Für Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock zeigt sich mangelnde Gleichberechtigung in Deutschland besonders bei der Kinderbetreuung.
Grünen-Chefin Annalena Baerbock
Grünen-Chefin Annalena Baerbock - AFP/Archiv
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Das Wichtigste in Kürze

  • Grünen-Kanzlerkandidatin sieht bei Gleichberechtigung «gesamtgesellschaftlich was zu tun».

Zwar gebe es einen Rechtsanspruch darauf auch für Kinder unter drei Jahren, aber in manchen Städten bekämen bis zu 20 Prozent der Familien keinen Kitaplatz, sagte Baerbock in der am Sonntag ausgestrahlten Sendung «Tachles-Arena» des Zentralrats der Juden in Deutschland. «Das betrifft erst einmal Mutter und Vater, aber meistens eben die Frauen und führt dann dazu, dass wir zum Beispiel nach wie vor eine Lohnungleichheit haben.»

Auf die Frage, ob sie sich persönlich benachteiligt fühle, antwortete Baerbock mit «Nein». In den vergangenen Jahrzehnten sei «wahnsinnig viel» an Gleichberechtigung erkämpft worden. «Zum Glück haben wir Artikel drei unseres Grundgesetzes», sagte Baerbock. Dieser sage aber auch, dass der Staat eine aktive Gleichberechtigungspolitik mache. «Weil es eben strukturelle Diskriminierung nach wie vor gibt, gläserne Decken kann man das nennen.»

Sie berichtete von eigenen Erfahrungen im Bundestag, wo es Diskussionen darüber gegeben habe, ob Mutterschutz von Abgeordneten als Fehlzeit ausgewiesen werden solle. «Wir haben schon noch bei der Gleichberechtigung gesamtgesellschaftlich was zu tun», sagte die Grünen-Chefin.

In dem Interview ging es auch um jüdisches Leben in Deutschland. Baerbock sprach sich darin mehrmals gegen Antisemitismus aus. Thema war beispielsweise ein antisemitischer Beitrag zum Nahostkonflikt, den die internationale Organisation von Fridays for Future im Mai auf Instagram veröffentlicht hatte. Der deutsche Ableger hatte sich umgehend davon distanziert. Sie habe damals mit Akteuren von Fridays for Future Deutschland geredet, berichtete Baerbock, «weil es mir natürlich nicht egal ist, was da passiert.»

Sie betonte, dass Antisemitismus in jeglicher Form - «egal ob linker, rechter Antisemitismus, aus der Mitte der Gesellschaft, israelkritischer Antisemitismus» - zu verurteilen sei, «und da gibt es nichts zu relativieren».

Schon vor einer Woche hatte die Grünen-Kanzlerkandidatin mit Zustimmung des Zentralrats einen Ausschnitt der Sendung veröffentlicht, in dem sie einen rassistischen Ausdruck für schwarze Menschen benutzte, um über Rassismus in Schulen zu sprechen. Sie erzählte darin von einer Bildergeschichte, die der Sohn einer Bekannten habe bearbeiten sollen, und in der das «N-Wort» vorgekommen sei.

Später entschuldigte sie sich dafür, dass sie bei der Beschreibung des Vorfalls nicht vom «N-Wort» gesprochen, sondern den rassistischen Begriff als solchen genannt habe. In der Sendung wurde der Begriff nun mit einem Piepton überlagert.

Es ging in dem Teil des Gesprächs um die Darstellung jüdischen Lebens und einer vielfältigen Gesellschaft im Schulunterricht. Baerbock forderte eine bessere Ausstattung der Schulen und Leitlinien, die Antisemitismus und Rassismus im Unterricht verhindern sollen.

Die Grünen-Chefin sprach auch über die Pannen im Wahlkampf ihrer Partei. Als Mutter von zwei kleinen Kindern wisse sie «nicht nur, dass es in der Küche heiss ist, sondern dass es öfter auch mal anbrennt, wenn man nicht ganz wachsam ist», und so sei es auch im Wahlkampf. «Da gehen Dinge schief, da ärgert man sich auch, gerade wenn man selber Fehler macht.» Aber Wahlkampf komme von kämpfen und diese Bundestagswahl sei eine ganz besondere, ergänzte Baerbock.

«Es ist nicht nur nach 16 Jahren Angela Merkel eine neue Kanzlerin, ein neuer Kanzler, sondern aus meiner Sicht auch eine Richtungswahl.» Gerade nach den Tagen des «dramatischen Hochwassers» sehe man, «dass wir vor grossen, grossen Zukunftsaufgaben stehen», nicht nur beim Klimaschutz, sondern auch beim Katastrophenschutz und bei der Frage nach Gerechtigkeit im Land, sagte die Grünen-Chefin.

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