Das Bundesamt für Gesundheit hat diese Woche die Covid-Impfverträge publiziert, aber grösstenteils zensiert. Die Schweiz stellt damit keinen Sonderfall dar.
BAG Anne Lévy Coroanvirus
Anne Lévy ist seit Oktober 2020 Direktorin des Bundesamts für Gesundheit und an vorderster Front im Kampf gegen das Coronavirus. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die geschwärzten Impfverträge des Bundes haben für Aufregung gesorgt.
  • Die Zensur ist aber Standard, andere Staaten haben ihre Verträge editiert veröffentlicht.
  • In Deutschland und den USA wurden allerdings Klagen gegen die Schwärzung erhoben.

Der Bund hat diese Woche die Verträge mit Moderna, Pfizer, Novavax, Janssen und Astrazeneca zur Impfstoffbeschaffung publiziert. Endlich, hiess es von vielen Seiten. Doch ganz zufrieden mit der Transparenz der Behörde waren die Politiker nicht.

Alain Berset Aarau
Alain Berset im Medizinlabor des Kantonsspitals Aarau, 28. Januar 2022. - Keystone

Etliche Teile der Verträge sind geschwärzt. So zum Beispiel die Kosten der Beschaffung oder die Termine für Updates sowie die Haftungsklauseln. Der Bund argumentiert, zu viel Transparenz könne aktuellen und zukünftigen Verhandlungen schaden. Zudem sehen die Impfstoffproduzenten den Preis ihrer Produkte als Geschäftsgeheimnis an, was sie nicht preisgeben möchten.

EU angeklagt wegen Vertragszensur

Ein Blick in das Ausland zeigt, dass der Bund mit seiner Halb-Durchsichtigkeit bei der Impfstoffbeschaffung nicht alleine dasteht. Die EU-Kommission etwa, welche Impfstoffe für alle 27 Mitgliedsstaaten organisiert hatte, publizierte ihre Verträge letztes Jahr. Auch in diesen Verträgen sind heikle Passagen wie Kosten zensiert. Geschwärzt wurde auch der Abschnitt «Recall», der regelt, was im Falle eines Impfstoff-Rückrufs geschehen würde.

Moderna Impfung EU Vertrag
Im Vertrag mit Moderna hat die EU einen ganzen Abschnitt, inklusive Titel, zensiert.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.
Pfizer EU Vertrag Impfung
Der Preis, den die EU für ihren Impfstoff bezahlt hat, ist auch in den Veträgen mit Pfizer übermalt.

Daraufhin haben einige EU-Abgeordnete der Grünen beim Europäischen Gerichtshof eine Klage eingereicht. Die Klägerinnen und Kläger begründeten ihren Schritt wie folgt: «Käufe, die mit öffentlichen Geldern getätigt werden, sollten mit öffentlichen Informationen einhergehen, insbesondere in Gesundheitsfragen.» Die Kommission hingegen hielt fest, einige Teile hätten aufgrund von Verschwiegenheitspflichten eingeschwärzt werden müssen.

NGO haben US-Verträge publiziert

In den USA ist die Regierung ein wenig transparenter, was die «Operation Warp Speed», wie die Beschaffung genannt wurde, betrifft. Die Verträge werden zwar hier und da zensiert. Ungeschwärzt steht aber in einer Vorausvereinbarung der Regierung mit Astrazeneca beispielsweise, die USA seien verpflichtet, 413,2 Millionen Dollar zu zahlen. Mit dieser Summe könne Astrazeneca mit der Produktion beginnen, so die Vereinbarung.

Coronavirus Joe Biden
US-Präsident Joe Biden bei seiner vierten Impfung gegen das Coronavirus. - AFP

Für die Durchführung von klinischen Versuchen mit dem Impfstoff in der Phase drei erhielt Astrazeneca weit über eine Milliarde Dollar. Damit verpflichtete sich das Unternehmen aber auch, zeigen zu können, dass es 100 Millionen Dosen des Stoffes produzieren könne.

Würden Sie die Impfverträge gerne unzensiert sehen?

In den Verträgen mit Moderna steht der Stückpreis einer Ampulle mit je 100 Mikrogramm, also insgesamt zehn Dosen pro Stück. Dieser Preis variiert, manchmal beträgt er zwölf, manchmal 16,5 Dollar. Zensiert wird aber unter anderem der Profit, den Moderna während der Entwicklung eines Vakzins machen konnte.

Moderna Vertrag USA
Fast eine ganze Seite ist im Moderna-Vertrag zur Impfproduktion mit den USA zensiert.
Moderna Impfung Vertrag USA
Der Profit («Management Fee») wurde im Vertrag zur Herstellung einer Covid-Impfung mit Moderna zensiert.
Pfizer Impfung Vertrag USA
Im Vertrag mit Pfizer wird die Stückzahl der Vakzin-Ampullen geschwärzt.

Die US-Verträge wurden teilweise von NGO unter Berufung des «Freedom of Information Act» veröffentlicht. Ein Vertrag mit Moderna etwa wurde im Februar weniger zensiert veröffentlicht, weil «Knowledge Ecology International» Klage erhob. Die Transparenz variiert auch von Hersteller zu Hersteller: In den Pfizer-Verträgen beispielsweise ist die Stückzahl konsequent geschwärzt.

Israel publiziert umstrittenen Pfizer-Deal

Israel, das lange als Impfweltmeister galt, hat einen Vertrag im Januar 2021 veröffentlicht. Auch hier wurden heikle Passagen zensiert. So etwa ist der Abschnitt Entschädigungen, Schadenersatz und Haftung ein einziger, schwarzer Block.

Israel Booster Impfung Bennet
Der israelische Premierminister Naftali Bennet erhält seine dritte Impfdosis gegen das Coronavirus, 20. August 2021. - Keystone

Dieses Dokument betraf aber nicht die Impfstoffbeschaffung, sondern die Analyse und Beschaffung von Daten während der ersten Durchimpfung in Israel. Ziel dieser Daten sei es gewesen, mehr Wissen für künftige Empfehlungen zu sammeln. Von diesen Studien profitierte schlussendlich die ganze Welt.

Pfizer Israel Vertrag Impfdosen
Der sechste Abschnitt im Pfizer/Israel-Vertrag zur Lieferung von Impfdosen im Gegenzug von Daten ist komplett geschwärzt. - Screenshot

Dieser Deal zwischen Pfizer und den israelischen Behörden wurde aus datenschutzrechtlichen Gründen stark kritisiert. So konnte die Regierung aber in Rekordzeit die Bevölkerung impfen: Pfizer verpflichtete sich, immer genügend Dosen zu liefern, um eine Herdenimmunität aufzubauen.

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