Expertin: «Feng-Shui ist mehr als ein bisschen Möbelschieben»

Andrea Bauer
Andrea Bauer

Bern,

Warum fühlen wir uns in manchen Räumen sofort wohl und in anderen nicht? Eine Berner Feng Shui-Expertin erklärt, worauf es bei einem stimmigen Zuhause ankommt.

Ute Born Feng-Shui
Feng Shui-Beraterin Ute Born erklärt, wie ein Wohnraum zum Wohlraum wird. - zVg

«Wow – hier würd ich auch gerne wohnen!» oder «Um Himmels willen, wie kann man sich hier nur wohlfühlen?» Warum gibt es Räume, in denen wir sofort aufatmen, während wir aus anderen am liebsten gleich flüchten würden?

Und worauf kann man in den eigenen vier Wänden achten, um ein stimmiges, wohltuendes Zuhause zu gestalten? Der BärnerBär hat bei Ute Born, einer seit Jahrzehnten erfahrenen Feng Shui-Beraterin, nachgefragt.

Ute Born, Feng Shui-Beraterin
Die Berner Feng Shui-Beraterin Ute Born. - zVg

«Feng-Shui ist sehr viel mehr als einfach ein bisschen Möbelschieben», sagt Ute Born auf meine erste Frage, was genau der Begriff bedeute.

«Es ist im Kern eine Harmonielehre oder auch Energie-Architektur, die hilft, eine ausgewogene und positive Energie in Wohn- und Lebensräumen zu schaffen», erklärt die Expertin.

«Aber ähnlich wie bei einem Fotoapparat erhält man erst dann das beste Resultat, wenn man weiss, welche Kameraeinstellungen dazu vorgenommen werden müssen.»

Bauchgefühl vor Verstand

«Dann kommt es ganz darauf an, mit welchen Anliegen die Menschen zu mir kommen», sagt sie weiter.

«Manche leiden unter körperlichen Beschwerden, andere spüren einfach, dass es Bereiche in ihrem Zuhause gibt, in denen sie sich nicht wohlfühlen, ohne den Grund benennen zu können. Wieder andere schlafen seit ihrem Einzug schlecht und suchen nach einer Erklärung.»

Feng-Shui sei dabei kein isoliertes Werkzeug, sondern Teil eines ganzheitlichen Ansatzes, der auch Aspekte der Chinesischen Astrologie und Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) einbeziehe.

Feng Shui Wohnraum Harmonie
«Grundsätzlich gilt: Der Bauch liegt oft intuitiv richtig, auch wenn der Verstand findet, es sei doch alles gut.» - zVg

«Jeder Mensch ist anders, deshalb ist es wichtig, ihn ganzheitlich wahrzunehmen. Genau darum ist eine persönliche Beratung so wichtig», betont Born.

«Grundsätzlich gilt: Der Bauch liegt oft intuitiv richtig, auch wenn der Verstand findet, es sei doch alles gut.» Um sich wohlzufühlen, sollte die Umgebung mit den fünf Elementen Holz, Feuer, Erde, Metall und Wasser im Einklang stehen.

«Farben, Formen und Materialien können diese Elemente in der Einrichtung widerspiegeln und miteinander in Balance bringen.»

Wohnzimmer

Ute Born sitzt am Esstisch eines Ehepaars etwas ausserhalb von Bern. Die Wohnung ist gemütlich eingerichtet, mit Dachschräge und einem markanten Balken, der quer hindurch verläuft.

Feng Shui Harmonie Dach
Der Dachbalken verläuft entlang des Sofas, was dazu führen könnte, dass man sich unwohl fühlt. - zVg

Born sieht sich um und fragt: «Fühlen Sie sich wohl auf dem Sofa?» Beide bejahen. Der Mann ergänzt: «Seltsam ist, dass ich lieber sitze, als die Beine auf der Sofaecke auszustrecken. Oft habe ich danach Schmerzen – aber das liegt wohl an meinem Knie.»

Ute Born blickt nach oben an die Zimmerdecke: «Oder am Dachbalken…»

Tatsächlich verläuft der Balken genau über der verlängerten Sofaecke. Also exakt dort, wo der Mann unbewusst nie entspannt liegt. «Dachbalken tragen das Gewicht des Daches und erzeugen unter sich ein ‹drückendes› Gefühl», erklärt sie.

Sofa Sideboard Schutz Wohlfühlen
Ein Sideboard bis auf Kopfhöhe könnte dem Sofa zusätzlich einen Rückenschutz bieten - zVg

«Sie können somit energetischen Druck ausüben, der Unruhe, Stress oder Verspannungen fördert. Auch ein Bett sollte man aus diesem Grund nicht direkt darunter platzieren.»

Rückendeckung ist wichtig

Beim Betreten der Wohnung fällt noch etwas auf: Der Blick führt direkt auf die Rückseite des Sofas. «Das ist eine Position ohne Rückhalt», erklärt die Fachfrau.

«Ein Sideboard bis auf Kopfhöhe könnte hier einen Rückenschutz bieten. Oder man stellt das Sofa an die Wand, um den Raum besser zu überblicken.»

Sofa Wand Rücken Fengshui
In dieser Wohnung steht das Sofa an der Wand, der Rücken ist somit gedeckt. - zVg

Ein Foto aus der Wohnung eines jungen Paares zeigt das Prinzip: Das Sofa steht an der Wand, wirkt deshalb geborgen und erlaubt den Überblick über den Raum. Ein Grund, weshalb man sich dort sofort wohler fühlt.

Sofa Raum Überblick Fengshui
Vom Sofa aus hat man die Wohnung im Blick, was ein gutes, sicheres Gefühl gibt. - zVg

«Dieses Phänomen, welches auf unserem Urinstinkt basiert, kann übrigens auch beispielsweise in einem Restaurant beobachtet werden», erklärt Ute Born. «Die Plätze an der Wand mit Blick in den Gastraum sind immer als Erstes belegt.»

Schlafzimmer

Im Schlafzimmer fällt ihr Blick auf die Schrankfronten mit glänzenden Mittelflächen. Diese hätten eine ähnliche Wirkung wie Spiegel: «Spiegel reflektieren Licht und Bewegung. Sie ‹wecken und aktivieren› somit den Raum. Im Schlafzimmer wünschen wir jedoch Ruhe und Erdung für Regeneration», erklärt die Expertin. «Eine matte Folie anzubringen, wäre eine einfache Lösung, um mehr Ruhe ins Zimmer zu bringen.»

Feng Shui Schlafzimmer
Die glänzenden Schrank-Mittelfronten aktivieren den Raum, matte Folien könnten helfen. - zVg

Bei der Position des Bettes rät die Expertin ausserdem, die Wand dahinter genau zu prüfen. «Grenzt diese an ein Badezimmer und verlaufen in ihr Wasserleitungen, kann das den Schlaf beeinträchtigen.»

Aber wenn man das Bett gar nicht anders stellen kann? Auch dann gäbe es Möglichkeiten: «Einen Bettkasten zum Beispiel, der hinter das Bett gestellt wird und dieses so von der Wand abschirmt. Oder auch Korkmatten können helfen.»

Geborgenheit schaffen

Mit Farben und Materialien lasse sich zusätzlich viel erreichen. «Ein weicher Vorhang würde dem Raum guttun: er schafft Geborgenheit und hält die Energie im Raum, so dass sie nicht direkt durchs Fenster, das sich hier genau vis-à-vis der Raumtür befindet, abfliessen kann.»

Schlafzimmer Feng-Shui Ruhe
Dieses Schlafzimmer ist in warmen Farbtönen gehalten, weiches Licht sorgt für Ruhe. - zVg

Zum Vergleich zieht Ute Born erneut ein Bild aus der Wohnung des jungen Paares hinzu: Das Schlafzimmer ist in warmen Farbtönen gehalten, gespielt wird mit unterschiedlichen Texturen und weichem Licht.

«Die Lampenwahl ist gut gelöst. Die Leuchte über dem Bett ist leicht und wolkenartig. Denn schwere Hängelampen drücken energetisch von oben – ähnlich wie ein Balken. Besser sind indirekte Lichtquellen oder luftige Formen.»

Ordnung

Was beide Wohnungen gemeinsam haben: Sie sind sehr ordentlich. «Eine aufgeräumte Umgebung fördert innere Ruhe und lässt die Energie frei fliessen. Beim jungen Paar könnte man, wenn die beiden Bedarf hätten, noch analysieren, welche Farben den beiden persönlich guttun, um etwas mehr Wärme in ihre Wohnung zu bringen.»

Grundsätzlich gelte: Hindernisse wie Unordnung oder scharfe Kanten sollten vermieden werden, um die Energie nicht zu blockieren. Pflanzen und ausreichend Licht stärken die Vitalität des Raumes.

«Ein harmonisches Zuhause basiert auf dem Ausgleich von Yin und Yang: Zum Beispiel durch ein ausgewogenes Verhältnis von Licht und Schatten, warmen und kühlen Farben sowie weichen und festen Materialien.»

Immer wieder aufräumen

Wichtig sei ausserdem, sich regelmässig von Dingen zu trennen, die ungenutzt seien oder keine positive Bedeutung mehr hätten.

«Geschlossene Aufbewahrungslösungen reduzieren visuelle Unruhe, und ein freier Eingangsbereich ist essenziell. Denn er ist das Tor, durch welches das Chi in die Wohnung strömt.»

Energetisches Bauen auch in Europa

Viele dieser Prinzipien seien übrigens nicht exklusiv chinesisch, betont die Feng Shui-Beraterin. «Auch in Europa gab es früher energetisches Bauen, nur ging das Wissen darüber verloren. China verfügte sehr viel früher über Papier und so wurde alles gut dokumentiert.»

Ute Born weiss aber, dass beispielsweise früher, wenn ein neues Bauernhaus gebaut werden sollte, die Bauern ihre Schafe auf dem Grundstück übernachten liessen. Wo sich die Tiere immer wieder zum Schlafen niederliessen, wurde gebaut.

Denn man konnte sicher gehen, dass dort keine Störfaktoren in der Erde sind. Also keine Wasseradern, Verwerfungen et cetera und somit war das der beste Ort zum Wohnen.»

Heute fehlt oft die Zeit für solche Beobachtungen. «Mit Feng Shui kann man aber bereits vor dem Bau viel zum Wohlfühlort beitragen. Und selbst in einer bestehenden Mietwohnung lässt sich Erstaunliches bewirken.»

Denn am Ende geht es ja einfach darum, Räume so zu gestalten, dass ihre Bewohnenden immer wieder aufs Neue denken: «Wow – hier wohne ich gerne!»

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