Zoll-Debakel: Schlecht verhandelt, gut reagiert
Der Verhandlungspoker ging nicht auf: Die Schweiz wird von den USA mit Strafzöllen von 39 Prozent belegt. «Nur» eine Krise oder ein Fiasko? Ein Kommentar.

Das Wichtigste in Kürze
- Zunächst sah es gut aus, am Ende gab es 39 Prozent Strafzoll von Donald Trump aufgebrummt.
- Hat der Bundesrat schlecht verhandelt oder sind wir ein Opfer der Umstände?
- Ein Kommentar.
Donald Trumps Handelskrieg eint die Schweiz immerhin in einem Punkt. Von links bis rechts, von Wirtschaft bis Gewerkschaft heisst es: Die US-Strafzölle von 39 Prozent auf Schweizer Export sind nicht nachvollziehbar.
Gegen willkürliche Zahlen mit neuen Verhandlungsangeboten anzutreten, erwies sich für den Bundesrat als entsprechend schwierig.
Wenn man dem Bundesrat etwas vorwerfen kann, dann, dass er sich zu sehr in bewährten Mustern bewegte.
Dabei hat Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter gemäss eigenen Angaben «The Art of the Deal» gelesen. Sie weiss angeblich, wie Donald Trump tickt: Eben nicht so, wie man das von einem Staatsoberhaupt gemeinhin erwarten würde.
Es ginge auch anders
Andere haben dies bei ihren Verhandlungen mitberücksichtigt und dem US-Präsidenten flattiert: Mit Worten, hart an der Grenze zum Fremdschämen.
Oder mit Geschenken: Hier ein goldener Pager, da eine Einladung des Kings, dort eine bruchsichere Glasplakette inklusive Goldständer – «es sind 24 Karat».

Doch das ist halt nicht der Schweizer Stil. Hätte Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter doch besser dem Narzissten Donald Trump ein paar der – mittlerweile sehr wertvollen – Goldvreneli geschenkt. Es wäre ein schlechter Witz und nur mässig lustig, weil leider viel zu wahr.
Es könnte schlimmer sein
Nun, es hat nicht sollen sein. 39 Prozent sind sehr hart, vor allem im Vergleich zum übrigen Europa, und nicht nur der EU. Doch getreu dem Motto der «Krise als Chance» betont auch der Bundesrat: Wir haben schon andere Krisen gemeistert.

Tatsächlich ist die Schweizer Wirtschaft im internationalen Vergleich in eher ruhigen Gewässern durch die Pandemie gesegelt.
Der Frankenschock vor zehn Jahren war dramatisch und stellte manch ein Unternehmen vor vermeintlich unlösbare Probleme. Doch ist die Schweiz als Ganzes gestärkt aus dieser Krise hervorgegangen.
Die Massnahmen stimmen
Auch die Kurzarbeit ist ein altbewährtes Mittel. Trotzdem ist es richtig, dass der Bundesrat auch jetzt wieder darauf setzt. Insbesondere wenn sie, wie Wirtschaftsminister Guy Parmelin verspricht, flexibel und unbürokratisch gehandhabt werden kann.
Wie bei der Corona-Pandemie weiss man auch bei Donald Trump nie, in welche Richtung es als Nächstes geht.

Vorläufig – niemand kann sagen, wie lange – wird die Schweiz mit den 39 Prozent US-Zöllen leben müssen. Zugutehalten kann man dem Bundesrat, dass wir uns nicht verbogen haben.
Auch wenn wir nicht genau wissen, wofür wir nun eigentlich bestraft werden: Wir können erhobenen Hauptes in die Zukunft schreiten.
Wie viele Milliarden Kurzarbeitsentschädigung dieser Stolz wert ist, muss jede und jeder für sich selbst beantworten.