Nationalrat will Selbstständige doch nicht retten
Das Wichtigste in Kürze
- Selbstständige stehen im Nachgang zu den Corona-Massnahmen massenweise vor dem Aus.
- Seit Ende Mai kommen sie nämlich nicht mehr in den Genuss staatlicher Unterstützung.
- Für den Nationalrat ist eine Weiterführung der Massnahmen kein Thema.
Schweizer Selbstständige haben es im Nachgang zu den Corona-Massnahmen besonders hart. Am 20. Mai beschloss der Bundesrat die Aufhebung der Unterstützungsmassnahmen. Dies «in Abstimmung mit der schrittweisen Öffnung der Wirtschaft», begründet die Landesregierung den Entscheid.
Dabei bedeutet das Ende des Lockdowns für viele Selbstständige keineswegs die Rückkehr zum Normalbetrieb: Hochzeiten wurden verschoben, Festivals sind abgesagt und viele Menschen bleiben nach wie vor zu Hause.
Fotografen, Tontechniker und Event-Veranstalter haben Corona-bedingt kaum Aufträge. Und damit fliesst auch kein Geld aufs Konto. Nun gibt es für die Schweizer Selbstständige aber neue Hoffnung.
Nationalrat sieht dringenden Handlungsbedarf
Der Nationalrat wollte erst helfen. Einen Ordnungsantrag von Cédric Wermuth (SP/AG) nahm der Rat mit 93 zu 91 Stimmen und bei 8 Enthaltungen an.
Eingereicht hatte die Vorstösse die Kommission für soziale Sicherheit des Nationalrats (SGK). Die ökonomische Krise sei für viele Betriebe noch nicht überwunden, argumentiert sie. Es gebe daher keinen Anlass, die Hilfe diese zu streichen.
Damit Vorstösse im Parlament behandelt werden, müssen diese vorab vom Bundesrat beantwortet werden. Weil die zwei Motionen erst am 27. Mai eingereicht wurden, gab die Regierung bekannt, diese vor der Herbstsession zu beantworten.
Dass sie nun auf die Traktandenliste für die laufende Session genommen werden, verstosse gegen die Rechte des Bundesrats. Das sei im Parlamentsgesetz festgehalten, erläuterte Nationalratspräsidentin Isabelle Moret (FDP/VD).
Die FDP hat darum einen Ordnungsantrag gestellt, die Traktandierung aus formalen Gründen wieder abzusetzen. Dieser wurde am Dienstagvormittag knapp angenommen – zum Ärger der Linken.
FDP-Nationalrat Kurt Fluri argumentiert, dass der Beschluss gesetzeswidrig und nutzlos gewesen sei, da der Bundesrat diese Woche keine Stellung mehr hätte beziehen können. «Einen undurchsetzbaren Antrag einzureichen, bloss um dem Bundesrat die Schuld in die Schuhe schieben zu können, ist perfid und populistisch.»
Bundesrat prüft Massnahmen für Härtefälle
Zuvor – in der Fragestunde des Nationalrats – verteidigte Wirtschaftsminister Guy Parmelin die Aufhebung der Unterstützungsmassnahmen.
Er sagte, eine Mehrheit von Betrieben habe die Arbeit nach den verschiedenen Lockerungsschritten zwar wieder aufnehmen können. Es gebe aber Härtefälle, die man genauer unter die Lupe nehmen müsste.
Sein Wirtschaftsdepartement WBF erarbeite derzeit einen Bericht, in welchem weitere Massnahmen für verschiedene Branchen geprüft würden. Der Bundesrat werde an einer seiner nächsten Sitzungen darüber befinden.
Nationalrat: Kritik von links und rechts
Kritik auf die Aussagen von Parmelin und die Massnahmen der Regierung gab es im Nationalrat von links und rechts. Die Zürcher SP-Nationalrätin Jacqueline Badran kritisierte, dass die Veranstaltungsbranche vergessen werde. Viele Selbstständigerwerbende und KMU-Inhaber seien in ihrer Existenz bedroht.
Der Ausserrhoder SVP-Nationalrat David Zuberbühler stellte die Frage, weshalb der Bundesrat das Notrecht nicht sofort auflöse. Die Einschränkungen für viele Betriebe seien nicht mehr notwendig.
Parmelin erinnerte daran, dass der Bundesrat nur befristete Notverordnungen erlassen könne. Er beobachte die Situation laufend. Dabei würden stets wirtschaftliche und epidemiologische Überlegungen berücksichtigt.