Warten auf den F-35: Warum nicht lieber Gripen mieten?
Der F-35-Kampfjet wird teurer als gedacht, das VBS muss verhandeln. Dabei gäbe es durchaus valable Alternativen zum US-Modell.

Das Wichtigste in Kürze
- Die Beschaffung von 36 Kampfjets des Typs F-35 droht massiv teurer zu werden.
- Statt mit den USA zu verhandeln, könnte die Schweiz auch auf Alternativen setzen.
- So gibt es unter anderem attraktive Konditionen zur Miete von Gripen-Kampfjets.
Die Schweiz ist eigentlich geübt darin, aus misslichen Situationen das Beste herauszuholen. Wir haben keine Rohstoffe, also werden wir eben Innovations-Weltmeister. Quer durchs Land stehen Alpen im Weg? Wir bauen Haarnadelkurven, rekordlange Tunnels, erfinden die Zahnradbahn und nebenbei noch den Tourismus.
«Krise als Chance» nennt sich das – und dieses Konzept könnte auch beim aktuellen F-35-Debakel zur Anwendung kommen. Die USA wollen infolge eines «Missverständnisses» rund 1,3 Milliarden Franken mehr für die 36 Flieger? Wir finden eine andere, wenn es sein muss sogar bessere oder billigere Lösung.
Bereits erfunden: Der Miet-Kampfjet
Von allen Optionen sei der Totalverzicht auf den F-35 die denkbar schlechteste, sagte Verteidigungsminister Martin Pfister diesen Mittwoch. Sollten die Verhandlungen mit den USA aber darauf herauslaufen, oder auf eine jahrelange Verzögerung, ist querdenken gefragt: Warum nicht einfach Kampfjets mieten?

Genau dies tut Tschechien, das sich erst noch in einer ganz ähnlichen Situation wie die Schweiz befindet. Auch die Tschechen wollen F-35 kaufen. Der Lieferzeitpunkt ab 2031 ist für die tschechische Luftwaffe aber zu spät, also mietet man weiterhin von Schweden 12 Gripen-Kampfjets. So wie man das schon seit 2005 tut, als man die sowjetischen MiG‑21 ausmusterte.
Es wäre sogar einigermassen schwierig, Argumente dagegen zu finden: Schliesslich wollte das VBS ursprünglich ebenfalls Gripen kaufen als Ersatz für die F/A-18, nur das Stimmvolk sagte nein. Und gemietet wird der Gripen sehr günstig, bezahlt doch Tschechien für die Verlängerung bis 2035 nur rund 17 Milliarden Kronen. Das sind weniger als 700 Millionen Franken, also ein Zehntel dessen, was die F-35 kosten würden.

Klar, der F-35 ist dem Gripen um Längen voraus. Doch wie argumentierte der damalige Verteidigungsminister Ueli Maurer doch: Die Schweiz brauche keinen Ferrari, sondern einen VW-Kombi. Der Gripen sei kein High-End-Luxusjet, aber er überzeuge durch das Gesamtpaket aus Preis, Effizienz, Unterhalt und Zweckmässigkeit.
Kampfjet-Nachbarschaftshilfe
Warum denn in die Ferne schweifen (oder fliegen): Auch die Nachbarländer könnten der Schweiz spontan aus der Patsche helfen. Im Rahmen der Gripen-Diskussion bot Deutschland einst der Schweiz an, Occasions-Eurofighter zu mieten. Eventuell liesse sich da ja wieder etwas einfädeln, denn Deutschland erwartet nächstes Jahr die Lieferung von 38 weiteren Eurofighter-Kampfjets.

Diese könnte man eventuell sogar kaufen. Denn Deutschland hat bereits 140 Eurofighter im Einsatz und ist nicht so dringend darauf angewiesen wie Tschechien auf die F-35. Für zwei Flieger mehr als die Schweizer F-35-Bestellung zahlt Deutschland knapp über 5 Milliarden Franken.

Ein Flieger-Schnäppchen liesse sich allenfalls auch in Frankreich machen. Präsident Macron will die Rüstungs-Produktion ankurbeln. Also werden bei Dassault Aviation gerade Rafale-Kampfjets in grosser Stückzahl – und damit günstig – hergestellt.
Vor- und Nachteile der F-35-Alternativen
Würde die Schweiz auf ein europäisches Fabrikat umschwenken, wäre auch die neue rüstungspolitische Strategie leichter zu erfüllen. Gemäss dieser sollten 60 Prozent der Beschaffungen in der Schweiz getätigt werden. Weitere 30 Prozent «möglichst» in den Nachbarstaaten und weiteren europäischen Ländern.
Alle drei Kampfjets – Gripen, Eurofighter und Rafale – hat die Schweiz bereits evaluiert. Keines der Modelle gilt als derart pannenanfällig wie der F-35, wenn auch der Eurofighter eine etwas leidvolle Geschichte hat.
Nachteilig könnte sein, dass es Kampfjets jeweils in unterschiedlichen Konfigurationen gibt. Ob zum Beispiel die von Deutschland bestellte Charge an Eurofightern den Schweizer Vorlieben entspricht, müsste sich erst noch weisen.
Offen ist nicht zuletzt, wie leicht die Schweiz aus dem missverständlichen Vertrag mit den USA aussteigen könnte. Immerhin ist es in der Verhandlungen für die Gegenseite aber gut zu wissen: Wir haben Optionen.