Für die Wahlen 2023 wollen die Grünen auf Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit setzen – dabei kämpfen sie auch für Änderungen des nationalen Stimmrechts.
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Balthasar Glättli spricht an der Delegiertenversammlung der Grünen in Genf – seine Grüne Partei setzt für die Wahlen 2023 auf Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit. (Archivbild) - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Am 22. Oktober finden Wahlen statt – die Parteien positionieren sich für den Wahlkampf.
  • Die Grünen setzen auf bewährte Themenfelder – die Klimakrise steht im Zentrum der Agenda.
  • Zeitgleich will die Partei auch für Änderungen des nationalen Stimmrechts kämpfen.

Am 22. Oktober finden die eidgenössischen Wahlen 2023 statt – die Stimmbevölkerung wählt für die Legislaturperiode 2023–2027 ein neues Parlament. Schon heute buhlen die Parteien fleissig um hart umkämpfte Wählerstimmen: So hat beispielsweise die SVP an ihrer Delegiertenversammlung jüngst ein neues Parteiprogramm verabschiedet, Gleiches gilt für die Grünen.

Dabei beackern beide Polparteien primär bewährte Themenfelder: Bei der Volkspartei stehen Zuwanderung und Selbstbestimmung an oberster Stelle – die Grünen wiederum setzen auf Umweltschutz und soziale Gerechtigkeit. Das Ziel der Partei ist gesetzt: Sie wollen die drittstärkste Partei im Land werden und in den Bundesrat einziehen.

Stimmrechtsalter 16 und Ausländerstimmrecht

Dennoch stechen bei genauerer Betrachtung einige Programmpunkte deutlich ins Auge – auch weil sie a prima vista kaum mehrheitsfähig erscheinen. So wollen die Grünen in der kommenden Legislaturperiode das Stimmrechtsalter auf nationaler Ebene auf 16 Jahre herabsetzen. Ferner will die Partei ein generelles Einwohnerstimmrecht für Personen ohne Schweizer Staatsbürgerschaft einführen.

Für die Grünen steht fest: Junge Menschen und ausländische Staatsangehörige, die seit mehr als drei Jahren rechtmässig in der Schweiz leben, brauchen mehr demokratische Mitbestimmungsrechte.

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Ein Wahlplakat der BDP zum Thema Stimmrechtsalter 16, aufgenommen im September 2019. - Keystone

Gegenüber Nau.ch gibt Grünen-Parteipräsident Balthasar Glättli zu bedenken: Gerade die Herabsetzung des Stimmrechtsalters sei in vielen Kantonen an der Auseinanderzerrung von kantonalen und nationalen Bestimmungen gescheitert. Daran also, dass es keinen Sinn ergebe, 16- und 17-Jährige nur auf kantonaler Ebene abstimmen zu lassen.

«Wir Grüne sind überzeugt, dass das Stimmrechtsalter 16 der richtige Weg ist», so Glättli. Man wolle dafür entsprechende Mehrheiten auf nationaler Ebene schaffen. Ferner fügt der Zürcher hinzu, dass ähnliche Vorlagen auf kantonaler Ebene nicht überall gescheitert seien. Tatsächlich gilt das Stimmrechtsalter 16 im Kanton Glarus bereits heute.

Die Idee wirkt auf den ersten Blick sympathisch – viele 16- und 17-Jährige sind politisch interessiert und engagiert. Wieso sollten sie nicht mitreden dürfen? Im Zusammenhang mit dem Tabakwerbeverbot hat der Bundesrat allerdings mehrfach darauf hingewiesen, dass junge Menschen «besonders leicht beeinflussbar» seien.

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Viele Jugendliche sind heute politisch interessiert und engagiert – insbesondere in Sachen Klimaschutz –, mitbstimmen dürfen sie aber nur im Kanton Glarus. (Symbolbild) - Keystone

Auch die interkantonale Fachstelle «Schweizerische Kriminalprävention» verweist bis heute auf die Sonderstellung von Jugendlichen: Unter dem Titel «denn sie wissen nicht, was sie tun» betonen die Experten: Jugendliche hätten in vielen Fällen ein schlechteres Bewusstsein für gesellschaftliche Werte, Regeln und Normen. Diese Überlegung steht am Ursprung der gesonderten Bestrafung von jugendlichen Straftätern.

Grüne als «Avantgarde der Gleichstellung»

Ferner möchten sich die Grünen dafür einsetzen, dass die Rassismus-Strafnorm um den Faktor Geschlechtsidentität erweitert wird. Damit solle der Transfeindlichkeit und der Diskriminierung von non-binären Personen endlich begegnet werden. Für die Grünen steht fest: «Wir sind die parteipolitische Avantgarde der Gleichstellung

Deshalb setze man sich auch dafür ein, dass ein vorgeburtlicher Mutterschaftsurlaub im Gesetz verankert werde: «Die Realität ist, dass heute nur jede sechste Frau bis zur Geburt arbeitet. Trotzdem besteht kein Anspruch auf vorgeburtlichen Mutterschaftsurlaub», so Glättli.

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Die Delegiertenversammlung der Grünen in Genf. Grüne verstehen sich auch als «Avantgarde der Gleichstellung». (Symbolbild) - Keystone

Demnach müssten sich über 80 Prozent der werdenden Mütter krankschreiben lassen – dies müsse geändert werden. Nur so könne die Planungssicherheit sowohl für werdende Eltern als auch für Arbeitgebende geschaffen werden. Die Kosten hierfür solle die Ausgleichskasse tragen: «Angesichts des hohen Prozentsatzes von Krankschreibungen ist es sinnvoll, dass dieses Risiko gemeinschaftlich getragen wird.»

Energiegemeinschaften und Energiegenossenschaften

Daneben möchten die Grünen auch lokale Energiegemeinschaften für Hauseigentümer und Energiegenossenschaften für Mieter fördern. Auf diese Weise könnten die von Gemeinde zu Gemeinde stark variierenden Einspeisevergütungen angeglichen werden. Damit würden Anreize geschaffen, um nachhaltige Energie über den Eigenbedarf hinaus zu produzieren – auch im Eigenheim.

Wie wird die Partei Grüne Schweiz bei den Wahlen 2023 abschneiden?

Gleichzeitig ist an dieser Stelle anzufügen, dass viele der beschriebenen Positionen keineswegs gänzlich als Neuheit zu verstehen sind: Bereits in der «Agenda 2019–2023» hatten die Grünen beispielsweise angekündigt, auf nationaler Ebene für das Stimmrechtsalter 16 zu kämpfen. Schliesslich werden die Parteien am 22. Oktober sehen, ob sie mit ihren Positionen auch beim Volk punkten konnten.

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