Im Oktober 2019 wurden 39 Migranten tot in einem Kühllaster in England entdeckt. Vier Angeklagte müssen sich ab Mittwoch vor Gericht verantworten.
Der Fall löste weltweit Entsetzen aus
Der Fall löste weltweit Entsetzen aus - AFP
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Das Wichtigste in Kürze

  • Vier Angeklagte stehen nach dem Tod von 39 Vietnamesen vor Gericht.
  • Sie starben, weil sie in einem Kühllaster eingesperrt wurden.
  • Der Vorfall sorgte vor gut einem Jahr für viel Anteilnahme.

Knapp ein Jahr nach dem Tod von 39 vietnamesischen Migranten in einem Kühllastwagen in Grossbritannien sind am Montag die Geschworenen für den Prozess ausgewählt worden

Die Justiz wird den Prozess voraussichtlich am Mittwoch in London eröffnen. Den vier Angeklagten aus England und Nordirland wird unter anderem fahrlässige Tötung und Beihilfe zur illegalen Einwanderung zur Last gelegt.

Nicht der erste Prozess in dem Fall

Der 23-jährige Eamonn Harrison aus Nordirland soll den Lastwagen zum belgischen Hafen Zeebrügge gefahren haben, der dann auf einer Fähre nach Grossbritannien übersetzte. Harrison und der 43-jährige Gheorge Nica sind wegen fahrlässiger Tötung in 39 Fällen sowie Beihilfe zur illegalen Einwanderung angeklagt.

Dem 37-jährigen Valentin Calota und dem 24-jährigen Christopher Kennedy wird Teilnahme an einer Verschwörung zum Menschenschmuggel vorgeworfen. Alle vier haben auf nicht schuldig plädiert.

Essex
In diesem Kühllaster wurden die 39 Leichen gefunden. - keystone

Der Prozess am Old Bailey Court in der britischen Hauptstadt ist nicht der erste in dem Fall. Mitte September wurden bereits sieben Angeklagte in Vietnam zu Haftstrafen verurteilt.

In einem anderen Verfahren bekannte sich der 25 Jahre alte Fahrer des Lastwagens, Maurice Robinson aus Nordirland, bereits der fahrlässigen Tötung in 39 Fällen für schuldig, genauso wie ein weiterer Nordire, Ronan Hughes, der als Anführer eines Rings von Menschenschmugglern gilt. Das Urteil gegen diese beiden Männer soll zu einem späteren Zeitpunkt ergehen.

Todesursache: Sauerstoffmangel und Überhitzung

Die Leichen von 31 zum Teil noch minderjährigen Männern und acht Frauen waren Ende Oktober 2019 in einem Industriegebiet östlich von London in dem LKW entdeckt worden. Laut Obduktionsbericht starben sie, eingesperrt in den Container, an Sauerstoffmangel und Überhitzung. Der Fall löste weltweit Entsetzen aus.

Im Zuge der Ermittlungen wurden im Mai mehr als 20 weitere Verdächtige in Frankreich, Belgien und Deutschland festgenommen, die in den Menschenhandel verstrickt sein sollen.

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Foto eines in dem Lkw umgekommenen 20-Jährigen. - AFP/Archiv

Eine Schlüsselfigur in dem Schmugglerring soll ein 29-Jähriger mit dem Spitznamen «Der glatzköpfige Herzog» sein, der laut Informationen der Nachrichtenagentur AFP in der Region Oberrhein in Deutschland gefasst wurde.

Laut den Ermittlungen operierte das Netzwerk auch nach dem Tod der Vietnamesen weiter. Für die Überfahrt von Frankreich nach Grossbritannien verlangte es bis zu 20'000 Euro.

Opfer hofften auf besseres Leben

Die Opfer stammten aus armen ländlichen Regionen in Vietnam, wo viele ihr Leben riskieren in der Hoffnung auf ein besseres Leben im Ausland.

In Grossbritannien angekommen, arbeiten sie oft illegal auf Cannabis-Farmen oder in Nagelstudios, um ihre Schulden bei den Schleppern aufbringen zu können.

Die Familie von Pham Thi Tra My berichtete, die 26-Jährige habe ihrer Familie noch aus dem Lastwagen eine SMS geschrieben: «Es tut mir leid, Mama. Mein Weg ins Ausland ist nicht erfolgreich. Ich sterbe, weil ich nicht mehr atmen kann.»

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