Boris Johnson: Früherer Tory-Chef rechnet mit Misstrauensabstimmung
Während des Corona-Lockdowns hat Boris Johnson Partys gefeiert. Nun droht ihm wegen des «Partygate»-Skandals ein Misstrauensvotum.

Das Wichtigste in Kürze
- Ein Misstrauensvotum gegen Boris Johnson wird laut William Hague immer wahrscheinlicher.
- Hague: Votum über britischen Premier wegen «Partygate» vielleicht nächste Woche.
- Ursache sind die gefeierten Party während des Corona-Lockdowns.
Ein Misstrauensvotum gegen Boris Johnson wegen des «Partygate»-Skandals wird nach Einschätzung des früheren Parteichefs der Konservativen, William Hague, immer wahrscheinlicher.
In der Regierungspartei herrsche seit der Vorlage des internen Untersuchungsberichts der Regierung zu dem Skandal eine «sehr, sehr besorgte» Stimmung. Dies sagte Hague am Dienstag im «Times Radio».
Misstrauensvotum gegen Boris Johnson sehr bald möglich
Er erwartet, dass es angesichts des Skandals um Partys am Regierungssitz während des Corona-Lockdowns bald zu der Misstrauensabstimmung kommen werde. «Die Lunte kommt hier dem Dynamit näher, und sie wird schneller». Dies sagte Hague, der von 1997 bis 2001 Parteivorsitzender der Tories war.
Damit ein Misstrauensvotums gegen Boris Johnson zustande kommt, müssten sich 54 der 359 Tory-Abgeordneten im Unterhaus dafür aussprechen. Bislang wurde von fast 30 Tory-Abgeordneten öffentlich bekannt, dass sie solche Schreiben eingereicht haben. Da um das Verfahren viel Geheimhaltung betrieben wird, ist nicht bekannt, wieviele derartige Misstrauensbriefe bislang insgesamt vorliegen.

Kommt das Quorum von 54 Briefen zustande, findet innerhalb der Tory-Fraktion das Misstrauensvotum in geheimer Wahl statt. Für den Erfolg eines solchen Votums ist eine Mehrheit von mehr als 50 Prozent der konservativen Abgeordneten erforderlich.
Wenn eine solche Mehrheit erreicht würde, wäre Johnson zum Rücktritt vom Amt des Parteivorsitzenden verpflichtet. Dies würde zugleich sein Ende als Premier bedeuten. Denn in Grossbritannien ist das Amt des Regierungschefs an jenes des Vorsitzenden der stärksten Partei gekoppelt.
In derzeitigen Umfragen vertritt eine klare Mehrheit der Bürger die Ansicht, dass Johnson zu «Partygate» gelogen habe und zurücktreten sollte. Zuletzt hatten weitere Mitglieder der konservativen Fraktion, darunter zwei frühere Minister, Zweifel an Johnsons Verbleib in den Spitzenämtern geäussert.

Die Unruhe bei den Tories wurde durch den Untersuchungsbericht der hochrangigen Beamtin Sue Gray geschürt, die ein vernichtendes Fazit zog. Die Regierungsspitze sei für die Verfehlungen während des Corona-Lockdowns verantwortlich, folgerte sie. Gray kritisierte vielfache Regelverstösse und «exzessiven Alkoholkonsum» am Regierungssitz.
Johnson bekundete Bedauern über die wiederholten Verstösse gegen die Corona-Restriktionen in seinem Haus, die Rücktrittsforderungen wies er aber zurück.