Nationalrat sagt nach Marathondebatte Nein zur SRG-Initiative
Die Volksinitiative «200 Franken sind genug» findet im Nationalrat keine Mehrheit.

Die grosse Kammer empfiehlt das von SVP-Kreisen lancierte Volksbegehren zur Ablehnung. Nur die SVP und ein Teil der FDP-Fraktion stimmten am Donnerstag für einer Senkung der der Gebühren für Radio und Fernsehen von heute 335 auf künftig 200 Franken pro Jahr.
Die grosse Kammer lehnte die von SVP-Kreisen lancierte Initiative am Donnerstag mit 116 zu 74 Stimmen bei zwei Enthaltungen ab. Als Nächstes muss sich der Ständerat mit der Sache befassen.
Ebenfalls keine Mehrheit fanden zwei Anträge von Kommissionsminderheiten, die Gegenvorschläge verlangten. Eine SVP-Minderheit wollte die Initiative an die Kommission zurückschicken mit dem Auftrag, doch noch einen indirekten Gegenvorschlag auf Gesetzesebene auszuarbeiten.
Eckpunkte jenes Antrags waren die Forderung nach mehr Effizienz, eine Entlastung der Haushalte und eine Einschränkung der Aktivitäten der SRG bei Unterhaltung und Sport sowie im Online-Bereich. Er scheiterte im Rat mit 106 zu 82 Stimmen bei vier Enthaltungen.
Eine zweite Minderheit der Kommission aus den Reihen von SP und Grünen forderte dagegen einen direkten Gegenvorschlag. Die neue Verfassungsbestimmung hätte eine Finanzierung von Radio und Fernsehen über einen durch die Mehrwertsteuer gespeisten, unabhängigen Fonds vorgesehen. Der Rat verwarf das Vorhaben mit 128 zu 62 Stimmen bei zwei Enthaltungen.
Den Entscheiden ging eine fast achtstündige Debatte voraus – verteilt auf drei Sessionstage. Namentlich die Ratslinke und die Mitte warnten dabei, die Initiative schade der Medienvielfalt, der medialen Versorgung in den verschiedenen Sprachregionen und damit dem Zusammenhalt des Landes.
Bei einer Annahme der Initiative würde die SRG in ihrer heutigen Form nicht mehr existieren, sagte Martin Candinas (Mitte/GR) namens der vorberatenden Kommission.
Ersparnis von 37 Rappen pro Tag
Der SRG solle auf einen Schlag die Hälfte ihrer Mittel gestrichen werden, sagte Valérie Piller Carrard (SP/FR). Ohne öffentliches Radio und Fernsehen sei die mediale Versorgung von grossen privaten Medienhäusern und ausländischen Sendern abhängig.
«Demokratiefeindliche Kräfte haben ein Interesse daran, Medienplattformen entweder zu kaufen oder zu schwächen», sagte Anna Rosenwasser (SP/ZH). Es gehe um einen wesentlichen Teil der Demokratie.
Benjamin Roduit (Mitte/VS) warnte vor einer Zentralisierung der SRG im Falle einer Annahme der Initiative. Damit würden die Gegebenheiten in den verschiedenen Regionen ignoriert.
Die Initiative würde gerade einmal eine Ersparnis von 37 Rappen pro Tag und Haushalt bringen, gab Priska Wismer-Felder (Mitte/LU) zu bedenken.
Die Initiative sei ein Angriff auf das, was die Schweiz ausmache, sagte Marc Jost (EVP/BE). Die SRG sei ein Bollwerk gegen die gegenwärtige Flut von Falschnachrichten und Propaganda. Unabhängige Information sei kein Luxus, sondern eine Lebensversicherung der Demokratie.
Auch die GLP und eine Mehrheit der FDP-Fraktion wiesen die Initiative als zu radikal zurück. Ihre Fraktionssprecher mahnten aber Reformen an und verlangten namentlich die Abschaffung der Unternehmensabgabe. Diese ist nebst der Gebührensenkung die zweite Kernforderung der Initiative.
Es sei eine Illusion, dass der mediale Service Public zum halben Preis weiterexistieren könne, sagte Katja Christ (GLP/BS). Natürlich solle die SRG nicht private Anbieter konkurrenzieren. «Aber dazu braucht es keine Kahlschlag-Initiative.»
SRG bereits an Umsetzung eines Sparprogramms
Die SVP argumentierte, es brauche eine Entlastung der Haushalte, mehr Effizienz und gleich lange Spiesse zwischen der SRG und privaten Medienunternehmen.
«Wenn sie sagen, Medien gehörten zur staatlichen Infrastruktur, haben sie den Mechanismus nicht verstanden», sagte Gregor Rutz (SVP/ZH). Die Gegner des Volksbegehrens hätten offenbar kaum Vertrauen in private Initiative und Wettbewerb.
Die SRG sei zu gross geworden, sagte Manfred Bühler (SVP/BE). Es gebe keinen Grund, den Kauf teurer Sportrechte oder Unterhaltungssendungen aus Gebührengeldern zu finanzieren.
Es gehe um Wahlfreiheit für die Konsumentinnen und Konsumenten, warb Peter Schilliger (FDP/LU) für die Initiative.
Der Bundesrat war den Initianten bereits im vergangenen Jahr entgegengekommen. Er beschloss, die Haushaltsabgabe auf dem Verordnungsweg auf 300 Franken pro Jahr zu senken.
Medienminister Albert Rösti wehrte sich in der Debatte gegen den Vorwurf, das Vorgehen der Landesregierung sei demokratiepolitisch fragwürdig, weil damit dem Entscheid des Stimmvolks vorgegriffen werde. Es sei sie Aufgabe des Bundesrates, die Details in der Verordnung zu regeln. «Wenn er diese Aufgabe nicht erfüllt, macht er seinen Job nicht.»
Die SRG ist bereits an der Umsetzung eines Sparprogramms. Bis 2029 rechnet sie mit Einsparungen von rund 270 Millionen Franken. Dies entspricht rund 17 Prozent des heutigen Finanzrahmens.