Emails sollen zeigen: Das Finanzdepartement habe schon vor Monaten an einem «Plan B» gearbeitet für den Fall eines Neins des Stimmvolks zur OECD-Mindeststeuer.
Karin Keller-Sutter OECD-Mindeststeuer
Bundesrätin Karin Keller-Sutter, Mitte, spricht neben den Finanzdirektoren Nathalie Fontanet (GE) und Ernst Stocker (ZH), während ihrer Medienkonferenz zur OECD-Mindeststeuer, am 24. April 2023. - keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Bei einem Nein zur OECD-Mindeststeuer sei eine rechtzeitige Umsetzung nicht möglich.
  • So jedenfalls das Argument von Finanzministerin Karin Keller-Sutter.
  • Interne Emails sollen nun zeigen: Schon vor Monaten gab es einen "Plan B".

Es eilt mit der Umsetzung der OECD-Mindeststeuer: Der Bundesrat hat gerade heute weitere Bestimmungen der Verordnung in die Vernehmlassung geschickt. Der Verordnung, die die Details aus der Vorlage regelt, über die das Stimmvolk aber erst am 18. Juni abstimmt. Der internationale Druck ist gross, dass die Schweiz nicht Abseits steht bei dieser globalen 15-Prozent-Mindeststeuer für grosse Konzerne.

Kein Plan B?

Nun zeigen interne Emails aus dem Finanzdepartement, die der «Wochenzeitung» (WOZ) vorliegen, dass es eventuell doch nicht so pressiert. Bei der Auftakt-Medienkonferenz von Finanzministerin Karin Keller-Sutter wurde die Frage gestellt, ob es im Falle eines Neins einen «Plan B» gebe. Die Antwort kam zwar von einer Kantonsvertreterin.

Medienkonferenz von Bundesrätin Karin Keller-Sutter und Vertretern von Städten und Kantonen zur OECD-Mindeststeuer.

Doch Keller-Sutter ergänzte und sagte auf eine Frage der «WOZ», eine rechtzeitige Umsetzung der OECD-Mindeststeuer sei dann ausgeschlossen. «Sicherlich wäre man nicht auf den 1. Januar 2024 bereit», betonte die Bundesrätin.

OECD-Mindeststeuer Plan B
Auszug aus einer internen E-Mail der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 28.2.2023 über die OECD-Mindeststeuer. - WOZ Die Wochenzeitung

In den mittels Öffentlichkeitsgesetz herausverlangten Emails vom Februar 2023 scheint dies weniger dramatisch formuliert. Dort bestätigt die Eidgenössische Steuerverwaltung, dass theoretisch bereits in der Herbstsession das Parlament eine neue Vorlage zur Umsetzung der OECD-Mindeststeuer beschliessen könnte. Frühestmöglicher Termin für die Volksabstimmung wäre dann erst im März 2024. Aber: Ein rückwirkendes Inkrafttreten per Anfang Jahr sei «rechtlich zulässig».

Steilpass für Gegner

Genau dies wollte die Steuerveraltung der «WOZ» aber nicht bestätigen. Ob eine Rückwirkung möglich wäre, könne erst nach einer Abstimmung «abschliessend beurteilt» werden, lautete die Antwort.

SP-Co-Präsident Cédric Wermuth spricht im Nau.ch Interview über die Umfrage-Ergebnisse zur OECD-Mindeststeuer. - Nau.ch

Dies könnte nun den Gegnern aus dem linken Lager in die Hände speielen: Diese befürworten zwar einen global durchgesetzten 15 Prozent-Satz, wie die OECD-Mindeststeuer ihn vorsieht. Sie sind aber mit der Geldverteilung nicht einverstanden und fordern deshalb eine neue Vorlage – für die demnach also noch Zeit wäre.

Wie wollen Sie bei der Umsetzung der OECD-Mindeststeuer abstimmen?

Hat Bundesrätin Karin Keller-Sutter wesentliche Fakten verschwiegen? Das Finanzdepartement stellt auf Anfrage der «WOZ» klar: Mitte März sei eben halt nicht «rechtzeitig». Man habe nicht explizit nach der Rückwirkung gefragt. Und die ursprüngliche Frage sei eben an die Kantonsvertreterin gerichtet gewesen, die Finanzministerin habe lediglich ergänzt.

EFD: «Diese Unterstellung ist falsch»

Gegenüber Nau.ch kehrt das Finanzdepartemen aber den Spiess um: Nicht die Bundesrätin lüge, sondern die «WOZ» verdrehe die Dinge. Der Artikel enthalte «Behauptungen in Bezug auf Aussagen von Bundesrätin Karin Keller-Sutter, die irreführend und falsch sind.»

Keller-Sutter WOZ Plan B
Das EFD widerspricht der Darstellung in der «Wochenzeitung» vehement. - Screenshot

Die Aussagen von Bundesrätin Karin Keller-Sutter seien alle korrekt. «Der von der «WochenZeitung» erhobene Vorwurf, Bundesrätin Karin Keller-Sutter habe Journalistinnen und Journalisten ‹in die Irre geführt›, eine ‹gestellte Frage› nicht beantwortet und die ‹Stimmbevölkerung in die Irre geführt›, ist nachweislich falsch.»

Die «WOZ» habe in der Medienkonferenz nach einer «rechtzeitigen», nicht nach einer «rückwirkenden» Umsetzung der OECD-Mindeststeuer gefragt. Wenn die politischen Entscheidungsträger eine Rückwirkung in der Verfassung selber festhalten würden, wäre sie automatisch auch rechtlich legimitiert, so das EFD. Ob man dies wolle, sei eine Frage, die aber eben erst im Falle einer Ablehnung «abschliessend beurteilt» werden könne.

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