Kritik am BAG: So transparent gehen EU & USA mit Impfverträgen um
Das Bundesamt für Gesundheit hat diese Woche die Covid-Impfverträge publiziert, aber grösstenteils zensiert. Die Schweiz stellt damit keinen Sonderfall dar.

Das Wichtigste in Kürze
- Die geschwärzten Impfverträge des Bundes haben für Aufregung gesorgt.
- Die Zensur ist aber Standard, andere Staaten haben ihre Verträge editiert veröffentlicht.
- In Deutschland und den USA wurden allerdings Klagen gegen die Schwärzung erhoben.
Der Bund hat diese Woche die Verträge mit Moderna, Pfizer, Novavax, Janssen und Astrazeneca zur Impfstoffbeschaffung publiziert. Endlich, hiess es von vielen Seiten. Doch ganz zufrieden mit der Transparenz der Behörde waren die Politiker nicht.

Etliche Teile der Verträge sind geschwärzt. So zum Beispiel die Kosten der Beschaffung oder die Termine für Updates sowie die Haftungsklauseln. Der Bund argumentiert, zu viel Transparenz könne aktuellen und zukünftigen Verhandlungen schaden. Zudem sehen die Impfstoffproduzenten den Preis ihrer Produkte als Geschäftsgeheimnis an, was sie nicht preisgeben möchten.
EU angeklagt wegen Vertragszensur
Ein Blick in das Ausland zeigt, dass der Bund mit seiner Halb-Durchsichtigkeit bei der Impfstoffbeschaffung nicht alleine dasteht. Die EU-Kommission etwa, welche Impfstoffe für alle 27 Mitgliedsstaaten organisiert hatte, publizierte ihre Verträge letztes Jahr. Auch in diesen Verträgen sind heikle Passagen wie Kosten zensiert. Geschwärzt wurde auch der Abschnitt «Recall», der regelt, was im Falle eines Impfstoff-Rückrufs geschehen würde.
Daraufhin haben einige EU-Abgeordnete der Grünen beim Europäischen Gerichtshof eine Klage eingereicht. Die Klägerinnen und Kläger begründeten ihren Schritt wie folgt: «Käufe, die mit öffentlichen Geldern getätigt werden, sollten mit öffentlichen Informationen einhergehen, insbesondere in Gesundheitsfragen.» Die Kommission hingegen hielt fest, einige Teile hätten aufgrund von Verschwiegenheitspflichten eingeschwärzt werden müssen.
NGO haben US-Verträge publiziert
In den USA ist die Regierung ein wenig transparenter, was die «Operation Warp Speed», wie die Beschaffung genannt wurde, betrifft. Die Verträge werden zwar hier und da zensiert. Ungeschwärzt steht aber in einer Vorausvereinbarung der Regierung mit Astrazeneca beispielsweise, die USA seien verpflichtet, 413,2 Millionen Dollar zu zahlen. Mit dieser Summe könne Astrazeneca mit der Produktion beginnen, so die Vereinbarung.

Für die Durchführung von klinischen Versuchen mit dem Impfstoff in der Phase drei erhielt Astrazeneca weit über eine Milliarde Dollar. Damit verpflichtete sich das Unternehmen aber auch, zeigen zu können, dass es 100 Millionen Dosen des Stoffes produzieren könne.
In den Verträgen mit Moderna steht der Stückpreis einer Ampulle mit je 100 Mikrogramm, also insgesamt zehn Dosen pro Stück. Dieser Preis variiert, manchmal beträgt er zwölf, manchmal 16,5 Dollar. Zensiert wird aber unter anderem der Profit, den Moderna während der Entwicklung eines Vakzins machen konnte.
Die US-Verträge wurden teilweise von NGO unter Berufung des «Freedom of Information Act» veröffentlicht. Ein Vertrag mit Moderna etwa wurde im Februar weniger zensiert veröffentlicht, weil «Knowledge Ecology International» Klage erhob. Die Transparenz variiert auch von Hersteller zu Hersteller: In den Pfizer-Verträgen beispielsweise ist die Stückzahl konsequent geschwärzt.
Israel publiziert umstrittenen Pfizer-Deal
Israel, das lange als Impfweltmeister galt, hat einen Vertrag im Januar 2021 veröffentlicht. Auch hier wurden heikle Passagen zensiert. So etwa ist der Abschnitt Entschädigungen, Schadenersatz und Haftung ein einziger, schwarzer Block.

Dieses Dokument betraf aber nicht die Impfstoffbeschaffung, sondern die Analyse und Beschaffung von Daten während der ersten Durchimpfung in Israel. Ziel dieser Daten sei es gewesen, mehr Wissen für künftige Empfehlungen zu sammeln. Von diesen Studien profitierte schlussendlich die ganze Welt.

Dieser Deal zwischen Pfizer und den israelischen Behörden wurde aus datenschutzrechtlichen Gründen stark kritisiert. So konnte die Regierung aber in Rekordzeit die Bevölkerung impfen: Pfizer verpflichtete sich, immer genügend Dosen zu liefern, um eine Herdenimmunität aufzubauen.