Immer unverhohlener treibt die Führung der bosnischen Serben die Abspaltung von Bosnien und Herzegowina voran.
Der Anführer der bosnischen Serben, Milorad Dodik
Der Anführer der bosnischen Serben, Milorad Dodik - AFP/Archiv
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Das Wichtigste in Kürze

  • Dodik: Neue Gesetze für eigenes Justizsystem bereits im Januar.

Internationale Befürchtungen hinsichtlich der Zukunft des Balkanstaats befeuerte am Mittwoch der bosnischen Serben-Chef Milorad Dodik mit der Ankündigung, den Austritt der serbischen Teilrepublik aus den drei zentralen Institutionen des Landes zu beschleunigen. Demnach soll der Rückzug der Republika Srpska aus der Armee sowie dem Justiz- und Steuersystem Bosniens bald abgeschlossen sein.

Dodik kündigte neue Gesetze über das Justizsystem der serbischen Teilrepublik bereits für Januar an. «Niemand wird uns stoppen», fügte er hinzu. Die Justiz der Zentralbehörden in Sarajevo werde kein Recht mehr haben, auf dem Gebiet der bosnischen Serben zu agieren.

Dodik hat wiederholt damit gedroht, seinen Landesteil aus dem bosnischen Zentralstaat zu lösen. Anfang Dezember erklärte er die Einleitung der Abspaltung von der Zentralregierung. Das Parlament der Republika Srpska in Banja Luka beschloss daraufhin am 10. Dezember den Rückzug aus der gemeinsamen Armee, dem Justiz- und dem Steuersystem. Die Abgeordneten setzten der Regionalregierung eine Frist von sechs Monaten, um den Austritt umzusetzen.

Die bosnische Staatsanwaltschaft leitete als Reaktion auf die Abstimmung im Parlament der Republika Srpska eine Untersuchung wegen «Verstosses gegen die verfassungsmässige Ordnung» ein. Dodik verurteilte die Untersuchung am Mittwoch als «politisch motiviert». Ziel der bosnischen Zentralinstitutionen sei es, die Republika Srpska zu «destabilisieren».

Dodik war einst ein Schützling der westlichen Staaten. Inzwischen hat er sich zu einem Nationalisten gewandelt, der von Russland unterstützt wird. Der 62-Jährige argumentiert, dass die derzeitige Entwicklung von Bosnien und Herzegowina nicht den Vereinbarungen aus dem Friedensabkommen von Dayton gerecht werde.

Das in Dayton in den USA geschlossene Abkommen von 1995 hatte den dreijährigen Krieg zwischen Serben, Kroaten und Bosniaken beendet, in dem etwa 100.000 Menschen getötet worden waren. Das Abkommen regelte die Schaffung zweier weitgehend autonomer Landesteile in Bosnien und Herzegowina: die bosniakisch-kroatische Föderation und die serbische Teilrepublik.

Die beiden Entitäten machen jeweils rund die Hälfte des gesamten Staatsgebiets von Bosnien und Herzegowina aus. An der Spitze des Staates steht ein Dreierpräsidium aus einem kroatischen, einem muslimischen und einem serbischen Vertreter.

Im Laufe der Jahre hatte der eingangs schwache bosnische Zentralstaat auch auf Druck westlicher Partner gesamtstaatliche Institutionen aufgebaut. Dodik vertritt hingegen die Ansicht, die Zentralregierung habe der Republika Srpska in 140 Bereichen unrechtmässig Vollmachten entzogen - und will dies nun rückgängig machen. Unterstützt wird Dodik in seinen Plänen von Russland.

Die Überwachung des Dayton-Abkommens wird vom Hohen Repräsentanten der internationalen überwacht. Das Amt wird seit August vom früheren CSU-Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt ausgeübt. In einem Anfang November veröffentlichten UN-Bericht hatte Schmidt vor einer problematischen Entwicklung in Bosnien und Herzegowina gewarnt. Dodiks Vorhaben «kommt einer Abspaltung gleich, ohne sie zu verkünden», schrieb Schmidt.

Auch das Weisse Haus zeigte sich alarmiert, nachdem Dodik im September angekündigt hatte, eine eigene Armee aufbauen zu wollen. Mehrere US-Diplomaten reisten zuletzt nach Bosnien, um den Rückhalt Washingtons für eine staatliche Einheit des Landes und seiner Institutionen zu bekräftigen.

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