Executive Lounge, Liegesessel und zu hohes Gewicht für die kurze Landebahn in Bern-Belp: Der neue Bundesratsjet hat es in sich. Zu viel? Ein Kommentar.
Bombardier Bundesratsjet
Über den Wolken muss es ein Bundesratsjet sein, der mit allen Wassern gewaschen ist: Die Bombardier Global 7500. - bombardier.com
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Das Wichtigste in Kürze

  • Der neue Bundesratsjet sieht sehr luxuriös aus.
  • Ausserdem braucht er mehr Anlauf, als das Belpmoos zu bieten hat.
  • Ein Problem? Zwei? Ein Kommentar.

Potz Protz: Wenn man sich die Broschüre des Herstellers Bombardier anschaut, dann kauft sich der Bundesrat da ein veritables Luftschloss. Die Bombardier Global 7500 kommt in Gold-Tönen daher, die Sitze seien eine aviatische Revolution und als Passagiere sind gutaussehende Menschen zugelassen in Anzug und Krawatte oder wenn schon krawattenlos, dann auch kniefrei.

Broschüre Bundesratsjet
Ausschnitt aus der Online-Broschüre für den neuen Bundesratsjet. - bombardier.com

Also Grund genug, um neidisch zu werden. Man sieht es schon vor dem geistigen Auge: Es wird wieder wie früher. Im Belpmoos fährt die schwarze Limousine vor, ein Chauffeur in Schale schleppt (schleppt!) schwere Koffer und man würde auch gerne fortgespickt.

Flughafen Belpmoos Pistenverlängerung
Der Flughafen Belpmoos. 2008 wurde die Piste um 250 Meter verlängert (im Vordergrund): zu wenig! - keystone

Bis sich herausstellt, dass dieser Business-Jet zwar am weitesten und schnellsten fliegt, aber in Bern-Belp gar nicht starten kann. Nicht etwa, weil auf der Startbahn Nebel kleben würde oder Möwen rumhocken. Sondern weil die Startbahn 25 Meter zu kurz ist.

Bombardier Global 7500 Startbahn
Dies ist keine Möwe, aber eine genügend lange Startbahn für die Bombardier Global 7500. - bombardier.com

Das ist ja wieder mal typisch: 100 Millionen verlocht der Bundesrat, oder besser, wirft er zum Fenster raus, aber für die Sanierung der AHV hat es wieder kein Geld. So viel Luxus, die sollen arbeiten und nicht im Liegesessel über dem Nordatlantik pennen. Überhaupt soll dieser Bundesrat doch aufhören, in der Welt herumzujetten, für wen halten die sich eigentlich?

Früher war mehr Heimat

Ah, ja, für Bundesräte. Und für die AHV-Sanität braucht es ja ein paar Milliärdchen, von dem her. Und, stellt sich auf Nachfrage heraus: Dieser bombige Jet kann ja doch starten im Belpmoos, einfach statt mit 19 nur mit maximal acht Bundesräten. So fliegt er zwar nicht gerade nach Südostasien, aber immerhin nach Washington.

Bombardier Global 7500 Bundesratsjet
Das Innere der Kabine in der Bombardier Global 7500.
Bombardier Global 7500 Bundesratsjet
Die Conference-Suite hat Platz für sechs Personen.
Bombardier Global 7500 Bundesratsjet
Der «Nuage»-Sitz ist patentiert und hochbequem.
Bombardier Global 7500 Bundesratsjet
In der Suite gibt es ein normal grosses Bett.
Bombardier Global 7500 Bundesratsjet
Auf dem Sofa – das in ein Bett konvertierbar ist – lässt sich bequem Fernsehen.
Bombardier Global 7500 Bundesratsjet
Das Cockpit der Bombardier Global 7500: Der Jet verfügt über die neusten Technologien.

Dass die Bundesräte gefälligst zu Hause bleiben sollten, das hatten wir auch schon mal versucht. Im 19. Jahrhundert, mit ein paar wenigen Ausnahmen, als zum Beispiel 1867 Karl Schenk zu Gast bei Napoleon III. war. Aber das war eine Ausnahme, nicht dass das einreisst, und Hauptsache der Bundespräsident bleibt im Land.

Shanghai Bombardier
Eine Bombardier Global 7500 fliegt über Shanghai. - bombardier.com

Was ein bisschen ein Problem war, weil damals immer der Aussenminister als Bundespräsident amtierte. Das war aber auch ein grosser Vorteil, denn so hatte das Ausland immer einen guten Grund, uns schräg anzuschauen, wenn wir mal wieder nicht anreisten. Da musste man wenigstens nicht nach Ausreden für herablassende Blicke suchen und dann bei so seltsamem Gschmäus landen wie Nazi-Gold, Russland-Sanktionen oder DJ Bobo.

Jetzt gilt es aber ernst

Nein, im Ernst: Der Bundesrat kann wohl wenig dafür, dass es «seinen» Jet nur in einer Farbvariante gibt. Sonst hätte er selbstverständlich schon mit Rücksicht auf die Integrität des Finanzplatzes auf weitere Gold-Assoziationen verzichtet. Und dafür alles in Rot-Weiss bestellt, damit man in den USA dann auch möglichst aggressiv ankommt.

Sitz Nuage Bundesratsjet
Dieser Sitz sei die grösste Revolution in Sachen Flugzeugsitzen seit drei Jahrzehnten und heisst «Nuage», oder wie man in Kanada sagt: «New Age». - bombardier.com

Nein, im Ernst: Keine Ahnung, ob so ein revolutionärer Jet-Sessel bequem ist, aber wenn die Frau Finanzministerin nachher den ganzen Tag dem Parlament Red und Antwort stehen muss, bin ich froh, wenn sie das ohne Jetlag tut.

Kontrollturm Flughafen Payerne
Der Kontrollturm des Militärflughafens in Payerne FR. - keystone

Ausserdem, stellt sich heraus, selbst mit 19 Bundesräten und vollbetankt müsste die Bombardier Global 7500 nicht in Zürich, Basel oder Genf abheben. Das geht nämlich auch ab dem Militärflugplatz Payerne. Aber waren sie schon mal in Payerne? Da drüber kann man kein Lied von singen; da will man nicht fortgespickt werden, ja, nicht einmal Möwen kleben auf der Startbahn. Also doch eine Fehlinvestition?

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