Der Bund möchte, dass sich die Schweiz bis 2050 nachhaltiger und gesünder ernährt. Dabei empfiehlt er der Bevölkerung auch, mehr Milchprodukte zu konsumieren.
Ernährung Schweiz
Schweizerinnen und Schweizer essen zu wenig Früchte, Gemüse, Hülsenfrüchte, aber auch Milchprodukte. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Teil der Ernährungs- und Landwirtschaftsstrategie 2050 sind auch die Konsumierenden.
  • Wenn sie sich gesünder ernähren, sei das auch nachhaltiger, hält der Bund fest.
  • Vegane Menschen bemängeln jedoch, dass tierische Produkte immer noch empfohlen werden.

«Es werden gemessen an den Ernährungsempfehlungen zu wenig Milchprodukte, Hülsenfrüchte, Früchte und Gemüse konsumiert»: So lautet das Fazit des Bundesrats im Bericht zur neuen Ernährungs- und Landwirtschaftsstrategie 2050. Was Schweizerinnen und Schweizer aber zu viel essen: Fleisch, Süsses, Salziges und Alkohol trinken sie auch zu viel.

Guy Parmelin Ernährungsstrategie
Bundesrat Guy Parmelin stellt am Donnerstag, den 23. Juni 2022, die neue Strategie des Bundesrats für Ernährungs- und Landwirtschaft bis 2050. - Keystone

Guy Parmelin präsentierte kürzlich vor den Medien besagte Strategie. Das Ernährungssystem der Schweiz soll gesünder und nachhaltiger werden: Ersteres hänge mit Letzterem zusammen.

Laut einer Modellrechnung beinhaltet eine umweltoptimierte Tagesernährung 69 Prozent weniger Fleisch, aber 17 Prozent mehr Milch als der aktuelle Durchschnitt; minus 42 Prozent Zucker, aber plus 120, respektive 190 Prozent Früchte und Gemüse. Das sei gesünder und umweltfreundlicher, so der Bundesbericht.

Milchproduktion, klimafreundlich?

Damit ist Raphael Neuburger nicht einverstanden. Der Umweltwissenschaftler ist Präsident der Veganen Gesellschaft Schweiz und ernährt sich seit über 20 Jahren vegan. «Die Erzeugung tierischer Lebensmittel ist extrem verschwenderisch», so Neuburger auf Anfrage, «nebst dem enormen Tierleid.»

Vegane Gesellschaft Schweiz
Raphael Neuburger und Sarah Moser: Er ist Präsident der Veganen Gesellschaft Schweiz, sie Geschäftsleiterin. - zVg

Die Verfütterung von Pflanzen an Tiere gehe mit einem hohen Verlust an Nährwerten einher. Zudem seien der Bedarf an Anbaufläche und Wasser und der Ausstoss von klimawirksamen Gasen viel grösser. Das betreffe explizit auch die Milchproduktion.

«Im Übrigen ist der Mensch für eine gesunde Ernährung keineswegs darauf angewiesen», so der Veganer. Alle Nährstoffe in Milch könnten durch pflanzliche Lebensmittel ersetzt werden, so etwa Kalzium oder Protein.

Damit ist auch Nationalrätin Meret Schneider, zumindest teilweise, einverstanden. Die Zürcherin ist ebenfalls Veganerin und bewertet die Strategie des Bundes etwas positiver. Die Stossrichtung stimme, so etwa der Wandel hin zu einer vegetarischen Diät: «Verglichen mit der Fleischproduktion ist der ökologische Fussabdruck viel kleiner. »

Meret Schneider
Nationalrätin Meret Schneider (Grüne/ZH) spricht im Bundeshaus während der Sommersession am 1. Juni 2022. - Keystone

Aus einer Tierwohlsicht sei es aber sicher nicht gut, Milchprodukte zu konsumieren, «auch für Vegetarier». Schneider plädiert vor allem für eine Reduktion der Tierhaltung, die auf Kraftfutter angewiesen sind. «In der Schweiz sind das vor allem Poulets», so die Grünen-Politikerin. Priorität in der Landwirtschaft sollten pflanzliche Lebensmittel haben und nicht futtermittelbasierte Tierhaltungen.

«Und natürlich kann man alle Nährstoffe in Milchprodukten mit veganen Produkten ersetzen», sagt Schneider. «Man sieht ja, dass der Anteil an Veganerinnen und Veganern steigt und die sind alle fit und gesund.»

Kühe Milch Vegan
Die Milchproduktion ist klimaschädlich, sagen Veganer. Und doch hält der Bund an der Kuhhaltung fest, weil die Weiden und Wiesen sonst nicht genutzt werden könnten. - Keystone

Der klimaschädliche Aspekt wird im Bericht auch vom Bundesrat anerkannt: «In der Regel belastet die Produktion pflanzlicher Lebensmittel die Umwelt zwar weniger stark als die tierische Produktion.»

Bund hält pflanzliches Protein auch für besser

Aber die Haltung von Wiederkäuern sei in der Schweiz sinnvoll, weil die Mehrheit der landwirtschaftlichen Fläche Wiesen und Weiden seien. Deren effizienteste Nutzung – mit dem Ziel, menschliche Ernährung zu produzieren – sei die Milchproduktion.

Ernährung Richtlinien
Zur Hälfte Gemüse und je zu einem Viertel Kohlenhydrate und Proteine. Ernährungsrichtlinien hängen im Bildungszentrum Palottis in Schiers. - Keystone

Und auch in Bezug auf Protein gibt der Bund dem Veganer recht. Der Anteil an pflanzlichen Proteinen müsse in der Schweizer Ernährung erhöht werden, heisst es im Bericht. Einerseits, weil dann der Selbstversorgungsgrad höher wäre.

Andererseits, weil die Konsumierenden dadurch zu mehr Proteinen kämen: Aktuell lande nur ein Sechstel des produzierten Proteins auf dem Teller, aufgrund von Umwandlungsverlusten bei der Fütterung von Nutztieren.

Achten Sie auf eine möglichst gesunde und nachhaltige Ernährung?

Eine Reform des Ernährungssystem wäre idealerweise auf den überwiegenden Konsum von pflanzlichen Lebensmitteln von möglichst vielen Menschen ausgelegt, sagt Neuburger. «So werden einerseits die Klimaziele erreicht, andererseits wird auch möglichst viel Tierleid vermieden.»

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