Die Mitte wird bei den Wahlen 2023 erstmals als fusionierte Partei antreten. Claude Longchamp errechnet der Partei gute Aussichten.
Politologe Claude Longchamp zieht Bilanz bei der «Mitte» und ordnet die Ausgangslage für die Wahlen 2023 ein - Nau.ch
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Das Wichtigste in Kürze

  • Rund ein Jahr vor den Wahlen 2023 stellt Claude Longchamp die Parteien auf den Prüfstand.
  • Für die Mitte blickt der Politikwissenschaftler recht zuversichtlich in die Zukunft.
  • Die Partei dürfte sich bei den Wahlen 2023 erneut vor den Grünen positionieren.

Die Mitte steht bei den Wahlen 2023 erstmals nach ihrer Fusion von BDP und CVP auf den landesweiten Wahlzetteln. Kann die junge Partei aus den dazugewonnenen Wähleranteilen Profit schlagen? Oder entpuppt sich die Fusion als Hypothek?

Wahlen 2023 Gerhard Pfister
Parteipräsident Gerhard Pfister spricht an der Delegiertenversammlung der CVP Schweiz zur Namensänderung in «Die Mitte», am Samstag, 28. November 2020 in Unterägeri ZG. (Archivbild) - Keystone

Nau.ch hat bei Politikwissenschaftler Claude Longchamp nachgefragt, wie er die Chancen der Mitte für die Wahlen 2023 einschätzt. Für den Experten steht fest: Eins und eins ergibt nicht immer zwei – Fusionen sind ein zweischneidiges Schwert. Die Mitte müsse sich wohl auf gewisse Verluste einstellen, dürfte sich aber dennoch erneut vor den Grünen einreihen.

Die Mitte kann bei wichtigen Aspekten punkten

Dennoch betont Longchamp: Gerade in einigen Einzelaspekten könne die Mitte im politischen Zentrum durchaus punkten. Mit Bundesrätin Viola Amherd verfüge die Partei beispielsweise über eine äusserst populäre Figur «fürs Schaufenster».

Wahlen 2023 Longchamp Mitte
undesrätin Viola Amherd äussert sich an einer Medienkonferenz zum Programm «Air2030» am Donnerstag, 2. Mai 2019, in Bern. (Archivbild) - Keystone

Überdies könne sich die Mitte auf ein erfahrenes Sekretariat und einen guten Kommunikator als Präsidenten verlassen. Diese Stärken könnten der Mitte in die Karten spielen und ihr ein besseres Resultat einbringen, als man prinzipiell erwarten würde.

Positionierung zwischen den Polen entscheidend

Für Longchamp ist die Fusion allerdings nicht die einzige Frage, die für die Wahlen 2023 von entscheidender Bedeutung sein wird: Für die Mitte sei es besonders wichtig, sich plausibel zwischen den Polen zu positionieren. In der Diskussion um die AHV 21 sei dies ansatzweise gelungen: Die Partei hat sich sowohl gegenüber dem Linken, als auch gegenüber dem Rechten Lager deutlich abgegrenzt. Schliesslich ist es der Mitte denn auch gelungen, im Abstimmungskampf einen grossen Erfolg zu erzielen. Unterschätzt hat man aber die ausgelöste Polarisierung.

Wahlen 2023 Longchamp Mitte
Ruth Humbel, Nationalrätin Mitte (AG), gibt ein Interview, kurz vor Beginn einer Medienkonferenz zur «AHV 21», am Freitag, 26. August 2022 in Bern. Die Positionierung zwischen den Polen wird auch für die Wahlen 2023 von zentraler bedeutung sein. (Archivbild) - Keystone

Ferner betont der Experte: Die Mitte konnte auch davon profitieren, dass die mit dem «C» verknüpften Vorurteile gegenüber der CVP beiseitegelegt werden konnten. Primär die Jungpartei konnte dadurch aktiver, sichtbarer und unabhängiger auftreten. Das rasche Vorpreschen bei der «Ehe für alle» sei ein deutliches Indiz für diese Entwicklung. Ein ähnliches Verhalten wäre unter dem Banner der CVP «ziemlich sicher undenkbar» gewesen.

Denken Sie, nach den Wahlen 2023 wird die Zauberformel gekippt?

Longchamp ist sich sicher, dass auch die Frauen in der Partei von dieser Entwicklung profitieren konnten. Jüngst wurden auch zahlreiche Mitte-Politikerinnen in kantonale Regierungen gewählt. Auch in Kantonen, wo dies für die CVP kaum vorstellbar gewesen wäre.

Neue Fraktionsgemeinschaft nach den Wahlen 2023?

Für den Politikexperten zeichnet sich minimal ein Halten der Mitte ab. Gleichzeitig betont Longchamp, dass ein Vorbeikommen an der FDP nach wie vor der «grosse Angelpunkt» der Partei darstellen wird. Alleine werde die Mitte dies allerdings kaum bewerkstelligen können.

Laure Dittli Valérie Mitte
Die Waadtländer Mitte-Staatsrätin Valérie Dittli (links) gratuliert ihrer Schwester Laura Dittli zur Wahl in den Zuger Regierungsrat, ebenfalls für «Die Mitte», am 2. Oktober 2022. - Keystone

Longchamp vertritt die Meinung, dass dafür wohl ein unkonventioneller Zug nötig wäre: Würde die Mitte mit der GLP eine Fraktionsgemeinschaft eingehen, hätte dieses neue «Zentrum» wohl Anspruch auf mehr als einen Bundesratssitz.

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