Longchamp zum 2025: Das Jahr der «skeptischen Zufriedenheit»

Matthias Bärlocher
Matthias Bärlocher

Bern,

Ein Telefonat und wirtschaftliche Turbulenzen: Politologe Claude Longchamp blickt zurück auf das Jahr 2025 und dessen Folgen für die Bevölkerung.

00:00 / 00:00

Politologe Claude Longchamp erklärt im Nau.ch-Talk, warum er im 2025 rückblickend eine «skeptische Zufriedenheit» bzw. «zufriedene Skepsis» sieht. - Nau.ch

Das Wichtigste in Kürze

  • Für Claude Longchamp herrschte 2025 «skeptische Zufriedenheit» oder «zufriedene Skepsis».
  • Im Nau.ch-Talk erläutert er, was damit gemeint ist, und wie es dazu kam.
  • Hauptereignis sei das Telefonat von Bundespräsidentin Keller-Sutter mit Präsident Trump.

Das zu Ende gehende 2025 war ein Jahr der Weichenstellungen. Im Sorgenbarometer machten die Präsidentschaft von Donald Trump, der Ukraine-Krieg und die Nahost-Konflikte die grössten Sprünge nach vorne.

Politologe Claude Longchamp bezeichnet die Stimmung in der Bevölkerung als «skeptische Zufriedenheit» oder «zufriedene Skepsis». Im Nau.ch-Talk erläutert er, was damit gemeint ist und wie gross die (wirtschaftlichen) Sorgen im Volk wirklich sind.

Skeptischer gegenüber der Zukunft…

Einerseits herrsche Skepsis wegen der Weltlage, so Longchamp: «Wegen des Kriegs in Europa, wegen der wirtschaftlichen Entwicklungen und wegen der Verteilkämpfe, die heftiger wurden.»

Ukraine Krieg
Unterstützt wird das Format mit Geldern aus der Staatskasse. (Archivbild) - keystone

Als Folge habe die Bevölkerung nicht den Optimismus, der ein Verstärker für eine Verbesserung sein könnte. Sondern sie sei skeptischer gegenüber der Zukunft. Im Sinne von: Eigentlich kann es nur noch schlechter gehen als bisher.

«Es kann schlechter gehen für meine Kinder: Sie werden es schlechter haben als ich selbst. Es kann aber auch schlechter gehen für uns als Gesellschaft: Wir können uns nicht mehr alles leisten», erläutert Claude Longchamp.

…aber nicht bei sich selbst

Auch der Worst Case könne eintreffen: Dass Europa militärisch bedroht werde und wir unsere Lebensweise ganz umstellen müssten.

Hier komme aber der Punkt der Zufriedenheit ins Spiel. Denn die meisten Leute sagten sich: «Das ist die allgemeine Lage, aber dort, wo ich selbst bin, hat es beschränkte Auswirkungen.»

00:00 / 00:00

Claude Longchamp: Die generelle Situation erscheint schlechter als die individuelle. - Nau.ch

So gehe es beim Konsum den meisten relativ gut. Die Löhne seien gestiegen, ausser im Gesundheitsbereich und im Journalismus, sodass der Eindruck vorherrsche: Ganz erreicht hat es uns noch nicht. «Wir haben hohe Krankenkassenprämien, da und dort ein vereinzeltes Problem, aber nicht so, dass mein Leben radikal umgestellt worden wäre.»

Telefonat wird zum Hauptereignis

Was rückblickend das Hauptereignis des Jahres war, ist für den Politologen klar: das Telefongespräch von Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter mit US-Präsident Donald Trump. «Ausgerechnet am Vorabend des Bundesfeiertages und dann auch das Thema des Bundesfeiertages. Also schlechter als genau diese Situation konnte es ja nicht kommen.»

Donald Trump Karin Keller-Sutter
Am 31. Juli haben Donald Trump und Karin Keller-Sutter zusammen telefoniert. - keystone

Ein Ereignis, das auch die folgenden Monate bestimmend war: «Die Wirtschaft musste sich kurzfristig anpassen, die wirtschaftlichen Aussichten wurden schlechter.»

Ausgerechnet Keller-Sutter

Und dann ausgerechnet Keller-Sutter: «Von der man dachte, sie sei der Star der Regierung, sie sei auf dem Höhepunkt ihrer Karriere. Es gab einen Absturz und einen Cut. Das hat auch etwas das Bild geöffnet, was dahinter nicht funktioniert.»

Karin Keller-Sutter sei massiv kritisiert worden, nicht nur für ihre USA-Politik, sondern auch innenpolitisch, für das Entlastungspaket.

Karin Keller-Sutter Entlastungspaket
Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter spricht im Ständerat zum Entlastungspaket, am 17. Dezember 2025. - keystone

Im Ständerat sei sie aufgelaufen, die Lobbyisten wollten da und dort nichts von Kürzungen wissen und auch die Kantone bremsten. So habe der Ständerat das bereits gestutzte Sparpaket um eine weitere Milliarde pro Jahr gestutzt: «Unter dem Strich sind die erhofften Umlagerungseffekte, vor allem für die Armee, wohl im 2027 oder 2028 bereits verpufft.»

Die Wirtschaft hält dagegen

Insgesamt konstatiert Claude Longchamp eine «gedämpfte Stimmung», was auch eins der prägenden Stichworte für 2025 gewesen sei. Die Wirtschaftsindikatoren seien rasch korrigiert worden, mit leicht schlechteren, aber nicht katastrophalen Prognosen.

Wie war für dich 2025?

Bei der Bevölkerung komme es indes etwas darauf an, welche Gruppe man betrachte, da nicht alle gleichermassen betroffen seien. Einige hätten sehr gut und besser als zuvor verdient: «In der Bilanz-Liste hat es plötzlich einen 30-fachen Milliardär, von dessen Existenz man vor einem Jahr noch gar nichts wusste.»

Ungleiche Verteilung

Während es bei den sehr reichen gigantische Veränderungen gegeben habe, stehe bei den meisten anderen Sparen im Vordergrund. Das könne sich auf die Wirtschaft auswirken: «Denn wenn dann der Konsum zurückgeht – immer noch eine Stärkung der Wirtschaftsentwicklung – wird man das zu spüren bekommen.»

Die Löhne, hält Politologe Longchamp fest, dürften noch nicht das ganz grosse Problem sein. «Die Löhne sind 2025 gestiegen, im Schnitt um die zwei Prozent, wenn auch ungleich verteilt. Das Problem ist die Vermögensverteilung und die indirekten Wirkungen davon in der Zukunft.»

Kommentare

User #3577 (nicht angemeldet)

Fragt mal die Bürger da werden wohl nur wenige zufrieden sein... es hat sich rein gar nichts verändert... spart euch die netten Worte

Weiterlesen

sdf
37 Interaktionen
Finanzen & Trump
Karin Keller-Sutter Donald Trump
673 Interaktionen
Bei Zoll-Telefon
KKS
47 Interaktionen
Monster-Debatte

MEHR AUS STADT BERN

Messer
2 Interaktionen
Bern
2 Interaktionen
Bern
2 Interaktionen
In höheren Lagen