten um den vom Volk gewählten Präsidenten Hassan Rohani und den von Chamenei gestützten Scharfmachern der Revolutionsgarden gibt es schon lange. Nun titelte die Rohani nahestehende Zeitung «Iran» den Abschuss durch die mächtige Elitetruppe als «unverzeihlich».

Konflikt Iran-USA - Trauerfeier Soleimani
Ajatollah Ali Chamenei (M), Religionsführer des Iran, Hassan Rouhani, Präsident des Irans (l), und General Ismaeil Gha'ani, neuer Kommandeur für die Al-Kuds-Einheit der iranischen Revolutionsgarden (IRGC), nehmen an einer Trauerfeier für den bei einem US-Angriff im Irak getöteten Generals Soleimani teil. - dpa

In diesem Wirrwarr erscheint für die Führung in Teheran eine WEF-Teilnahme als unangebracht.

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