Eigentlich hätte das Gesetz schon im Jahr 2022 in Kraft treten sollen, doch nun müssen Landwirte doch keine Biodiversitätsflächen auf Äckern einrichten.
acker biodiversitätsflächen
Landwirte mit einem gewissen Flächeanteil sollten dazu aufgefordert werden, einen Teil in Biodiversitätsflächen zu verwandeln - doch die Räte stellen sich nun doch dagegen. - Unsplash

Landwirtinnen und Landwirte in der Schweiz sollen auf Äckern keine zusätzlichen Biodiversitätsförderflächen schaffen müssen. Das verlangt das Parlament. Die Einführung der Massnahme wurde zuvor bereits zwei Mal verschoben.

Geplant war, dass Betriebe mit mehr als drei Hektaren offener Ackerfläche in der Tal- und Hügelzone mindestens 3,5 Prozent der Ackerfläche in diesen Zonen als Biodiversitätsförderfläche (BFF) ausweisen müssen. Beschlossen worden war dies im Frühjahr 2022 mit Verordnungen, die das Risiko beim Einsatz von Pestiziden vermindern sollten.

«Nicht reif für die Einführung»

Die Massnahme sollte eigentlich seit 2023 in Kraft sein. Die Einführung wurde aber bereits zwei Mal verschoben. Zuerst beschloss der Bundesrat wegen des Krieges in der Ukraine eine Einführung per Anfang 2024. Ende 2023 verlangte das Parlament mit einer Motion sodann eine Verschiebung auf 2025.

Nun fällt die Massnahme definitiv aus: Der Ständerat hat am Dienstag einen entsprechenden Vorstoss von alt Nationalrat Jean-Pierre Grin (SVP/VD) mit 25 zu 16 Stimmen bei 2 Enthaltungen angenommen.

Die Mehrheit der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates (WAK-S) befand die Biodiversitätsförderflächen als zu umstritten und für «nicht reif für die Einführung». Die Kommission habe wegen der Umstrittenheit des Vorstosses mit verschiedenen Akteuren wie dem Schweizer Bauernverband (SBV), IP Suisse, Biosuisse sowie der Konferenz der kantonalen Landwirtschaftsdirektoren (LDK) Anhörungen durchgeführt, informierte Kommissionssprecherin Esther Friedli (SVP/SG) den Rat.

Für Betriebe hinderlich

Die Kantone seien dabei unterschiedlicher Meinung gewesen, Biosuisse sprach sich gegen und der Bauernverband sowie die LDK für die Motion zum Fallenlassen der Ausweisung von mindestens 3,5 Prozent BFF aus. Die Massnahme wäre für die Betriebe hinderlich, sagte Friedli weiter. Auch sprach Friedli die zweimalige Verschiebung der Massnahme an: «Jetzt braucht es endlich Klarheit.» Peter Hegglin (Mitte/ZG) sagte: «Manchmal ist es besser, neu anzufangen.»

Im Parlament sei zudem nie die Rede davon gewesen, dass die definierten Reduktionsziele für Pestizide mit mehr Biodiversitätsförderflächen auf offenen Ackern erreicht werden sollten, so die Kommissionsmehrheit. Würden Äckern Fläche abgezwackt, würde dies die Produktion schwächen und folglich die Selbstversorgung, so die weiteren Erwägungen.

«Weiter wie bisher» führt zu geschwächter Ernährungssicherheit

Die Minderheit führte die schwindende Artenvielfalt sowie die Sicherung der Ernährungssicherheit und -souveränität der Schweiz ins Feld. «Die 3,5 Prozent Biodiversitätsförderflächen sind eine wirksame Massnahme zur Förderung der Biodiversität in der Schweiz», sagte Tiana Angelina Moser (GLP/ZH) stellvertretend. Auch könne dadurch die Pestizidbelastung in den Böden gesenkt und somit Trinkwasser gesichert werden.

Ein «Weiter wie bisher» ermögliche zwar punktuell einen höheren Ertrag, mittel- und langfristig werde die Ernährungssicherheit mit dem Entscheid aber geschwächt, so Moser weiter. Auch aus staats- und demokratiepolitischer Sicht sei die vorzeitige Abschaffung der Massnahme fragwürdig. Das Parlament habe sich zu Reduktionszielen verpflichtet, die es nun zu konkretisieren und umzusetzen gelte.

Umweltverbände reagieren sehr negativ

Das Parlament habe die Einführung dieser Massnahme für mehr Biodiversität mit früheren Entscheiden bestätigt, argumentierte auch der Bundesrat – wie schon im Nationalrat Ende 2023 – vergeblich gegen die Motion. Auch sprach er von einem Verstoss gegen Treu und Glauben: Betriebe, die bereits gehandelt hätten, würden mit der Verschiebung bestraft.

Die Umweltverbände WWF, Pro Natura, Birdlife und Greenpeace reagierten denn am Dienstag auch postwendend auf den Entscheid im Ständerat: Die Schweiz verliere damit die wichtigste Massnahme zur Nährstoff- und Pestizidreduktion in der Landwirtschaft. Die Politik ignoriere das Artensterben. Innovative Schweizer Bauern würden so bei der Anwendung umweltfreundlicher Produktionsmethoden alleine gelassen.

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