Es gibt Fragen, die Parlamentarier besser nicht gefragt hätten. Ein paar Trouvaillen.
albert Rösti Fragestunde Nationalrat
Bundesrat Albert Rösti in der Fragestunde des Nationalrats, am 6. März 2023. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Fragen kann man immer: Doch manche Antworten will man lieber nicht hören.
  • So ergeht es auch manchem Parlamentarier in der "Fragestunde".
  • Die Antworten des Bundesrats sind zwar nett formuliert, aber manchmal etwas blossstellend.

Letzte Woche haben wir festgehalten, dass der zurücktretende SVP-Nationalrat Roger Köppel in seiner Amtszeit nicht allzu viele Vorstösse eingereicht hat. Fairerweise muss man sagen: Den umgekehrten Fall gibt es allerdings auch. Nämlich Vorstösse, auf die man getrost hätte verzichten können. Das hat sich Anfang Woche wieder gezeigt.

Fragende Gesichter

Während den Sessionen beantworten am Montagnachmittag die Bundesräte jeweils zuvor von den Nationalräten eingereichte Fragen, die diesen unter den Fingernägeln brennen. Die sogenannte «Fragestunde» reicht dabei längst nicht aus, um alle Unklarheiten zu beseitigen. Etwa zwei Drittel der Fragen werden darum im Nachhinein schriftlich beantwortet – und das hat für die Fragesteller auch Vorteile.

Stefan Müller-Altermatt
Stefan Müller-Altermatt, Mitte-SO, spricht während der Herbstsession der Eidgenössischen Räte, am 30. September 2022 im Nationalrat in Bern. - Keystone

So wird wenigstens nicht auch noch im Video festgehalten, wie der Bundesrat belehrend süffisant seine vornotierte Replik verliest. So kinderleicht es ist, Fragen in der Fragestunde zu deponieren, so landesväterlich wird der Fragesteller je nachdem auch bei der Hand genommen.

Oft schwingt ein Unterton von «ja, wir wissen das natürlich» mit. Oder eine Antwort beginnt tröstend mit «der Bundesrat ist sich bewusst», auch wenn es sich um ein Randthema handelt. Wie die Antwort auf die Frage von Mitte-Nationalrat Stefan Müller-Altermatt, die beginnt mit: «Der Bundesrat kennt die Wichtigkeit von Tombolas zur Finanzierung von gemeinnützigen Vereinen.»

Denn Sie wissen nicht… (daher die Frage)

Ein paar illustrative Beispiele: SP-Nationalrätin Sarah Wyss macht sich stark für ihre Region. Sie will Klarheit über die Einschränkung der Servicezeiten bei den Grenzübergängen Stein und Koblenz, denn in Baden-Würtemberg ist man bereits «irritiert».

Keine Sorge, sagt der Bundesrat, beim Grenzübergang Stein sei lediglich der Lastwagenverkehr minim betroffen. Minim heisst in diesem Fall: «In Stein melden sich täglich in den frühen Morgen- und Abendstunden circa zwei Lastkraftwagenfahrer mit Transitverfahren am Schalter.»

Oligarch Viktor Vekselberg
Der Oligarch Viktor Vekselberg im Gespräch am Rande des «International Economic Forum» in St.Petersburg, am 17. Juni 2022. - Keystone

Minim sind die Auswirkungen auch im Fall des russischen Investors Viktor Vekselberg. Die Frage von SVP-Nationalrat Thomas Matter ist bereits im Tonfall einer zufälligen Begegnung gehalten: Was konkret «eigentlich» Vekselberg vorgeworfen werde, dass die schweizerischen Sanktionen rechtfertige?

Die Antwort: Die Schweiz mache ja nicht eigene Sanktionen, sondern übernehme diejenigen der Uno oder der EU. «Letztere hat Herrn Viktor Vekselberg nicht gelistet. Die Schweiz auch nicht.»

Frag den Google

GLP-Nationalrat François Pointet macht dagegen einen klassischen Fehler: Er will wissen, wie viele Ambulanzen «leer» zurückkehren, weil zum Beispiel ein Passant mit Epilepsie-Anfall gar keine Ambulanz benötigte. Antwort: Der Bund sei nicht zuständig fürs Rettungswesen und verfüge darum über keine Statistik. Lies, und das weiss doch Herr Pointet: Gesundheit ist Sache der Kantone.

Ambulanz der Ambulanz Region Biel AG in der Zentrastrasse in Biel.
Ambulanz der Ambulanz Region Biel AG in der Zentrastrasse in Biel. - Nau.ch / Ueli Hiltpold

FDP-Nationalrätin Jacqueline de Quattro sorgt sich um die Arbeitsbewilligungen für britische Staatsangehörige – denn diese kommen seit dem Brexit ja aus einem «Drittstaat». Der Bundesrat weist auf die seit 2021 gültige Regelung speziell für britische Staatsangehörige hin, mit einem Kontingent von 3'500 Personen. Was der Bundesrat netterweise nicht Frau de Quattro unter die Nase reibt: Das Kontingent wurde letztes Jahr bei weitem nicht ausgeschöpft – Sorgen überflüssig.

Jacqueline de Quattro
FDP-Nationalrätin Jacqueline de Quattro in einer Debatte während der Herbstsession 2022. - Keystone

SVP-Nationalrätin Barbara Steinemann hätte es ebenfalls wissen müssen, als sie ihre Frage zur Entwicklung der Messerdelikte in der Schweiz stellte. Der Bundesrat zitiert dazu aus der, jedes Jahr erscheinenden, polizeilichen Kriminalstatistik.

Meinten Sie vielleicht...

Etwas vertrackter ist es mit der nächsten Frage Steinemanns. Sie wollte unter anderem wissen, wie viele Migranten 2022 einen amtlichen Ausweis besassen, der als fälschungssicher gilt. «Es gibt keine strikte Definition eines «fälschungssicheren» amtlichen Ausweises», bedauert der Bundesrat. «Ausweise sind per se nie fälschungssicher. Das SEM verfügt daher über keine Statistik zu diesem Thema.»

Mit dem Thema seiner Fragen auseinandergesetzt hat sich dafür SVP-Nationalrat Martin Haab. Deshalb hat er im Rahmen der Energiestrategie-Massnahmen gleich drei Fragen zum gleichen Aspekt. Er will Auskunft zur Lebensdauer von Luft-Luft-Wärmepumpen, den erfahrungsgemässen Vollkosten von Luft-Luft-Wärmepumpen und der Sozialverträglichkeit der Ersatzinvestitionen von Luft-Luft-Wärmepumpen.

Luft/Wasser-Wärmepumpe
Die Bildagentur hat zum Stichwort Luft-Luft-Wärmepumpe dieses zu bieten: «Eine Luft/Wasser-Wärmepumpe der Marke Sixmadun steht frei installiert hinter einem Wohnhaus.» - Keystone

Komisch ist nur, dass jede der drei Antworten des Bundesrats genau gleich beginnt: «In der Schweiz sind Luft/Luft-Wärmepumpen nicht verbreitet. Der Bundesrat geht davon aus, dass die Anfrage sich auf Luft/Wasser-Wärmepumpen bezieht.»

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