Berliner Verwaltungsgericht weist Greenpeace-Klimaklage ab

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Deutschland,

Unter grossem öffentlichen Interesse hat das Berliner Verwaltungsgericht eine Klimaklage der Umweltschutzorganisation Greenpeace gegen die Bundesregierung abgewiesen.

Greenpeace-Kundgebung vor dem Gericht
Greenpeace-Kundgebung vor dem Gericht - dpa/dpa/picture-alliance

Das Wichtigste in Kürze

  • Umweltschützer klagten gemeinsam mit Ökobauernfamilien.

Zur Begründung gab das Gericht am Donnerstag an, die Klage sei unzulässig, weil es den Klägern an der Klagebefugnis fehle. Greenpeace hatte gemeinsam mit drei Ökobauernfamilien aus Brandenburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein geklagt, die ihre Grundrechte wegen einer «verfehlten Klimapolitik» verletzt sehen. Bereits heute seien die Landwirte von der Erderhitzung betroffen.

Die Kläger wollten erreichen, dass der deutsche CO2-Ausstoss bis 2020 um 40 Prozent gegenüber dem Jahr 1990 gesenkt wird. Aktuell ist eine Senkung des Ausstosses auf 32 oder 33 Prozent absehbar, womit die Bundesregierung das ursprüngliche Ziel voraussichtlich frühestens 2023 erreicht. Es sei keine Grundlage ersichtlich, aus der sich eine Pflicht der Bundesregierung zum geforderten Handeln ergebe, erklärten die Berliner Richter jedoch bei der Urteilsverkündung vor zahlreichen Zuschauern im Plenarsaal des Verwaltungsgerichts in der Hauptstadt.

Greenpeace-Anwältin Roda Verheyen zeigte sich nicht enttäuscht vom Urteil. Das Gericht habe «grundsätzlich zugestimmt, dass der Klimaschutz auch einklagbar ist», sagte sie. «Es handelt sich eben nicht um einen rein politischen Entscheidungsspielraum», betonte Verheyen. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung liess die Kammer die Berufung zum Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zu. Ob Greenpeace und die Landwirte Berufung einlegen werden, gab Verheyen noch nicht an.

Juristisch hatte sie bei der stundenlangen Verhandlung argumentiert, unter anderem ein Kabinettsbeschluss der Bundesregierung vom Dezember 2014 zum Klimaschutz sei ein verbindlicher Rechtsakt und nicht eine blosse politische Willensbekundung - daher müssten zusätzliche Massnahmen getroffen werden, um das Ziel doch noch einzuhalten. Der Argumentation folgte das Gericht nicht.

Bei dem Beschluss handle es sich um eine blosse «politische Absichtserklärung» und nicht um eine rechtsverbindliche Regelung mit Aussenwirkung, hiess es. Das Klimaziel sei zudem durch den Kabinettsbeschluss aus diesem Oktober zum Klimaschutzgesetzentwurf «in zulässiger Weise» auf das Jahr 2023 hinausgeschoben worden.

Auch aus einer EU-Entscheidung zur Senkung des Treibhausgasausstosses ergebe sich «keine unbedingte Verpflichtung, die Reduzierungsziele ausschliesslich durch Massnahmen im eigenen Land einzuhalten». Denn wenn andere Länder ihre Ziele übertreffen, können sie denjenigen Ländern Emissionsberechtigungen verkaufen, die ihre Ziele nicht erreichen konnten.

Die Bundesregierung wurde durch das Umweltministerium von Ministerin Svenja Schulze (SPD) vertreten. Die Anwälte des Ministeriums erläuterten, ihrer Auffassung nach sei eine solche Forderung ein Eingriff in die Prinzipien der Demokratie sowie der Gewaltenteilung. Nach der Gerichtsentscheidung erklärte das Ministerium, diese habe «Rechtsfragen geklärt, keine politischen Fragen». «Insofern ist das Urteil auch kein Rückschlag für den Klimaschutz.»

Diesbezüglich hatten die Bauern unter anderem über Ernteausfälle aufgrund des heissen Sommers 2018 berichtet. «Ich habe mein Leben lang immer gern mit der Natur zusammengelebt», sagte Ökolandwirt Klaus Blohm aus Niedersachsen. Den Zuschauern zeigte er einen sogenannten Sonnenbrandapfel, der laut seiner Aussage aufgrund der hohen Temperaturen auf einer Seite schwarz war.

Die Linke im Bundestag begrüsste, dass die Klage überhaupt vor dem Verwaltungsgericht verhandelt wurde. «Bürger müssen die Möglichkeit haben, die Politik nicht nur über den Wahlzettel, sondern auch über die Justiz zu kontrollieren», erklärte der Abgeordnete Lorenz Gösta Beutin. Er forderte, Klimaschutz auch im Grundgesetz zu verankern.

Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Lisa Badum übte jedoch scharfe Kritik an der Bundesregierung. Das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Berlin sei ein «Armutszeugnis für die Klimapolitik» der grossen Koalition, erklärte sie.

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