Das Parlament soll sich in besonderen Fällen künftig auch virtuell treffen können. Das schlägt der Nationalrat nach Erkenntnissen in der Corona-Pandemie vor.
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Der Schweizer Nationalrat. (Symbolbild) - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Das Parlament soll künftig virtuell tagen können, wünscht der Nationalrat.
  • So soll es in Krisenlagen auch aus der Ferne mehr Einfluss nehmen können.
  • Hintergrund für den Vorschlag sind die Ereignisse zu Beginn der Corona-Pandemie.
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Das Bundesparlament soll künftig virtuell tagen können. Generell soll es in Krisenlagen mehr Einfluss nehmen können als dies zu Beginn der Pandemie der Fall war. Als Erstrat hat der Nationalrat am Montag entsprechenden Vorschlägen seiner Staatspolitischen Kommission (SPK-N) zugestimmt.

Die grosse Kammer hiess drei Vorlagen zum Thema mit jeweils nur einer Gegenstimme gut. Zwei davon gehen an den Ständerat. Die dritte Vorlage betraf Änderungen des Geschäftsreglements des Nationalrats. Hier reicht die Zustimmung der grossen Kammer aus.

Grund für Regelungen sind Corona-Pandemie

Hintergrund der neuen Regelungen sind die Ereignisse zu Beginn der Corona-Pandemie im Frühling 2020. Damals war die Frühjahrssession des Bundesparlaments abgebrochen worden, die Tätigkeit der Kommissionen wurde vorübergehend eingeschränkt.

Die Vorlagen gehen zurück auf zwei parlamentarische Initiativen der SPK-N. Nach deren Annahme in beiden Räten arbeitete die Kommission einen Entwurf aus. Konkret schlägt sie vor, dass die Räte in Situationen, in denen sie physisch nicht zusammentreten können, künftig auch virtuell tagen können sollen.

Bei Ereignissen, die nur einzelne Regionen betreffen, etwa Naturkatastrophen, soll es möglich sein, einzelne Ratsmitglieder virtuell zuzuschalten. Ratssitzungen ausserhalb Berns sollen leichter möglich sein.

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In der Pandemie waren viele Hauptversammlungen nicht möglich - AFP/Archiv

Neu sollen zudem ausserordentliche Sessionen unter bestimmten Voraussetzungen unverzüglich einberufen werden. Dies, sofern dies ein Viertel der Mitglieder der eidgenössischen Räte oder der Bundesrat verlangt. Vorgesehen ist auch eine Verkürzung der Fristen für die Behandlung, etwa bei Motionen oder parlamentarischen Initiativen. Dies, damit das Parlament rasch handeln kann, insbesondere, wenn es Änderungen an Verordnungen des Bundesrats will.

Weiter soll der Bundesrat Entwürfe für sogenannte «Notverordnungen» immer der zuständigen Parlamentskommission vorlegen müssen. Schliesslich sieht die Vorlage die Schaffung einer Verwaltungskommission als Führungsorgan des Parlaments vor. Diese soll die heutige Verwaltungsdelegation, die aus Mitgliedern der Ratsbüros besteht, ersetzen.

Handlungsbedarf umstritten

Der Handlungsbedarf war in der Debatte unbestritten. Der Abbruch der Frühjahrssession 2020 sei höchst problematisch gewesen, sagte etwa Céline Widmer (SP/ZH). Zwar hätte es schon damals Möglichkeiten gegeben, anders zu handeln. Die geplanten Neuerungen seien jedoch sinnvoll.

Kurt Fluri (FDP/SO) gab in diesem Zusammenhang allerdings zu bedenken, auch ohne den Abbruch der Session hätte es keine Parlamentsentscheide zur Corona-Krise gegeben. Denn Anträge dazu hätten gefehlt, man hätte einfach das normale Sessionsprogramm abgearbeitet.

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Kurt Fluri, FDP-Nationalrat im Bundeshaus und Stadtpräsident von Solothurn. - Keystone

In der Detailberatung gaben Sitzungen von Kommissionen zu reden, in denen man sich von Rechts wegen nicht vertreten lassen kann. So etwa bei der Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel). Es ging um die Frage, ob solche Sitzungen «hybrid» durchgeführt werden können sollten. Also, ob sich einzelne Mitglieder virtuell zuschalten können sollten.

Eine Minderheit um Jean-Luc Addor (SVP/VS) wollte dies nicht und machte Vertraulichkeitsgründe geltend. Der Rat folgte aber der Kommissionsmehrheit.

Abgelehnt wurden zudem zwei Minderheitsanträge der Linken. Diese forderte einerseits, dass ein Drittel der Mitglieder einer Kommission eine ausserordentliche Sitzung des jeweiligen Gremiums verlangen können sollten.

Notverordnungen sollen abstrakt überprüft werden können

Zudem sollte das Bundesverwaltungsgericht Notverordnungen des Bundesrats und des Parlaments in Krisensituationen auch abstrakt überprüfen können. Also bereits dann, wenn es noch keine konkrete Anwendung gibt, gegen die man gerichtlich vorgehen könnte.

Ohne Erfolg verwies Balthasar Glättli (Grüne/ZH) auf die Einschränkungen der Grundrechte zu Beginn der Pandemie. Er warnte zudem vor möglichen «worst case»-Szenarien, etwa die Absage von Wahlen in Krisensituationen. Genau für solche Fälle gebe es die Gewaltentrennung.

Der Bundesrat hatte sich mit den Vorschlägen der SPK-N weitgehend einverstanden erklärt. Vorbehalte meldete er hinsichtlich der Verkürzung von Fristen zur Beantwortung von Vorstössen an - insbesondere, weil im Falle gleichlautender Kommissionsmotionen auch in «normalen» Zeiten eine kürzere Frist gälte. Die Bundesverwaltung und die Landesregierung benötigten für eine fundierte Stellungnahme ausreichend Zeit.

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